Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.ziehen. Nach langem Hin- und Herverhandeln einigten sich die fünf Mächte Mit großer Ausführlichkeit behandelt Guizot die vielbesprochene Angelegen¬ 2. Innere Politik. Guizot leitet den vorliegenden Band seines Werks mit einer Entwicklung ziehen. Nach langem Hin- und Herverhandeln einigten sich die fünf Mächte Mit großer Ausführlichkeit behandelt Guizot die vielbesprochene Angelegen¬ 2. Innere Politik. Guizot leitet den vorliegenden Band seines Werks mit einer Entwicklung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0305" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191535"/> <p xml:id="ID_882" prev="#ID_881"> ziehen. Nach langem Hin- und Herverhandeln einigten sich die fünf Mächte<lb/> endlich über eine durch Palmerstons Bemühungen sehr abgeschwächte identische<lb/> Note, die aber erst nach der Entscheidung in Bern anlangte. Der englische Ge¬<lb/> sandte Peel hatte in Palmerstons Auftrag unter der Hand den General Dufour<lb/> zum raschen Vorgehen gegen den Conderbund ermuntert. Der schnelle Aus¬<lb/> gang des Kampfes zerstörte alle Berechnungen der Diplomatie: die Niederlage<lb/> der französischen Politik, die in dieser Frage die Leitung übernommen hatte,<lb/> war vollständig. Guizot gesteht offen seinen Fehler ein, der hauptsächlich da¬<lb/> durch hervorgerufen war, daß er durch die Berichte des französischen Gesandten<lb/> Boislecomte verleitet, die Widerstandskraft deS Sonderbundes zu hoch ange¬<lb/> schlagen, die Macht der Bundesregierung unterschätzt hatte. Wie konnte Guizot<lb/> die Ausführung einer Politik, die unbedingt erfolglos bleiben mußte, wenn es<lb/> nicht gelang, das Vertrauen des Bundesraths zu gewinnen, einem Gesandten<lb/> anvertrauen, der ein erklärter Anhänger des Sonderbundes war, den seine ka¬<lb/> tholischen Sympathien hinderten, sich streng innerhalb der Grenzen seiner In¬<lb/> struktionen zu halten, und der zu einer Beurtheilung der Sachlage völlig un¬<lb/> fähig war?</p><lb/> <p xml:id="ID_883"> Mit großer Ausführlichkeit behandelt Guizot die vielbesprochene Angelegen¬<lb/> heit der spanischen Heirathen. Der Erfolg Ludwig Philipps war groß: aber<lb/> es war sein letzter Erfolg, ein unfruchtbarer Triumph. Wenige Monate nachdem<lb/> er die Infantin als Herzogin von Montpensier in den Tuilerien empfangen<lb/> hatte, waren die Hoffnungen und Entwürfe des Hauses Orleans unter den<lb/> Trümmern des Julithrones begraben, war der König ein Flüchtling.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 2.<lb/> Innere Politik.</head><lb/> <p xml:id="ID_884" next="#ID_885"> Guizot leitet den vorliegenden Band seines Werks mit einer Entwicklung<lb/> seiner Ansichten über das parlamentarische Regime ein. Die politische Freiheit,<lb/> oder, wie er sich mit einer bezeichnenden Wendung gern ausdrückt, die freie Re-<lb/> gierungsform (1s Fouvernemeut libre), ist das Ziel und Bedürfniß der moder¬<lb/> nen Staatsgesellschaften. Das wesentliche Merkmal einer freien Staatsform ist<lb/> aber die Verantwortlichkeit der Regierungsgewalt, oder was auf dasselbe hinaus¬<lb/> lauft, die wirksame Controle aller Regierungsacte durch das Volk. Jede Staats¬<lb/> form, die die Verantwortlichkeit der Behörden sichert und ihre Acte einer ver¬<lb/> fassungsmäßigen Controle unterwirft, bietet eine Gewähr für die politische Frei¬<lb/> heit. Unter den Staatsformen, welche diesen Zweck erfüllen, betrachtet Guizot<lb/> als die den Verhältnissen der europäischen Gesellschaft am meisten entsprechende<lb/> die Parlamentarische Regierung, wie sie in der constitutionellen Monarchie ver¬<lb/> wirklicht ist. Die Grundbedingung für das Gedeihen des constitutionellen<lb/> Systems ist ihm aber die Bildung starker Parteien. Denn eine freie Regierung</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0305]
ziehen. Nach langem Hin- und Herverhandeln einigten sich die fünf Mächte
endlich über eine durch Palmerstons Bemühungen sehr abgeschwächte identische
Note, die aber erst nach der Entscheidung in Bern anlangte. Der englische Ge¬
sandte Peel hatte in Palmerstons Auftrag unter der Hand den General Dufour
zum raschen Vorgehen gegen den Conderbund ermuntert. Der schnelle Aus¬
gang des Kampfes zerstörte alle Berechnungen der Diplomatie: die Niederlage
der französischen Politik, die in dieser Frage die Leitung übernommen hatte,
war vollständig. Guizot gesteht offen seinen Fehler ein, der hauptsächlich da¬
durch hervorgerufen war, daß er durch die Berichte des französischen Gesandten
Boislecomte verleitet, die Widerstandskraft deS Sonderbundes zu hoch ange¬
schlagen, die Macht der Bundesregierung unterschätzt hatte. Wie konnte Guizot
die Ausführung einer Politik, die unbedingt erfolglos bleiben mußte, wenn es
nicht gelang, das Vertrauen des Bundesraths zu gewinnen, einem Gesandten
anvertrauen, der ein erklärter Anhänger des Sonderbundes war, den seine ka¬
tholischen Sympathien hinderten, sich streng innerhalb der Grenzen seiner In¬
struktionen zu halten, und der zu einer Beurtheilung der Sachlage völlig un¬
fähig war?
Mit großer Ausführlichkeit behandelt Guizot die vielbesprochene Angelegen¬
heit der spanischen Heirathen. Der Erfolg Ludwig Philipps war groß: aber
es war sein letzter Erfolg, ein unfruchtbarer Triumph. Wenige Monate nachdem
er die Infantin als Herzogin von Montpensier in den Tuilerien empfangen
hatte, waren die Hoffnungen und Entwürfe des Hauses Orleans unter den
Trümmern des Julithrones begraben, war der König ein Flüchtling.
2.
Innere Politik.
Guizot leitet den vorliegenden Band seines Werks mit einer Entwicklung
seiner Ansichten über das parlamentarische Regime ein. Die politische Freiheit,
oder, wie er sich mit einer bezeichnenden Wendung gern ausdrückt, die freie Re-
gierungsform (1s Fouvernemeut libre), ist das Ziel und Bedürfniß der moder¬
nen Staatsgesellschaften. Das wesentliche Merkmal einer freien Staatsform ist
aber die Verantwortlichkeit der Regierungsgewalt, oder was auf dasselbe hinaus¬
lauft, die wirksame Controle aller Regierungsacte durch das Volk. Jede Staats¬
form, die die Verantwortlichkeit der Behörden sichert und ihre Acte einer ver¬
fassungsmäßigen Controle unterwirft, bietet eine Gewähr für die politische Frei¬
heit. Unter den Staatsformen, welche diesen Zweck erfüllen, betrachtet Guizot
als die den Verhältnissen der europäischen Gesellschaft am meisten entsprechende
die Parlamentarische Regierung, wie sie in der constitutionellen Monarchie ver¬
wirklicht ist. Die Grundbedingung für das Gedeihen des constitutionellen
Systems ist ihm aber die Bildung starker Parteien. Denn eine freie Regierung
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |