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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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wollen, daß die Lage desselben im Verhältniß zur ganzen Küstenlinie nicht
besonders geeignet sei. An sich erscheint es nämlich am passendsten, bei jeder
der beiden Küstenfronten, der Nordsee- wie der Ostseefront, den Kriegshafen
möglichst in der Mitte anzulegen, damit er auch von den Schiffen, welche
die beiden äußersten Flügel decken, in kürzester Zeit erreicht werden kann.

Betrachten wir nun in dieser Hinsicht das

Kriegstheater der Ostsee.

Wenn wir einmal wegen der großen Entfernung von der Mitte der
Küstenfront und auch aus anderen Gründen von Memel und von Pillau
mit Königsberg d. h. von den Mündungen des kurischen und des frischen
Haffs gänzlich absehn, die sich auf dem äußersten rechten Flügel unserer
Front befinden, und wenn wir ebenso die Apenrader Föhrde und des Hörup"
Haff auf Alsen mit dem Alsensund und der flensburger Föhrde, sowie die
Schlei (Schleswig) auf dem äußersten linken Flügel der Ostseefront außer
Betracht lassen, so haben wir in der letzteren nur sieben bedeutendere
Hafenplätze, deren Lage sich allenfalls für einen Kriegshafen eignen und hier
zur Wahl kommen könnte. Es sind dies Neufahrwasser (mit Danzig)
an der Mündung der Weichsel; Swinemünde (mit Stettin) an der mitt¬
leren, der Hauptmündung der Oder; Stralsund als Brückenkopf für Rügen,
das die Stelle einer weit aufspringenden Bastion vertritt und später even¬
tuell durch Anlage eines Kriegshafens oder einer Marinestation im Jas-
munder Bodden noch bedeutend an Wichtigkeit gewinnen' würde; sodann
Wismar mit seiner schönen Rhede, dem Wohlenberger Wiek hinter der Insel
Poet; die neustädter Bucht, in welcher eine Marinestation zugleich
Travemünde nebst Lübeck mit deckt, die kieler Föhrde mit Kiel und end¬
lich die Eckernföhrde.

Am meisten von allen sieben Plätzen in der Mitte der ganzen Ostsee¬
küste gelegen ist, nun, wie ein Blick auf die Karte zeigt, der Hafen von
Swinemünde; und somit wäre gerade dieser Punkt zur Anlage eines
Kriegshafens überaus geeignet, wenn ihm nicht unglücklicherweise die für
große Panzerschiffe nothwendige Wassertiefe und die für eine bedeutendere
Flotte nöthige Geräumigkeit des Fahrwassers gänzlich fehlte. Wäre statt
der gegenwärtigen nothdürftigen Tiefe für gedeckte Corvetten in der Swine
eine Tiefe von 36 Fuß in diesem und den beiden anderen Ausflüssen des
Haffs sowie im Haff selbst vorhanden, so böte Swinemünde einen Hafen von
seltener Vorzüglichkeit. Dann würde es nicht nöthig sein, die Kriegsschiffe
in der Swine selbst ankern zu lassen, wo sie selbst in geringer Zahl wie im
Frühjahr 1864 neben den Schiffen der Handelsmarine kaum genügenden
Platz fanden; dann würde vielmehr das Haff die Aufstellung der größten


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wollen, daß die Lage desselben im Verhältniß zur ganzen Küstenlinie nicht
besonders geeignet sei. An sich erscheint es nämlich am passendsten, bei jeder
der beiden Küstenfronten, der Nordsee- wie der Ostseefront, den Kriegshafen
möglichst in der Mitte anzulegen, damit er auch von den Schiffen, welche
die beiden äußersten Flügel decken, in kürzester Zeit erreicht werden kann.

Betrachten wir nun in dieser Hinsicht das

Kriegstheater der Ostsee.

Wenn wir einmal wegen der großen Entfernung von der Mitte der
Küstenfront und auch aus anderen Gründen von Memel und von Pillau
mit Königsberg d. h. von den Mündungen des kurischen und des frischen
Haffs gänzlich absehn, die sich auf dem äußersten rechten Flügel unserer
Front befinden, und wenn wir ebenso die Apenrader Föhrde und des Hörup«
Haff auf Alsen mit dem Alsensund und der flensburger Föhrde, sowie die
Schlei (Schleswig) auf dem äußersten linken Flügel der Ostseefront außer
Betracht lassen, so haben wir in der letzteren nur sieben bedeutendere
Hafenplätze, deren Lage sich allenfalls für einen Kriegshafen eignen und hier
zur Wahl kommen könnte. Es sind dies Neufahrwasser (mit Danzig)
an der Mündung der Weichsel; Swinemünde (mit Stettin) an der mitt¬
leren, der Hauptmündung der Oder; Stralsund als Brückenkopf für Rügen,
das die Stelle einer weit aufspringenden Bastion vertritt und später even¬
tuell durch Anlage eines Kriegshafens oder einer Marinestation im Jas-
munder Bodden noch bedeutend an Wichtigkeit gewinnen' würde; sodann
Wismar mit seiner schönen Rhede, dem Wohlenberger Wiek hinter der Insel
Poet; die neustädter Bucht, in welcher eine Marinestation zugleich
Travemünde nebst Lübeck mit deckt, die kieler Föhrde mit Kiel und end¬
lich die Eckernföhrde.

