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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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Die deutschen Svielviider vor und nach dem Krieg von 1866.

Spielbanken bestehen gegenwärtig noch an folgenden Orten Deutschlands:
1. Baden-Baden, 2. Doberan, 3. Eins, 4. Hofgeismar, 6. Homburg, 6. Nenn"
dorf. 7. Nauheim. 8. Pyrmont, 9. Travemünde, 10. Wildungen, 11. Wiesbaden,
12. Wilhelmsbad.

Außerdem finden wir in Europa solche Staatsanstalten nur noch in Helgo¬
land, wo sie die englische Regierung mindestens duldet, und in dem Halbsouve¬
ränen italienischen Zwergstaat Monaco, wo sie der Fürst unterhält. Die Spiel¬
hölle in Genf, welche so oft abgelciugnet wurde und dennoch bestand, hat wohl
seit dem Sturze James Fazys aufgehört.

Vor dem Krieg von 1866 vertheilten sich die Spielbanken auf die einzelnen
deutschen Länder wie folgt:

1. Großherzogthum Baden.

Die Spielbank in Baden-Baden. Dem Pächter, einem Franzosen Namens
Benezet. ist der Pachtvertrag gekündigt, und zwar schon seit 1863 oder 1864.
Die Regierung wird das Spiel binnen einer Frist von wenigen Jahren seinem
Ende entgegenführen.


2. Landgrafschaft Hessen-Homburg.

Das Spiel in Homburg vor der Höhe. Pächter ist ein Franzose Namens
Blanc. Als diese Landgrafschaft im Frühjahr 1866 an den Großherzog von
Hessen-Darmstadt siel, schien das Spiel bedroht. Denn in diesem Großherzog,
thun sind durch die Gesetze vom 21. März 1843 und vom 30. October 185S
die Hazardspiele mit schwerer Strafe bedroht, sowohl für den Bankhalter als
auch für die Spieler; und es konnte doch nicht in demselben Lande eine Hand¬
lung an dem einen Orte erlaubt und sogar begünstigt und privilegirt sein,
welche an allen andern Orten ungiltig und mit schwerer Strafe bedroht ist.
Allein der vielgewandte Staatsminister Freiherr Reinhard v. Dalwigk, der
intime Freund des frommen Bischofs Wilhelm Emanuel v. Ketteler in Mainz,
wußte Rath. Die Landgrafschaft Hessen-Homburg wurde nicht dem Hessen-
darmstädtischen Reiche einverleibt -- letzteres wäre dadurch auch offenbar zu
groß geworden --, sondern nur für den Großherzog acquirirt und mit dessen
übrigen Landen diesseits und jenseits des Main- und des Rheinstroms, nach
lauenburgischem Muster, durch das Band der Personalunion vereinigt, so daß
in Homburg das Gegentheil Rechtens sein konnte, als in Darmstadt. Durch


Die deutschen Svielviider vor und nach dem Krieg von 1866.

Spielbanken bestehen gegenwärtig noch an folgenden Orten Deutschlands:
1. Baden-Baden, 2. Doberan, 3. Eins, 4. Hofgeismar, 6. Homburg, 6. Nenn»
dorf. 7. Nauheim. 8. Pyrmont, 9. Travemünde, 10. Wildungen, 11. Wiesbaden,
12. Wilhelmsbad.

Außerdem finden wir in Europa solche Staatsanstalten nur noch in Helgo¬
land, wo sie die englische Regierung mindestens duldet, und in dem Halbsouve¬
ränen italienischen Zwergstaat Monaco, wo sie der Fürst unterhält. Die Spiel¬
hölle in Genf, welche so oft abgelciugnet wurde und dennoch bestand, hat wohl
seit dem Sturze James Fazys aufgehört.

Vor dem Krieg von 1866 vertheilten sich die Spielbanken auf die einzelnen
deutschen Länder wie folgt:

1. Großherzogthum Baden.

Die Spielbank in Baden-Baden. Dem Pächter, einem Franzosen Namens
Benezet. ist der Pachtvertrag gekündigt, und zwar schon seit 1863 oder 1864.
Die Regierung wird das Spiel binnen einer Frist von wenigen Jahren seinem
Ende entgegenführen.


2. Landgrafschaft Hessen-Homburg.

Das Spiel in Homburg vor der Höhe. Pächter ist ein Franzose Namens
Blanc. Als diese Landgrafschaft im Frühjahr 1866 an den Großherzog von
Hessen-Darmstadt siel, schien das Spiel bedroht. Denn in diesem Großherzog,
thun sind durch die Gesetze vom 21. März 1843 und vom 30. October 185S
die Hazardspiele mit schwerer Strafe bedroht, sowohl für den Bankhalter als
auch für die Spieler; und es konnte doch nicht in demselben Lande eine Hand¬
lung an dem einen Orte erlaubt und sogar begünstigt und privilegirt sein,
welche an allen andern Orten ungiltig und mit schwerer Strafe bedroht ist.
Allein der vielgewandte Staatsminister Freiherr Reinhard v. Dalwigk, der
intime Freund des frommen Bischofs Wilhelm Emanuel v. Ketteler in Mainz,
wußte Rath. Die Landgrafschaft Hessen-Homburg wurde nicht dem Hessen-
darmstädtischen Reiche einverleibt — letzteres wäre dadurch auch offenbar zu
groß geworden —, sondern nur für den Großherzog acquirirt und mit dessen
übrigen Landen diesseits und jenseits des Main- und des Rheinstroms, nach
lauenburgischem Muster, durch das Band der Personalunion vereinigt, so daß
in Homburg das Gegentheil Rechtens sein konnte, als in Darmstadt. Durch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/33>, abgerufen am 27.06.2024.