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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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sich Wieland, dem sie der Verleger ins Haus schickte, längst bekehrt, und bittet
das Unrecht ab, das er Ihnen angethan hat. Was wird Nicolai zu dem Mi߬
griff sagen, den Schulz nun selbst in dem Intelligenzblatt d. alg. Literatur-
Zeitung bekennt, Uebrigens kommt es gewiß noch zu stärkern Exvectorationen.
Die Schlegel wollen eine eigene Literatur-Zeitung auf ihre Faust unternehmen,
oder mit Meusel (!) Maskopei machen. Sie sind auch in Jena algemein ge¬
flohen. Auch Loder sagte, daß er nicht mehr mit ihnen umgehen könne. Er
kam aber von Göttingen und Hannover, wo man sie gar nicht einlassen will,
wenn sie einmal hinkamen. -- Kotzebue ist hier algemein geschätzt, speißt oft
am Hofe und der Herzog hat ihn öffentlich wegen seines Esels belobt, der nun
auch in Breslau mit schallendem Beifall aufgeführt worden ist. Man sollte in
Iffland dringen, daß er auch in Berlin gegeben werde. Man will ihn sogar
in Dresden aufführen. Iffland darf ja nun nicht mehr besorgen, daß er von
den Schlegeln, wie sonst sehr hämisch geschah, critisirt werde.

Mich freut des würdigen Fichte Wohlbefinden, und ich kann Ihnen sagen,
daß auch hier jedermann mit ihm ausgesöhnt ist. Hätte er sich nur nicht mit
Fr. Schlegel eingelassen. Dieß hat ihm bei unserm Herzog, der bei seiner An¬
wesenheit zur Herbst, cone allerlei Anecdoten darüber hörte, neuen Schaden ge¬
than. Indessen läßt ihm selbst der Herzog die Gerechtigkeit widerfahren, daß
er das Gute gewollt habe. Grüßen Sie Fichte, wenn Sie glauben, daß er mich
nicht verkennt.

Auf Ihre Reisegeschichte ist Wieland sehr begierig, und ich freue mich auch
darauf.

Sie müssen mir öfter schreiben, mir sagen, was Sie vorhaben, was Sie
traben und geißeln, und was Sie -- liebkosen. Ihre Briefe sind vor aller
übrigen Welt Heiligthümer. -- Fehler schreibt sehr freundschaftlich von Ihnen.

Als Wieland vor 3 Jahren Bonaparte zum Dictator von Frankreich machte,
lachte ihn jedermann aus. Nun soll mir aber noch jemand sagen, daß die
grüßen Dichter nicht große Propheten wären. Nun ist die höchste Krise der
Revolution. Verlauf ad summum. 200 Blutsauger erdrückt und ausgepreßt,
und Frankreich, ja Europa ist gerettet.


Schreiben Sie bald wieder. Unwandelbar treu
Ihr L.

Den 18. Nov. 1799.

Herders fragen oft und mit inniger Theilnahme nach Ihnen. Sie müssen
schon wieder zu uns kommen.

Geben Sie mir im nächsten Brief Ihre Adresse.


4.

Weimar. 23. Nov. 1799.

Ihre Mittheilung, mein theurer Freund, ist unverzüglich mit einem Brief
von mir beglei'et in den ehernen Mund der großen Rcichstrvmpcte gewandert.


sich Wieland, dem sie der Verleger ins Haus schickte, längst bekehrt, und bittet
das Unrecht ab, das er Ihnen angethan hat. Was wird Nicolai zu dem Mi߬
griff sagen, den Schulz nun selbst in dem Intelligenzblatt d. alg. Literatur-
Zeitung bekennt, Uebrigens kommt es gewiß noch zu stärkern Exvectorationen.
Die Schlegel wollen eine eigene Literatur-Zeitung auf ihre Faust unternehmen,
oder mit Meusel (!) Maskopei machen. Sie sind auch in Jena algemein ge¬
flohen. Auch Loder sagte, daß er nicht mehr mit ihnen umgehen könne. Er
kam aber von Göttingen und Hannover, wo man sie gar nicht einlassen will,
wenn sie einmal hinkamen. — Kotzebue ist hier algemein geschätzt, speißt oft
am Hofe und der Herzog hat ihn öffentlich wegen seines Esels belobt, der nun
auch in Breslau mit schallendem Beifall aufgeführt worden ist. Man sollte in
Iffland dringen, daß er auch in Berlin gegeben werde. Man will ihn sogar
in Dresden aufführen. Iffland darf ja nun nicht mehr besorgen, daß er von
den Schlegeln, wie sonst sehr hämisch geschah, critisirt werde.

