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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Die Aussichten der scandinavischen Einheit.

Die Verlobung des einzigen Kindes König Karls des Fünfzehnten von
Schweden, der kaum 17jährigen Prinzessin Louise mit dem Kronprinzen
Friedrich von Dänemark, welche am 7. Juli zu Beckaskog in Schonen, König
Karls Landsitz, gefeiert worden ist, lenkt die Augen der Welt unvermeidlich
einmal wieder auf den Stand und die Aussichten der sogenannten scandina¬
vischen Idee. Seit geraumer Zeit war dieses Familienbündniß der Gegen¬
stand lebhafter Hoffnungen und Wünsche bei den Seandinavisten auf beiden
Seiten des Sundes. Im Anfang des laufenden Jahres scheinen die ersten
Unterhandlungen eröffnet worden zu sein, denn ungefähr um diese Zeit
hatten officiöse Blätter verfrühte Ankündigungen des Erfolgs abzuwehren.
Die Länge der Verhandlung weist schon darauf hin, und die Abwesenheit
des dänischen Königspaars bei der frohen Begebenheit bestätigt einigermaßen,
daß es nicht ganz glatt abging. Auch hat der schwedische Unterhändler, der
bisherige Gesandte in Kopenhagen, Graf Wachtmeister, keinen gemeinen Lohn
für seine Verdienste um den glücklichen Ausgang davon getragen: er ist an
Stelle des Grafen Manderström zum Minister der auswärtigen Angelegen¬
heiten für Schweden und Norwegen ernannt worden, wird also fortan einen
entscheidenden Einfluß aus die Politik des Nordens üben. ,

Die Schwierigkeiten, welche der dänische Hof erhoben haben mag, wer¬
den kaum aus der Sache selbst hervorgegangen sein. Es mußte ihm ja
schmeicheln, daß das mächtigere Nachbarhaus seinem Thronerben eine liebens¬
würdige und reich ausgestattete Hand anbot. Eines Monarchen einziges
Kind ist die "junge Erbin" der Romane in der höchsten Potenz. Aber eben
weil dieses Anerbieten so beneidenswerth war, wird der ehrgeizige schwedische
Hof. der einen ausgemachten Seandinavisten zum Vertreter wählte, sich nicht
begnügt haben, zwei junge Leute glücklich machen zu wollen. Bedingungen
politischer Art werden gestellt und schließlich erfüllt worden sein. Welcher
Art diese nun gewesen sein mögen, entzieht sich im Näheren und Einzelnen
natürlich der Berechnung. Ihr allgemeiner Inhalt aber dürfte leicht zu er.
rathen sein, wenn man sich erinnert, daß König Karl -dem dänischen Hose


Wrenzboten III. 18K8, 26
Die Aussichten der scandinavischen Einheit.

Die Verlobung des einzigen Kindes König Karls des Fünfzehnten von
Schweden, der kaum 17jährigen Prinzessin Louise mit dem Kronprinzen
Friedrich von Dänemark, welche am 7. Juli zu Beckaskog in Schonen, König
Karls Landsitz, gefeiert worden ist, lenkt die Augen der Welt unvermeidlich
einmal wieder auf den Stand und die Aussichten der sogenannten scandina¬
vischen Idee. Seit geraumer Zeit war dieses Familienbündniß der Gegen¬
stand lebhafter Hoffnungen und Wünsche bei den Seandinavisten auf beiden
Seiten des Sundes. Im Anfang des laufenden Jahres scheinen die ersten
Unterhandlungen eröffnet worden zu sein, denn ungefähr um diese Zeit
hatten officiöse Blätter verfrühte Ankündigungen des Erfolgs abzuwehren.
Die Länge der Verhandlung weist schon darauf hin, und die Abwesenheit
des dänischen Königspaars bei der frohen Begebenheit bestätigt einigermaßen,
daß es nicht ganz glatt abging. Auch hat der schwedische Unterhändler, der
bisherige Gesandte in Kopenhagen, Graf Wachtmeister, keinen gemeinen Lohn
für seine Verdienste um den glücklichen Ausgang davon getragen: er ist an
Stelle des Grafen Manderström zum Minister der auswärtigen Angelegen¬
heiten für Schweden und Norwegen ernannt worden, wird also fortan einen
entscheidenden Einfluß aus die Politik des Nordens üben. ,

