Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.und ein Amtsrichter R. in einen persönlichen Conflict. Ersterer gehört der Aus Schwaben. Die Thronrede, mit welcher gestern König Karl die neue Ständever- und ein Amtsrichter R. in einen persönlichen Conflict. Ersterer gehört der Aus Schwaben. Die Thronrede, mit welcher gestern König Karl die neue Ständever- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287776"/> <p xml:id="ID_1278" prev="#ID_1277"> und ein Amtsrichter R. in einen persönlichen Conflict. Ersterer gehört der<lb/> nationalen Partei an. Letzterer ist strammer Augustenburger; obwohl der<lb/> Letztere seinen Gegner schon vordem einmal die unter Männern in Ehren¬<lb/> sachen übliche Genugthuung verweigert hat, benutzt er taktvoll die Gelegen¬<lb/> heit jener Geldsammlung, um dem nationalen um früherer in der Landes¬<lb/> sache gesammelter Gelder willen den Verdacht der Unehrlichkeit und Untreue<lb/> zu insinuiren. Dieser verlangt sofortigen Widerruf der Beleidigung und<lb/> greift schließlich, als der Amtsrichter sich dazu nicht bereit findet, zu dem<lb/> letzten Schutzmittel gegen derartige Bubenstreiche, dem Stock. Der gemi߬<lb/> handelte Amtsrichter denuncirt bei der kecker Staatsanwaltschaft, wird aber<lb/> nach dem wohl bei allen Staatsanwälten für solche Fälle der einfachen<lb/> Realinjurie herkömmlichen Formular auf den Weg der ihm zustehenden<lb/> Privatklage verwiesen. Leider machen es nunmehr auch mehrere Advocaten<lb/> wie der kieler Staatsanwalt und wollen mit der Anklage gegen Gr. R. Nichts<lb/> zu thun haben; der Amtsrichter scheut sich aber, selbst seine Ehrensache vor<lb/> der Strafkammer zu plaidiren — und so hat er die Stockschläge noch heute<lb/> ungesühnt sitzen. Der Amtmann ist unangefochten. Landrath in einer guten<lb/> alten Stadt Schleswigs, der Amtsrichter dagegen von seiner vorgesetzten<lb/> Dienstbehörde wegen unwürdigen außeramtlichen Verhaltens disciplinarisch<lb/> belangt worden. Und obwohl die Staatsanwaltschaft weder über Landräthe,<lb/> noch über Amtsrichter irgend eine Disciplinar- oder sonstige Gewalt aus¬<lb/> zuüben hat, macht Herr Hänel zu Gunsten seines Parteigenossen in seiner<lb/> Diatribe gegen die Staatsanwälte von jenem Histörchen doch die brauchbare<lb/> Nutzanwendung, daß Jedermann daraus ersieht, wie in Schleswig-Holstein<lb/> vermöge der Herrschaft der Staatsanwaltschaft richterliche Beamte von<lb/> höheren Verwaltungsbeamten ungestraft gemißhandelt, jene obenein dis-<lb/> ciplinirt, diese befördert werden!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aus Schwaben.</head><lb/> <p xml:id="ID_1279" next="#ID_1280"> Die Thronrede, mit welcher gestern König Karl die neue Ständever-<lb/> sammlung eröffnet hat. befleißigt sich der sachlichen Kürze, welche die Feder<lb/> des Hrn. v. Geßler vortheilhaft auszeichnet. Geschäftlich und bescheiden ver¬<lb/> meidet sie diesmal Anspielungen, wie die auf das „vierhundertjährige Verfassungs¬<lb/> leben", in welchen sich noch die letzte Thronrede vom 20. Febr. d. I. gefallen<lb/> hatte. Auch die wehmüthige Sympathie für ..das schöne Reich, das bis dahin<lb/> seine Geschicke mit uns getheilt und nun von uns geschieden" hat keine Wie-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
und ein Amtsrichter R. in einen persönlichen Conflict. Ersterer gehört der
nationalen Partei an. Letzterer ist strammer Augustenburger; obwohl der
Letztere seinen Gegner schon vordem einmal die unter Männern in Ehren¬
sachen übliche Genugthuung verweigert hat, benutzt er taktvoll die Gelegen¬
heit jener Geldsammlung, um dem nationalen um früherer in der Landes¬
sache gesammelter Gelder willen den Verdacht der Unehrlichkeit und Untreue
zu insinuiren. Dieser verlangt sofortigen Widerruf der Beleidigung und
greift schließlich, als der Amtsrichter sich dazu nicht bereit findet, zu dem
letzten Schutzmittel gegen derartige Bubenstreiche, dem Stock. Der gemi߬
handelte Amtsrichter denuncirt bei der kecker Staatsanwaltschaft, wird aber
nach dem wohl bei allen Staatsanwälten für solche Fälle der einfachen
Realinjurie herkömmlichen Formular auf den Weg der ihm zustehenden
Privatklage verwiesen. Leider machen es nunmehr auch mehrere Advocaten
wie der kieler Staatsanwalt und wollen mit der Anklage gegen Gr. R. Nichts
zu thun haben; der Amtsrichter scheut sich aber, selbst seine Ehrensache vor
der Strafkammer zu plaidiren — und so hat er die Stockschläge noch heute
ungesühnt sitzen. Der Amtmann ist unangefochten. Landrath in einer guten
alten Stadt Schleswigs, der Amtsrichter dagegen von seiner vorgesetzten
Dienstbehörde wegen unwürdigen außeramtlichen Verhaltens disciplinarisch
belangt worden. Und obwohl die Staatsanwaltschaft weder über Landräthe,
noch über Amtsrichter irgend eine Disciplinar- oder sonstige Gewalt aus¬
zuüben hat, macht Herr Hänel zu Gunsten seines Parteigenossen in seiner
Diatribe gegen die Staatsanwälte von jenem Histörchen doch die brauchbare
Nutzanwendung, daß Jedermann daraus ersieht, wie in Schleswig-Holstein
vermöge der Herrschaft der Staatsanwaltschaft richterliche Beamte von
höheren Verwaltungsbeamten ungestraft gemißhandelt, jene obenein dis-
ciplinirt, diese befördert werden!
Aus Schwaben.
Die Thronrede, mit welcher gestern König Karl die neue Ständever-
sammlung eröffnet hat. befleißigt sich der sachlichen Kürze, welche die Feder
des Hrn. v. Geßler vortheilhaft auszeichnet. Geschäftlich und bescheiden ver¬
meidet sie diesmal Anspielungen, wie die auf das „vierhundertjährige Verfassungs¬
leben", in welchen sich noch die letzte Thronrede vom 20. Febr. d. I. gefallen
hatte. Auch die wehmüthige Sympathie für ..das schöne Reich, das bis dahin
seine Geschicke mit uns getheilt und nun von uns geschieden" hat keine Wie-
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