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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Bismarck ein Interesse gewinne, und daß von seiner persönlichen Ausfassung der
Personen und Sachen allzuviel abhänge. Schreiende Uebelstände des Auswande¬
rungswesens z. B. veranlassen ihn zur Niedersetzung einer Commission, laute
Klagen über die Mängel unseres Beleuchtungswesens zur See mögen vielleicht
wieder die Vorschläge einer Commission und langwierige Verhandlungen mit
den Küstenstaaten hervorrufen; Vorschläge der preußischen Admiralität mögen
ihn in guter Stunde veranlassen, einmal Befehl zum Bau neuer Panzerschiffe
zu geben, wenn einmal andere Klagen über die abgeneigte Stimmung des
Offiziercorps in einem Bundesstaat ihm nahe treten sollten, würde er viel¬
leicht auf irgend eine acute Maßregel dagegen dringen, vielleicht auch nicht.
Aber diese improvifirende Art, die größten Interessen der Nation zu behan¬
deln, erweist sich schon jetzt nach einem Jahr als ungenügend. Sie trägt
wesentlich dazu bei, den Separatismus zu ermuthigen.

Graf Bismarck hat ein wohlerworbenes Recht, sich als Schöpfer und
Mittelpunkt des deutschen Neubaus zu betrachten. Es würde jedem Mann
in so einziger Stellung schwer werden, Gedanken und Vollen durch Kom¬
promisse mit gleichberechtigten Kollegen zu beschränken, und ihm sagt man
nach, daß es ihm besonders schwer werde, eine selbständige Kraft neben sich
zu ertragen.. Dennoch wird die starke Selbstüberwindung, welche ihm die Ein¬
richtung geordneter Bundesministerien kosten muß, die edelste Förderung
sein, welche er jetzt der großen Arbeit seines Lebens zu geben vermag. Daß
seine preußischen Minister-Collegen für diese Aufgabe sich nicht eignen, er¬
schwert die nöthige Neubildung; sie macht ihr Bedürfniß um so größer.

Daß dieser nächste Schritt für Stärkung des Bundes den meisten Bun¬
desregierungen unwillkommen wäre, ist zweifellos, denn erst durch ihn wür¬
den sie dem Bunde wirklich eingefügt und von den Illusionen befreit werden,
mit denen jetzt noch einzelne sich im geheimen ihre Zukunft färben. Auch in
Preußen würde die Einrichtung von Bundesministerien in das Gefüge der
Beamtenhierarchie verhängnißvoll eingreifen, und auch dort würde es an
Widerstand nicht fehlen.

Aber wenn der Bund seine Lebenskraft erweisen, wenn er sich gegen¬
über den Interessen der Einzelstaaten befestigen und vor Allem, wenn er der
Nation das stolze Gefühl eines kräftigen Fortschritts geben soll, ist eine ge¬
ordnete regelmäßige Verwaltung und eine Gliederung der höchsten Bundes¬
regierung in Ministerien mit verantwortlichen Ehefs unentbehrlich geworden,
und es ist, so scheint uns, jetzt die größte Aufgabe der nationalen Partei,
diese Consolidirung zu verlangen, und den Bundeskanzler dabei zu unter¬
? stützen.




Mit Ur. beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im März 1863.Die Verlagshandlung.




Verantwortliche Redacteure: Gustal, Freytag ". Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Hervig. -- Druck von Hüthel 6 Segler in Leipzig.

Bismarck ein Interesse gewinne, und daß von seiner persönlichen Ausfassung der
Personen und Sachen allzuviel abhänge. Schreiende Uebelstände des Auswande¬
rungswesens z. B. veranlassen ihn zur Niedersetzung einer Commission, laute
Klagen über die Mängel unseres Beleuchtungswesens zur See mögen vielleicht
wieder die Vorschläge einer Commission und langwierige Verhandlungen mit
den Küstenstaaten hervorrufen; Vorschläge der preußischen Admiralität mögen
ihn in guter Stunde veranlassen, einmal Befehl zum Bau neuer Panzerschiffe
zu geben, wenn einmal andere Klagen über die abgeneigte Stimmung des
Offiziercorps in einem Bundesstaat ihm nahe treten sollten, würde er viel¬
leicht auf irgend eine acute Maßregel dagegen dringen, vielleicht auch nicht.
Aber diese improvifirende Art, die größten Interessen der Nation zu behan¬
deln, erweist sich schon jetzt nach einem Jahr als ungenügend. Sie trägt
wesentlich dazu bei, den Separatismus zu ermuthigen.

Graf Bismarck hat ein wohlerworbenes Recht, sich als Schöpfer und
Mittelpunkt des deutschen Neubaus zu betrachten. Es würde jedem Mann
in so einziger Stellung schwer werden, Gedanken und Vollen durch Kom¬
promisse mit gleichberechtigten Kollegen zu beschränken, und ihm sagt man
nach, daß es ihm besonders schwer werde, eine selbständige Kraft neben sich
zu ertragen.. Dennoch wird die starke Selbstüberwindung, welche ihm die Ein¬
richtung geordneter Bundesministerien kosten muß, die edelste Förderung
sein, welche er jetzt der großen Arbeit seines Lebens zu geben vermag. Daß
seine preußischen Minister-Collegen für diese Aufgabe sich nicht eignen, er¬
schwert die nöthige Neubildung; sie macht ihr Bedürfniß um so größer.