Die Schwierigkeiten, welche der dänische Hof erhoben haben mag, wer¬
den kaum aus der Sache selbst hervorgegangen sein. Es mußte ihm ja
schmeicheln, daß das mächtigere Nachbarhaus seinem Thronerben eine liebens¬
würdige und reich ausgestattete Hand anbot. Eines Monarchen einziges
Kind ist die „junge Erbin" der Romane in der höchsten Potenz. Aber eben
weil dieses Anerbieten so beneidenswerth war, wird der ehrgeizige schwedische
Hof. der einen ausgemachten Seandinavisten zum Vertreter wählte, sich nicht
begnügt haben, zwei junge Leute glücklich machen zu wollen. Bedingungen
politischer Art werden gestellt und schließlich erfüllt worden sein. Welcher
Art diese nun gewesen sein mögen, entzieht sich im Näheren und Einzelnen
natürlich der Berechnung. Ihr allgemeiner Inhalt aber dürfte leicht zu er.
rathen sein, wenn man sich erinnert, daß König Karl -dem dänischen Hose


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[0221] Die Aussichten der scandinavischen Einheit. Die Verlobung des einzigen Kindes König Karls des Fünfzehnten von Schweden, der kaum 17jährigen Prinzessin Louise mit dem Kronprinzen Friedrich von Dänemark, welche am 7. Juli zu Beckaskog in Schonen, König Karls Landsitz, gefeiert worden ist, lenkt die Augen der Welt unvermeidlich einmal wieder auf den Stand und die Aussichten der sogenannten scandina¬ vischen Idee. Seit geraumer Zeit war dieses Familienbündniß der Gegen¬ stand lebhafter Hoffnungen und Wünsche bei den Seandinavisten auf beiden Seiten des Sundes. Im Anfang des laufenden Jahres scheinen die ersten Unterhandlungen eröffnet worden zu sein, denn ungefähr um diese Zeit hatten officiöse Blätter verfrühte Ankündigungen des Erfolgs abzuwehren. Die Länge der Verhandlung weist schon darauf hin, und die Abwesenheit des dänischen Königspaars bei der frohen Begebenheit bestätigt einigermaßen, daß es nicht ganz glatt abging. Auch hat der schwedische Unterhändler, der bisherige Gesandte in Kopenhagen, Graf Wachtmeister, keinen gemeinen Lohn für seine Verdienste um den glücklichen Ausgang davon getragen: er ist an Stelle des Grafen Manderström zum Minister der auswärtigen Angelegen¬ heiten für Schweden und Norwegen ernannt worden, wird also fortan einen entscheidenden Einfluß aus die Politik des Nordens üben. , Die Schwierigkeiten, welche der dänische Hof erhoben haben mag, wer¬ den kaum aus der Sache selbst hervorgegangen sein. Es mußte ihm ja schmeicheln, daß das mächtigere Nachbarhaus seinem Thronerben eine liebens¬ würdige und reich ausgestattete Hand anbot. Eines Monarchen einziges Kind ist die „junge Erbin" der Romane in der höchsten Potenz. Aber eben weil dieses Anerbieten so beneidenswerth war, wird der ehrgeizige schwedische Hof. der einen ausgemachten Seandinavisten zum Vertreter wählte, sich nicht begnügt haben, zwei junge Leute glücklich machen zu wollen. Bedingungen politischer Art werden gestellt und schließlich erfüllt worden sein. Welcher Art diese nun gewesen sein mögen, entzieht sich im Näheren und Einzelnen natürlich der Berechnung. Ihr allgemeiner Inhalt aber dürfte leicht zu er. rathen sein, wenn man sich erinnert, daß König Karl -dem dänischen Hose Wrenzboten III. 18K8, 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/221>, abgerufen am 28.06.2024.