Mich freut des würdigen Fichte Wohlbefinden, und ich kann Ihnen sagen,
daß auch hier jedermann mit ihm ausgesöhnt ist. Hätte er sich nur nicht mit
Fr. Schlegel eingelassen. Dieß hat ihm bei unserm Herzog, der bei seiner An¬
wesenheit zur Herbst, cone allerlei Anecdoten darüber hörte, neuen Schaden ge¬
than. Indessen läßt ihm selbst der Herzog die Gerechtigkeit widerfahren, daß
er das Gute gewollt habe. Grüßen Sie Fichte, wenn Sie glauben, daß er mich
nicht verkennt.

Auf Ihre Reisegeschichte ist Wieland sehr begierig, und ich freue mich auch
darauf.

Sie müssen mir öfter schreiben, mir sagen, was Sie vorhaben, was Sie
traben und geißeln, und was Sie — liebkosen. Ihre Briefe sind vor aller
übrigen Welt Heiligthümer. — Fehler schreibt sehr freundschaftlich von Ihnen.

Als Wieland vor 3 Jahren Bonaparte zum Dictator von Frankreich machte,
lachte ihn jedermann aus. Nun soll mir aber noch jemand sagen, daß die
grüßen Dichter nicht große Propheten wären. Nun ist die höchste Krise der
Revolution. Verlauf ad summum. 200 Blutsauger erdrückt und ausgepreßt,
und Frankreich, ja Europa ist gerettet.


Schreiben Sie bald wieder. Unwandelbar treu
Ihr L.

Den 18. Nov. 1799.

Herders fragen oft und mit inniger Theilnahme nach Ihnen. Sie müssen
schon wieder zu uns kommen.

Geben Sie mir im nächsten Brief Ihre Adresse.


4.

Weimar. 23. Nov. 1799.

Ihre Mittheilung, mein theurer Freund, ist unverzüglich mit einem Brief
von mir beglei'et in den ehernen Mund der großen Rcichstrvmpcte gewandert.


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[0441] sich Wieland, dem sie der Verleger ins Haus schickte, längst bekehrt, und bittet das Unrecht ab, das er Ihnen angethan hat. Was wird Nicolai zu dem Mi߬ griff sagen, den Schulz nun selbst in dem Intelligenzblatt d. alg. Literatur- Zeitung bekennt, Uebrigens kommt es gewiß noch zu stärkern Exvectorationen. Die Schlegel wollen eine eigene Literatur-Zeitung auf ihre Faust unternehmen, oder mit Meusel (!) Maskopei machen. Sie sind auch in Jena algemein ge¬ flohen. Auch Loder sagte, daß er nicht mehr mit ihnen umgehen könne. Er kam aber von Göttingen und Hannover, wo man sie gar nicht einlassen will, wenn sie einmal hinkamen. — Kotzebue ist hier algemein geschätzt, speißt oft am Hofe und der Herzog hat ihn öffentlich wegen seines Esels belobt, der nun auch in Breslau mit schallendem Beifall aufgeführt worden ist. Man sollte in Iffland dringen, daß er auch in Berlin gegeben werde. Man will ihn sogar in Dresden aufführen. Iffland darf ja nun nicht mehr besorgen, daß er von den Schlegeln, wie sonst sehr hämisch geschah, critisirt werde. Mich freut des würdigen Fichte Wohlbefinden, und ich kann Ihnen sagen, daß auch hier jedermann mit ihm ausgesöhnt ist. Hätte er sich nur nicht mit Fr. Schlegel eingelassen. Dieß hat ihm bei unserm Herzog, der bei seiner An¬ wesenheit zur Herbst, cone allerlei Anecdoten darüber hörte, neuen Schaden ge¬ than. Indessen läßt ihm selbst der Herzog die Gerechtigkeit widerfahren, daß er das Gute gewollt habe. Grüßen Sie Fichte, wenn Sie glauben, daß er mich nicht verkennt. Auf Ihre Reisegeschichte ist Wieland sehr begierig, und ich freue mich auch darauf. Sie müssen mir öfter schreiben, mir sagen, was Sie vorhaben, was Sie traben und geißeln, und was Sie — liebkosen. Ihre Briefe sind vor aller übrigen Welt Heiligthümer. — Fehler schreibt sehr freundschaftlich von Ihnen. Als Wieland vor 3 Jahren Bonaparte zum Dictator von Frankreich machte, lachte ihn jedermann aus. Nun soll mir aber noch jemand sagen, daß die grüßen Dichter nicht große Propheten wären. Nun ist die höchste Krise der Revolution. Verlauf ad summum. 200 Blutsauger erdrückt und ausgepreßt, und Frankreich, ja Europa ist gerettet. Schreiben Sie bald wieder. Unwandelbar treu Ihr L. Den 18. Nov. 1799. Herders fragen oft und mit inniger Theilnahme nach Ihnen. Sie müssen schon wieder zu uns kommen. Geben Sie mir im nächsten Brief Ihre Adresse. 4. Weimar. 23. Nov. 1799. Ihre Mittheilung, mein theurer Freund, ist unverzüglich mit einem Brief von mir beglei'et in den ehernen Mund der großen Rcichstrvmpcte gewandert.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/441>, abgerufen am 15.01.2025.