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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Die Bedeutung des lnxemvurger Handels für Deutschland.

Mit ungewöhnlicher Schnelligkeit hat die londoner Konferenz den schwe¬
benden Handel beseitigt, die Neutralität des Landes Luxemburg ist in den Schutz
der Großmächte gestellt, das Land bleibt dem König von Holland und behält
das Recht im Zollverein zu beharren. Preußen aber hat auf sein Besatzungs¬
recht verzichtet. Ueber die Schleifung der Festungswerke und die Frage, wer
die für dieselben durch Preußen und den Bund aufgewandten Summen be¬
zahlen soll, fehlen noch sichere Nachrichten, während dies geschrieben wird. Unter-
deß versuchen wir Verlust und Gewinn dieses Ausgangs gegen einander abzuwägen.

Preußen wird der Verpflichtung enthoben, im Frieden eine Besatzung von
6--10.000. im Kriege von 15--20.000 Mann in einer Festung einzuschließen,
welche nach dem alten System der Fortificatlvn fast für unüberwindlich galt,
seit Einführung der gezogenen Geschütze durch neue Werke halte verstärkt wer¬
den müssen; welche auf keiner der beiden Hauptstraßen liegt, die jetzt einer
großen Armee die Richtung nach Paris geben würden! welche aber sowohl bei
einem Einmarsch über Namur. als im Süden von Mainz dem angreifenden
Theil als Flankendeckung von Bedeutung wäre.

Wenn französische Blätter jetzt die Unübenvindlichkeit der Festung hervor¬
heben und ein gezwungenes Triumphlied darüber anstimmen, daß eine Zwing¬
burg Frankreichs gefallen sei, so wollen wir uns hüten, in entgegengesetzter
Richtung die mögliche Wichtigkeit der Festung, die wir aufzugeben genöthigt
sind, allzu gering anzuschlagen. Ihr fortificatorischer Werth war nicht mehr
der einer Festung ersten Ranges, er wäre im Falle eines Krieges für Frankreich
größer gewesen, als für Deutschland.

Das Land Luxemburg aber soll wie bisher durch Personalunion mit Hol¬
land verbunden, unter Garantie der londoner Vertragsmächte neutralisirt wer¬
den, d. h. die an dem londoner Vertrage teilnehmenden Mächte erklären sämmt¬
lich ihren Willen, die Neutralität des Gebietes zu respectiren, eventuell gegen


WltNjbottn II. 18S7. 36
Die Bedeutung des lnxemvurger Handels für Deutschland.

Mit ungewöhnlicher Schnelligkeit hat die londoner Konferenz den schwe¬
benden Handel beseitigt, die Neutralität des Landes Luxemburg ist in den Schutz
der Großmächte gestellt, das Land bleibt dem König von Holland und behält
das Recht im Zollverein zu beharren. Preußen aber hat auf sein Besatzungs¬
recht verzichtet. Ueber die Schleifung der Festungswerke und die Frage, wer
die für dieselben durch Preußen und den Bund aufgewandten Summen be¬
zahlen soll, fehlen noch sichere Nachrichten, während dies geschrieben wird. Unter-
deß versuchen wir Verlust und Gewinn dieses Ausgangs gegen einander abzuwägen.

Preußen wird der Verpflichtung enthoben, im Frieden eine Besatzung von
6—10.000. im Kriege von 15—20.000 Mann in einer Festung einzuschließen,
welche nach dem alten System der Fortificatlvn fast für unüberwindlich galt,
seit Einführung der gezogenen Geschütze durch neue Werke halte verstärkt wer¬
den müssen; welche auf keiner der beiden Hauptstraßen liegt, die jetzt einer
großen Armee die Richtung nach Paris geben würden! welche aber sowohl bei
einem Einmarsch über Namur. als im Süden von Mainz dem angreifenden
Theil als Flankendeckung von Bedeutung wäre.

Wenn französische Blätter jetzt die Unübenvindlichkeit der Festung hervor¬
heben und ein gezwungenes Triumphlied darüber anstimmen, daß eine Zwing¬
burg Frankreichs gefallen sei, so wollen wir uns hüten, in entgegengesetzter
Richtung die mögliche Wichtigkeit der Festung, die wir aufzugeben genöthigt
sind, allzu gering anzuschlagen. Ihr fortificatorischer Werth war nicht mehr
der einer Festung ersten Ranges, er wäre im Falle eines Krieges für Frankreich
größer gewesen, als für Deutschland.

Das Land Luxemburg aber soll wie bisher durch Personalunion mit Hol¬
land verbunden, unter Garantie der londoner Vertragsmächte neutralisirt wer¬
den, d. h. die an dem londoner Vertrage teilnehmenden Mächte erklären sämmt¬
lich ihren Willen, die Neutralität des Gebietes zu respectiren, eventuell gegen


WltNjbottn II. 18S7. 36
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[0285] Die Bedeutung des lnxemvurger Handels für Deutschland. Mit ungewöhnlicher Schnelligkeit hat die londoner Konferenz den schwe¬ benden Handel beseitigt, die Neutralität des Landes Luxemburg ist in den Schutz der Großmächte gestellt, das Land bleibt dem König von Holland und behält das Recht im Zollverein zu beharren. Preußen aber hat auf sein Besatzungs¬ recht verzichtet. Ueber die Schleifung der Festungswerke und die Frage, wer die für dieselben durch Preußen und den Bund aufgewandten Summen be¬ zahlen soll, fehlen noch sichere Nachrichten, während dies geschrieben wird. Unter- deß versuchen wir Verlust und Gewinn dieses Ausgangs gegen einander abzuwägen. Preußen wird der Verpflichtung enthoben, im Frieden eine Besatzung von 6—10.000. im Kriege von 15—20.000 Mann in einer Festung einzuschließen, welche nach dem alten System der Fortificatlvn fast für unüberwindlich galt, seit Einführung der gezogenen Geschütze durch neue Werke halte verstärkt wer¬ den müssen; welche auf keiner der beiden Hauptstraßen liegt, die jetzt einer großen Armee die Richtung nach Paris geben würden! welche aber sowohl bei einem Einmarsch über Namur. als im Süden von Mainz dem angreifenden Theil als Flankendeckung von Bedeutung wäre. Wenn französische Blätter jetzt die Unübenvindlichkeit der Festung hervor¬ heben und ein gezwungenes Triumphlied darüber anstimmen, daß eine Zwing¬ burg Frankreichs gefallen sei, so wollen wir uns hüten, in entgegengesetzter Richtung die mögliche Wichtigkeit der Festung, die wir aufzugeben genöthigt sind, allzu gering anzuschlagen. Ihr fortificatorischer Werth war nicht mehr der einer Festung ersten Ranges, er wäre im Falle eines Krieges für Frankreich größer gewesen, als für Deutschland. Das Land Luxemburg aber soll wie bisher durch Personalunion mit Hol¬ land verbunden, unter Garantie der londoner Vertragsmächte neutralisirt wer¬ den, d. h. die an dem londoner Vertrage teilnehmenden Mächte erklären sämmt¬ lich ihren Willen, die Neutralität des Gebietes zu respectiren, eventuell gegen WltNjbottn II. 18S7. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/285>, abgerufen am 22.07.2024.