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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Die Wirtschaftliche Lage Nordamerikas.

"Der in Nummer 28 Ihrer Zeitschrift erschienene Artikel über die
"Wirthschaftlichen Zustände Nordamerikas" veranlaßt mich zu einigen Zeilen
der Berichtigung, die für Ihre industriellen Leser nicht ohne Interesse sein
dürften. Ich bemerke, daß ich seit beinahe zwanzig Jahren, als naturalisirter
Amerikaner, mit dem Import, Export und Rhedereigeschäft der Vereinigten
Staaten vertraut geworden und dem Fabrikwesen auch nicht ganz fremd bin.

Wenn wir statistische Angaben zusammenhalten mit den augenblicklichen
Zuständen eines Landes, um Schlußfolgerungen für die Zukunft daraus zu
ziehen, so müssen jene Zahlen möglichst genau bis zu der Zeit hinreichen,
in welche die ihnen correspondirenden Verhältnisse gehören, besonders bei
einem Lande wie die Vereinigten Staaten, in welchen ein Jahr hinsichtlich
industrieller und mercantilischer Entwickelung oft gleich fünfen auf der östlichen
Hemisphäre gilt. -- Deshalb halte ich es zur richtigen Beurtheilung unserer
Verhältnisse für unumgänglich nothwendig, daß die neuesten statistischen
Grundlagen, in diesem Falle die von 1867, mit herangezogen werden, sowie
auch die in den letzten sechs Monaten eingetretenen sehr wichtigen Verände¬
rungen in unserem inneren Steuersysteme.

Berücksichtigt man, daß das Fiscaljahr der Ver. Staaten vom 1. Juli
des einen Jahres bis zum 30. Juni des nächsten läuft, so wird man^die
Ab- und Zunahme des Imports in den Jahren von 1859--66, besonders
das kolossale Anschwellen im letzten Jahre, d. h. vom 1. Juli 1865 bis
30- Juni 1866, dem goldenen Jahre der Importeurs, sich leichter erklären
können. Zu irren glaube ich aber nicht, wenn ich annehme, daß in der in
Ihrer Zeitschrift gegebenen Tabelle die Ziffern für den Import um ein Be¬
trächtliches zu hoch angegeben waren; und doch ist selbst bei 367 Millionen
Dollars (statt 637 Millionen) der Import um die Hälfte größer als im vor¬
hergegangenen Jahre.

Das Jahr 1866--1867, dessen Resultate die Hauptbasis zu dem Anfang
December eingereichten Berichte des Schatzsecretärs gegeben haben, hat eine


Grenzboten III. 1868. 61
Die Wirtschaftliche Lage Nordamerikas.

„Der in Nummer 28 Ihrer Zeitschrift erschienene Artikel über die
»Wirthschaftlichen Zustände Nordamerikas" veranlaßt mich zu einigen Zeilen
der Berichtigung, die für Ihre industriellen Leser nicht ohne Interesse sein
dürften. Ich bemerke, daß ich seit beinahe zwanzig Jahren, als naturalisirter
Amerikaner, mit dem Import, Export und Rhedereigeschäft der Vereinigten
Staaten vertraut geworden und dem Fabrikwesen auch nicht ganz fremd bin.

Wenn wir statistische Angaben zusammenhalten mit den augenblicklichen
Zuständen eines Landes, um Schlußfolgerungen für die Zukunft daraus zu
ziehen, so müssen jene Zahlen möglichst genau bis zu der Zeit hinreichen,
in welche die ihnen correspondirenden Verhältnisse gehören, besonders bei
einem Lande wie die Vereinigten Staaten, in welchen ein Jahr hinsichtlich
industrieller und mercantilischer Entwickelung oft gleich fünfen auf der östlichen
Hemisphäre gilt. — Deshalb halte ich es zur richtigen Beurtheilung unserer
Verhältnisse für unumgänglich nothwendig, daß die neuesten statistischen
Grundlagen, in diesem Falle die von 1867, mit herangezogen werden, sowie
auch die in den letzten sechs Monaten eingetretenen sehr wichtigen Verände¬
rungen in unserem inneren Steuersysteme.

Berücksichtigt man, daß das Fiscaljahr der Ver. Staaten vom 1. Juli
des einen Jahres bis zum 30. Juni des nächsten läuft, so wird man^die
Ab- und Zunahme des Imports in den Jahren von 1859—66, besonders
das kolossale Anschwellen im letzten Jahre, d. h. vom 1. Juli 1865 bis
30- Juni 1866, dem goldenen Jahre der Importeurs, sich leichter erklären
können. Zu irren glaube ich aber nicht, wenn ich annehme, daß in der in
Ihrer Zeitschrift gegebenen Tabelle die Ziffern für den Import um ein Be¬
trächtliches zu hoch angegeben waren; und doch ist selbst bei 367 Millionen
Dollars (statt 637 Millionen) der Import um die Hälfte größer als im vor¬
hergegangenen Jahre.

Das Jahr 1866—1867, dessen Resultate die Hauptbasis zu dem Anfang
December eingereichten Berichte des Schatzsecretärs gegeben haben, hat eine


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[0515] Die Wirtschaftliche Lage Nordamerikas. „Der in Nummer 28 Ihrer Zeitschrift erschienene Artikel über die »Wirthschaftlichen Zustände Nordamerikas" veranlaßt mich zu einigen Zeilen der Berichtigung, die für Ihre industriellen Leser nicht ohne Interesse sein dürften. Ich bemerke, daß ich seit beinahe zwanzig Jahren, als naturalisirter Amerikaner, mit dem Import, Export und Rhedereigeschäft der Vereinigten Staaten vertraut geworden und dem Fabrikwesen auch nicht ganz fremd bin. Wenn wir statistische Angaben zusammenhalten mit den augenblicklichen Zuständen eines Landes, um Schlußfolgerungen für die Zukunft daraus zu ziehen, so müssen jene Zahlen möglichst genau bis zu der Zeit hinreichen, in welche die ihnen correspondirenden Verhältnisse gehören, besonders bei einem Lande wie die Vereinigten Staaten, in welchen ein Jahr hinsichtlich industrieller und mercantilischer Entwickelung oft gleich fünfen auf der östlichen Hemisphäre gilt. — Deshalb halte ich es zur richtigen Beurtheilung unserer Verhältnisse für unumgänglich nothwendig, daß die neuesten statistischen Grundlagen, in diesem Falle die von 1867, mit herangezogen werden, sowie auch die in den letzten sechs Monaten eingetretenen sehr wichtigen Verände¬ rungen in unserem inneren Steuersysteme. Berücksichtigt man, daß das Fiscaljahr der Ver. Staaten vom 1. Juli des einen Jahres bis zum 30. Juni des nächsten läuft, so wird man^die Ab- und Zunahme des Imports in den Jahren von 1859—66, besonders das kolossale Anschwellen im letzten Jahre, d. h. vom 1. Juli 1865 bis 30- Juni 1866, dem goldenen Jahre der Importeurs, sich leichter erklären können. Zu irren glaube ich aber nicht, wenn ich annehme, daß in der in Ihrer Zeitschrift gegebenen Tabelle die Ziffern für den Import um ein Be¬ trächtliches zu hoch angegeben waren; und doch ist selbst bei 367 Millionen Dollars (statt 637 Millionen) der Import um die Hälfte größer als im vor¬ hergegangenen Jahre. Das Jahr 1866—1867, dessen Resultate die Hauptbasis zu dem Anfang December eingereichten Berichte des Schatzsecretärs gegeben haben, hat eine Grenzboten III. 1868. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/515>, abgerufen am 28.06.2024.