Daß dieser nächste Schritt für Stärkung des Bundes den meisten Bun¬
desregierungen unwillkommen wäre, ist zweifellos, denn erst durch ihn wür¬
den sie dem Bunde wirklich eingefügt und von den Illusionen befreit werden,
mit denen jetzt noch einzelne sich im geheimen ihre Zukunft färben. Auch in
Preußen würde die Einrichtung von Bundesministerien in das Gefüge der
Beamtenhierarchie verhängnißvoll eingreifen, und auch dort würde es an
Widerstand nicht fehlen.

Aber wenn der Bund seine Lebenskraft erweisen, wenn er sich gegen¬
über den Interessen der Einzelstaaten befestigen und vor Allem, wenn er der
Nation das stolze Gefühl eines kräftigen Fortschritts geben soll, ist eine ge¬
ordnete regelmäßige Verwaltung und eine Gliederung der höchsten Bundes¬
regierung in Ministerien mit verantwortlichen Ehefs unentbehrlich geworden,
und es ist, so scheint uns, jetzt die größte Aufgabe der nationalen Partei,
diese Consolidirung zu verlangen, und den Bundeskanzler dabei zu unter¬
? stützen.




Mit Ur. beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im März 1863.Die Verlagshandlung.




Verantwortliche Redacteure: Gustal, Freytag ». Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel 6 Segler in Leipzig.
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[0490] Bismarck ein Interesse gewinne, und daß von seiner persönlichen Ausfassung der Personen und Sachen allzuviel abhänge. Schreiende Uebelstände des Auswande¬ rungswesens z. B. veranlassen ihn zur Niedersetzung einer Commission, laute Klagen über die Mängel unseres Beleuchtungswesens zur See mögen vielleicht wieder die Vorschläge einer Commission und langwierige Verhandlungen mit den Küstenstaaten hervorrufen; Vorschläge der preußischen Admiralität mögen ihn in guter Stunde veranlassen, einmal Befehl zum Bau neuer Panzerschiffe zu geben, wenn einmal andere Klagen über die abgeneigte Stimmung des Offiziercorps in einem Bundesstaat ihm nahe treten sollten, würde er viel¬ leicht auf irgend eine acute Maßregel dagegen dringen, vielleicht auch nicht. Aber diese improvifirende Art, die größten Interessen der Nation zu behan¬ deln, erweist sich schon jetzt nach einem Jahr als ungenügend. Sie trägt wesentlich dazu bei, den Separatismus zu ermuthigen. Graf Bismarck hat ein wohlerworbenes Recht, sich als Schöpfer und Mittelpunkt des deutschen Neubaus zu betrachten. Es würde jedem Mann in so einziger Stellung schwer werden, Gedanken und Vollen durch Kom¬ promisse mit gleichberechtigten Kollegen zu beschränken, und ihm sagt man nach, daß es ihm besonders schwer werde, eine selbständige Kraft neben sich zu ertragen.. Dennoch wird die starke Selbstüberwindung, welche ihm die Ein¬ richtung geordneter Bundesministerien kosten muß, die edelste Förderung sein, welche er jetzt der großen Arbeit seines Lebens zu geben vermag. Daß seine preußischen Minister-Collegen für diese Aufgabe sich nicht eignen, er¬ schwert die nöthige Neubildung; sie macht ihr Bedürfniß um so größer. Daß dieser nächste Schritt für Stärkung des Bundes den meisten Bun¬ desregierungen unwillkommen wäre, ist zweifellos, denn erst durch ihn wür¬ den sie dem Bunde wirklich eingefügt und von den Illusionen befreit werden, mit denen jetzt noch einzelne sich im geheimen ihre Zukunft färben. Auch in Preußen würde die Einrichtung von Bundesministerien in das Gefüge der Beamtenhierarchie verhängnißvoll eingreifen, und auch dort würde es an Widerstand nicht fehlen. Aber wenn der Bund seine Lebenskraft erweisen, wenn er sich gegen¬ über den Interessen der Einzelstaaten befestigen und vor Allem, wenn er der Nation das stolze Gefühl eines kräftigen Fortschritts geben soll, ist eine ge¬ ordnete regelmäßige Verwaltung und eine Gliederung der höchsten Bundes¬ regierung in Ministerien mit verantwortlichen Ehefs unentbehrlich geworden, und es ist, so scheint uns, jetzt die größte Aufgabe der nationalen Partei, diese Consolidirung zu verlangen, und den Bundeskanzler dabei zu unter¬ ? stützen. Mit Ur. beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal, welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬ ziehen ist. Leipzig, im März 1863.Die Verlagshandlung. Verantwortliche Redacteure: Gustal, Freytag ». Julius Eckardt. Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel 6 Segler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/490>, abgerufen am 29.06.2024.