Am meisten von allen sieben Plätzen in der Mitte der ganzen Ostsee¬
küste gelegen ist, nun, wie ein Blick auf die Karte zeigt, der Hafen von
Swinemünde; und somit wäre gerade dieser Punkt zur Anlage eines
Kriegshafens überaus geeignet, wenn ihm nicht unglücklicherweise die für
große Panzerschiffe nothwendige Wassertiefe und die für eine bedeutendere
Flotte nöthige Geräumigkeit des Fahrwassers gänzlich fehlte. Wäre statt
der gegenwärtigen nothdürftigen Tiefe für gedeckte Corvetten in der Swine
eine Tiefe von 36 Fuß in diesem und den beiden anderen Ausflüssen des
Haffs sowie im Haff selbst vorhanden, so böte Swinemünde einen Hafen von
seltener Vorzüglichkeit. Dann würde es nicht nöthig sein, die Kriegsschiffe
in der Swine selbst ankern zu lassen, wo sie selbst in geringer Zahl wie im
Frühjahr 1864 neben den Schiffen der Handelsmarine kaum genügenden
Platz fanden; dann würde vielmehr das Haff die Aufstellung der größten


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[0327] wollen, daß die Lage desselben im Verhältniß zur ganzen Küstenlinie nicht besonders geeignet sei. An sich erscheint es nämlich am passendsten, bei jeder der beiden Küstenfronten, der Nordsee- wie der Ostseefront, den Kriegshafen möglichst in der Mitte anzulegen, damit er auch von den Schiffen, welche die beiden äußersten Flügel decken, in kürzester Zeit erreicht werden kann. Betrachten wir nun in dieser Hinsicht das Kriegstheater der Ostsee. Wenn wir einmal wegen der großen Entfernung von der Mitte der Küstenfront und auch aus anderen Gründen von Memel und von Pillau mit Königsberg d. h. von den Mündungen des kurischen und des frischen Haffs gänzlich absehn, die sich auf dem äußersten rechten Flügel unserer Front befinden, und wenn wir ebenso die Apenrader Föhrde und des Hörup« Haff auf Alsen mit dem Alsensund und der flensburger Föhrde, sowie die Schlei (Schleswig) auf dem äußersten linken Flügel der Ostseefront außer Betracht lassen, so haben wir in der letzteren nur sieben bedeutendere Hafenplätze, deren Lage sich allenfalls für einen Kriegshafen eignen und hier zur Wahl kommen könnte. Es sind dies Neufahrwasser (mit Danzig) an der Mündung der Weichsel; Swinemünde (mit Stettin) an der mitt¬ leren, der Hauptmündung der Oder; Stralsund als Brückenkopf für Rügen, das die Stelle einer weit aufspringenden Bastion vertritt und später even¬ tuell durch Anlage eines Kriegshafens oder einer Marinestation im Jas- munder Bodden noch bedeutend an Wichtigkeit gewinnen' würde; sodann Wismar mit seiner schönen Rhede, dem Wohlenberger Wiek hinter der Insel Poet; die neustädter Bucht, in welcher eine Marinestation zugleich Travemünde nebst Lübeck mit deckt, die kieler Föhrde mit Kiel und end¬ lich die Eckernföhrde. Am meisten von allen sieben Plätzen in der Mitte der ganzen Ostsee¬ küste gelegen ist, nun, wie ein Blick auf die Karte zeigt, der Hafen von Swinemünde; und somit wäre gerade dieser Punkt zur Anlage eines Kriegshafens überaus geeignet, wenn ihm nicht unglücklicherweise die für große Panzerschiffe nothwendige Wassertiefe und die für eine bedeutendere Flotte nöthige Geräumigkeit des Fahrwassers gänzlich fehlte. Wäre statt der gegenwärtigen nothdürftigen Tiefe für gedeckte Corvetten in der Swine eine Tiefe von 36 Fuß in diesem und den beiden anderen Ausflüssen des Haffs sowie im Haff selbst vorhanden, so böte Swinemünde einen Hafen von seltener Vorzüglichkeit. Dann würde es nicht nöthig sein, die Kriegsschiffe in der Swine selbst ankern zu lassen, wo sie selbst in geringer Zahl wie im Frühjahr 1864 neben den Schiffen der Handelsmarine kaum genügenden Platz fanden; dann würde vielmehr das Haff die Aufstellung der größten 41*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/327>, abgerufen am 15.01.2025.