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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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norddeutsche Kriegsmarine.
Die Panzerfregatte "Kronprinz".

Die Panzer-Fregatten der preußischen Marine sind für den Kampf
auf hoher See bestimmt und werden die Aufgabe haben, feindliche Flotten,
namentlich Blokadeflotten aus unseren Meeren zu vertreiben oder dieselben
in ihren eignen Gewässern und Häfen anzugreifen und zu vernichten. Da
zu diesem Zwecke die Schiffe im Stande sein müssen, größere Reisen zurück¬
zulegen und doch ihren Kohlenvorrath bis zur Zeit des Kampfes aufzusparen,
so haben sie sämmtlich eine umfängliche dreimastige Vollschifftakelage, mit
Raaen an allen drei Masten, oder wenigstens eine Barktakelage, mit Raaen
an den beiden vorderen Masten, wie fast alle Panzerfregatten der übrigen
Nationen. Und da ferner diese Fregatten auch für schlechtes Wetter einen
hervorragenden Grad von Seefähigkeit besitzen müssen, so sind sie sämmtlich
nach dem Breitseitensystem gebaut, das wegen der großen Höhe des Schiffs¬
körpers und somit des Oberdecks über Wasser -- Hochbordigkeit -- von allen
jetzt eristirenden Systemen") die größte Seefähigkeit besitzt. Denn wie bei
Besprechung des "Arminius" und des Coles'schen Systems bemerkt wurde,
die Höhe der Geschützmündungen über Wasser -- bei allen Schiffen aller Ma¬
riner etwa 5--9 Fuß, -- ist das normgebende Moment. Bei dem Thurm-,
dem Kuppel-, dem Kasematten-Schiff liegt das Oberdeck niedriger als die
Geschützmündung, bei dem Breitseitenschiff höher, dies kann also nicht so sehr
von Wellen überspült werden, und gewährt im Sturm, wenn man die
Stückpforten schließt, eine beträchtlich größere Sicherheit.

Ein Nachtheil des Breitseitcnsystems ist allerdings, daß es stets nur die
Hälfte seiner Geschütze nach einer Flanke gebrauchen kann, und daß auch diese
Geschütze aus den Pforten nur einen kleinen Winkel, also ein beschränktes
Feld mit ihrem Schusse beherrschen -- indessen ließe sich dem letzteren Uebel¬
stand größtentheils durch Need'sche Jndents abhelfen, eine Einrichtung, auf
die wir unten eingehen wollen. -- Als Breitseitenschiffe mit dreimastiger
Takelage bieten die Panzerfregatten, abgesehen von kleinen Eigenthümlich¬
keiten in Form des Bugs, des Heath, der Stückpforten u. s. w. dem Anblick
kaum einen Unterschied gegen Holzfregatten oder Sloops, nur haben sie keine
weiße Batterie, sondern sind ganz mit dem schwarzen Panzer bedeckt; ihrer



") Ein anderes System, das denselben Vorzug hat, aber erst vor kurzer Zeit veröffent¬
licht und bis jetzt noch nicht zur praktischen Anwendung gekommen ist, werde" wir später be¬
schreiben.
Grenzboten I. 1S68. 2
norddeutsche Kriegsmarine.
Die Panzerfregatte „Kronprinz".

Die Panzer-Fregatten der preußischen Marine sind für den Kampf
auf hoher See bestimmt und werden die Aufgabe haben, feindliche Flotten,
namentlich Blokadeflotten aus unseren Meeren zu vertreiben oder dieselben
in ihren eignen Gewässern und Häfen anzugreifen und zu vernichten. Da
zu diesem Zwecke die Schiffe im Stande sein müssen, größere Reisen zurück¬
zulegen und doch ihren Kohlenvorrath bis zur Zeit des Kampfes aufzusparen,
so haben sie sämmtlich eine umfängliche dreimastige Vollschifftakelage, mit
Raaen an allen drei Masten, oder wenigstens eine Barktakelage, mit Raaen
an den beiden vorderen Masten, wie fast alle Panzerfregatten der übrigen
Nationen. Und da ferner diese Fregatten auch für schlechtes Wetter einen
hervorragenden Grad von Seefähigkeit besitzen müssen, so sind sie sämmtlich
nach dem Breitseitensystem gebaut, das wegen der großen Höhe des Schiffs¬
körpers und somit des Oberdecks über Wasser — Hochbordigkeit — von allen
jetzt eristirenden Systemen") die größte Seefähigkeit besitzt. Denn wie bei
Besprechung des „Arminius" und des Coles'schen Systems bemerkt wurde,
die Höhe der Geschützmündungen über Wasser — bei allen Schiffen aller Ma¬
riner etwa 5—9 Fuß, — ist das normgebende Moment. Bei dem Thurm-,
dem Kuppel-, dem Kasematten-Schiff liegt das Oberdeck niedriger als die
Geschützmündung, bei dem Breitseitenschiff höher, dies kann also nicht so sehr
von Wellen überspült werden, und gewährt im Sturm, wenn man die
Stückpforten schließt, eine beträchtlich größere Sicherheit.

Ein Nachtheil des Breitseitcnsystems ist allerdings, daß es stets nur die
Hälfte seiner Geschütze nach einer Flanke gebrauchen kann, und daß auch diese
Geschütze aus den Pforten nur einen kleinen Winkel, also ein beschränktes
Feld mit ihrem Schusse beherrschen — indessen ließe sich dem letzteren Uebel¬
stand größtentheils durch Need'sche Jndents abhelfen, eine Einrichtung, auf
die wir unten eingehen wollen. — Als Breitseitenschiffe mit dreimastiger
Takelage bieten die Panzerfregatten, abgesehen von kleinen Eigenthümlich¬
keiten in Form des Bugs, des Heath, der Stückpforten u. s. w. dem Anblick
kaum einen Unterschied gegen Holzfregatten oder Sloops, nur haben sie keine
weiße Batterie, sondern sind ganz mit dem schwarzen Panzer bedeckt; ihrer



") Ein anderes System, das denselben Vorzug hat, aber erst vor kurzer Zeit veröffent¬
licht und bis jetzt noch nicht zur praktischen Anwendung gekommen ist, werde» wir später be¬
schreiben.
Grenzboten I. 1S68. 2
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/17>, abgerufen am 29.06.2024.