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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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hange zu schildern, aber nach wenigen Sähen bricht er wieder ab. Aus diesem
Wenigen mögen wir etwa die Motive errathen, die ihm eine Fortsetzung seiner
Selbstbiographie verleideten. Nach drei glücklichen Loosen hatte der alt gewor¬
dene Mann, als er nochmals heirathete, eine böse Nummer gezogen. Zum
Jahre 1466 schreibt er das Folgende:

"Seit ich mein Weib, das ick, jetzo habe, genommen habe, das ist in der
Woche vor Jacobi 6 Jahre gewesen und ich war bei 64 Jahren alt, in der
Zeit hab ich mehr Unbiltes und Uebles erlebt als je zuvor in allen meinen
Tagen von Jugend auf bis zur obgenannten Zeit, besonders mit meinem zor¬
nigen, trotzigen Weib. Also laß ich das Weib leben und thun was sie will
und habe mich darein ergeben von meiner Kinder wegen."

So umwölkte das Greisenalter des vielgewanderten Mannes, statt daß
es ihm die süße Ruhe einer glücklichen Häuslichkeit geboten hätte, der trübe
Schatten des Mißmuths und Kummers. In der Vergangenheit mußte er den
Trost suchen, den ihm die Gegenwart versagte, und so schrieb er Erinnerungen
und Erlebnisse nieder. Bis 1468 reichen seine Aufzeichnungen, dann legte er
mit dem Spruche:


"Hie hat das duces am end,
das Gott alls zum pesten wend!"

die Feder nieder.

Im Jahre 1474 starb er, achtundsiebzigjährig.


Fr. v. Weech.


Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.

An der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger haben wir ein
recht augenfälliges Beispiel, daß der Krieg vom vorigen Sommer wirklich gute,
lebenskräftige Bestrebungen nur wenig gestört und aufgehalten hat. Sie wurde
bekanntlich im Mai 18KS zu Kiel gegründet. Im Januar 1866 trat in Ham¬
burg der Gesellschaftsausschuß zum ersten Mal zusammen, und musterte, als
Stand vom 1. Januar, 3.847 Mitglieder mit 4726 Thlr. 12^ Sgr. Jahres¬
beiträgen. Am 1. Januar 1867 dagegen zählte man nicht weniger als 12,692
Mitglieder, die der Gesellschaft 13,743 Thlr. 12 Sgr. laufenden Beitrag ent-


hange zu schildern, aber nach wenigen Sähen bricht er wieder ab. Aus diesem
Wenigen mögen wir etwa die Motive errathen, die ihm eine Fortsetzung seiner
Selbstbiographie verleideten. Nach drei glücklichen Loosen hatte der alt gewor¬
dene Mann, als er nochmals heirathete, eine böse Nummer gezogen. Zum
Jahre 1466 schreibt er das Folgende:

„Seit ich mein Weib, das ick, jetzo habe, genommen habe, das ist in der
Woche vor Jacobi 6 Jahre gewesen und ich war bei 64 Jahren alt, in der
Zeit hab ich mehr Unbiltes und Uebles erlebt als je zuvor in allen meinen
Tagen von Jugend auf bis zur obgenannten Zeit, besonders mit meinem zor¬
nigen, trotzigen Weib. Also laß ich das Weib leben und thun was sie will
und habe mich darein ergeben von meiner Kinder wegen."

So umwölkte das Greisenalter des vielgewanderten Mannes, statt daß
es ihm die süße Ruhe einer glücklichen Häuslichkeit geboten hätte, der trübe
Schatten des Mißmuths und Kummers. In der Vergangenheit mußte er den
Trost suchen, den ihm die Gegenwart versagte, und so schrieb er Erinnerungen
und Erlebnisse nieder. Bis 1468 reichen seine Aufzeichnungen, dann legte er
mit dem Spruche:


„Hie hat das duces am end,
das Gott alls zum pesten wend!"

die Feder nieder.

Im Jahre 1474 starb er, achtundsiebzigjährig.


Fr. v. Weech.


Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.

An der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger haben wir ein
recht augenfälliges Beispiel, daß der Krieg vom vorigen Sommer wirklich gute,
lebenskräftige Bestrebungen nur wenig gestört und aufgehalten hat. Sie wurde
bekanntlich im Mai 18KS zu Kiel gegründet. Im Januar 1866 trat in Ham¬
burg der Gesellschaftsausschuß zum ersten Mal zusammen, und musterte, als
Stand vom 1. Januar, 3.847 Mitglieder mit 4726 Thlr. 12^ Sgr. Jahres¬
beiträgen. Am 1. Januar 1867 dagegen zählte man nicht weniger als 12,692
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[0234] hange zu schildern, aber nach wenigen Sähen bricht er wieder ab. Aus diesem Wenigen mögen wir etwa die Motive errathen, die ihm eine Fortsetzung seiner Selbstbiographie verleideten. Nach drei glücklichen Loosen hatte der alt gewor¬ dene Mann, als er nochmals heirathete, eine böse Nummer gezogen. Zum Jahre 1466 schreibt er das Folgende: „Seit ich mein Weib, das ick, jetzo habe, genommen habe, das ist in der Woche vor Jacobi 6 Jahre gewesen und ich war bei 64 Jahren alt, in der Zeit hab ich mehr Unbiltes und Uebles erlebt als je zuvor in allen meinen Tagen von Jugend auf bis zur obgenannten Zeit, besonders mit meinem zor¬ nigen, trotzigen Weib. Also laß ich das Weib leben und thun was sie will und habe mich darein ergeben von meiner Kinder wegen." So umwölkte das Greisenalter des vielgewanderten Mannes, statt daß es ihm die süße Ruhe einer glücklichen Häuslichkeit geboten hätte, der trübe Schatten des Mißmuths und Kummers. In der Vergangenheit mußte er den Trost suchen, den ihm die Gegenwart versagte, und so schrieb er Erinnerungen und Erlebnisse nieder. Bis 1468 reichen seine Aufzeichnungen, dann legte er mit dem Spruche: „Hie hat das duces am end, das Gott alls zum pesten wend!" die Feder nieder. Im Jahre 1474 starb er, achtundsiebzigjährig. Fr. v. Weech. Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. An der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger haben wir ein recht augenfälliges Beispiel, daß der Krieg vom vorigen Sommer wirklich gute, lebenskräftige Bestrebungen nur wenig gestört und aufgehalten hat. Sie wurde bekanntlich im Mai 18KS zu Kiel gegründet. Im Januar 1866 trat in Ham¬ burg der Gesellschaftsausschuß zum ersten Mal zusammen, und musterte, als Stand vom 1. Januar, 3.847 Mitglieder mit 4726 Thlr. 12^ Sgr. Jahres¬ beiträgen. Am 1. Januar 1867 dagegen zählte man nicht weniger als 12,692 Mitglieder, die der Gesellschaft 13,743 Thlr. 12 Sgr. laufenden Beitrag ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/234>, abgerufen am 22.07.2024.