Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.Ist der norddeutsche Bund einmal constituirt und gesichert, so wird es Zeit Die finanzielle Einverleibung Hannovers. Die "Betrachtungen über die Staatseinnahmen und Ausgaben in Preußen Ist der norddeutsche Bund einmal constituirt und gesichert, so wird es Zeit Die finanzielle Einverleibung Hannovers. Die „Betrachtungen über die Staatseinnahmen und Ausgaben in Preußen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0495" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286643"/> <p xml:id="ID_1464"> Ist der norddeutsche Bund einmal constituirt und gesichert, so wird es Zeit<lb/> sein, sich wenigstens der „nationalen Verbindungen" zu erinnern, aus welche<lb/> s<note type="byline"> 7.</note> elbst der Vertrag von Nikolsburg ein Anrecht giebt. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die finanzielle Einverleibung Hannovers.</head><lb/> <p xml:id="ID_1465"> Die „Betrachtungen über die Staatseinnahmen und Ausgaben in Preußen<lb/> und Hannover und über einen für Hannover zu bildenden Provinzialfonds",<lb/> welche der vormalige Finanzminister Erxleben unlängst hat erscheinen lassen,<lb/> nähern sich der Objektivität etwas mehr als Stüves leidenschaftliche und sophi¬<lb/> stische Parteischrist, aber lange nicht in demselben Maße wie die vortreffliche<lb/> Schristj Benings. Ihr Verfasser hat den Kummer über den Untergang des<lb/> selbständigen Staats Hannover noch durchaus nicht überwunden, und dieses<lb/> Schmerzgefühl färbt seine Aeußerungen, trübt seinen Blick. Aehnlich wie Stüve,<lb/> ist er im Augenblick geneigt, Hannover als das verwirklichte Muster eines Staats<lb/> anzusehen; wogegen Preußen nur seine Kritik herausfordert. Dabei fehlt es<lb/> ihm in einem Grade, welcher überrascht, an jeder Würdigung der allgemeinen<lb/> nationalen Interessen. Wenn dieser an und für sich wohlgesinnte, redliche, ge¬<lb/> mäßigte und einsichtsvolle Mann ein getreuer Typus des höheren hannoverschen<lb/> Beamtenstandes ist, wie man allen Grund hat anzunehmen, so muß man ernst¬<lb/> licher als jemals wünschen, daß die preußische Regierung Mittel finde, die aus¬<lb/> schlaggebende Betheiligung dieser Classe an der Reorganisation des Landes als<lb/> einer preußischen Provinz auf ein Minimum herabzudrücken — denn sie sind<lb/> eingefleischte Pcnticularisten, deren tiefe Verbitterung gegen Preußen weder von<lb/> lebendiger Vaterlandsliebe noch von einer höheren staatsmännischen Auffassung<lb/> gemildert wird. Sollte es unvermeidlich sein, daß ein paar Exemplare dieser<lb/> Gattung im norddeutschen Reichstag und im preußischen Landtag erscheinen, so<lb/> wollen wir uns einen Erxleben immer noch lieber gefallen lassen als einen<lb/> Stüve. Besser aber werden die Hannoveraner für sich selbst und für das All¬<lb/> gemeine sorgen, wenn sie einen Mann.wie.^ Bening unter Seinesgleichen den<lb/> Vorzug geben. Nur ein solcher wird durch moralische Autorität dem Mangel<lb/> juristischer Schranken gegen das pac piceis — falls es jemals drohen sollte —<lb/> abhelfen können.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0495]
Ist der norddeutsche Bund einmal constituirt und gesichert, so wird es Zeit
sein, sich wenigstens der „nationalen Verbindungen" zu erinnern, aus welche
s 7. elbst der Vertrag von Nikolsburg ein Anrecht giebt.
Die finanzielle Einverleibung Hannovers.
Die „Betrachtungen über die Staatseinnahmen und Ausgaben in Preußen
und Hannover und über einen für Hannover zu bildenden Provinzialfonds",
welche der vormalige Finanzminister Erxleben unlängst hat erscheinen lassen,
nähern sich der Objektivität etwas mehr als Stüves leidenschaftliche und sophi¬
stische Parteischrist, aber lange nicht in demselben Maße wie die vortreffliche
Schristj Benings. Ihr Verfasser hat den Kummer über den Untergang des
selbständigen Staats Hannover noch durchaus nicht überwunden, und dieses
Schmerzgefühl färbt seine Aeußerungen, trübt seinen Blick. Aehnlich wie Stüve,
ist er im Augenblick geneigt, Hannover als das verwirklichte Muster eines Staats
anzusehen; wogegen Preußen nur seine Kritik herausfordert. Dabei fehlt es
ihm in einem Grade, welcher überrascht, an jeder Würdigung der allgemeinen
nationalen Interessen. Wenn dieser an und für sich wohlgesinnte, redliche, ge¬
mäßigte und einsichtsvolle Mann ein getreuer Typus des höheren hannoverschen
Beamtenstandes ist, wie man allen Grund hat anzunehmen, so muß man ernst¬
licher als jemals wünschen, daß die preußische Regierung Mittel finde, die aus¬
schlaggebende Betheiligung dieser Classe an der Reorganisation des Landes als
einer preußischen Provinz auf ein Minimum herabzudrücken — denn sie sind
eingefleischte Pcnticularisten, deren tiefe Verbitterung gegen Preußen weder von
lebendiger Vaterlandsliebe noch von einer höheren staatsmännischen Auffassung
gemildert wird. Sollte es unvermeidlich sein, daß ein paar Exemplare dieser
Gattung im norddeutschen Reichstag und im preußischen Landtag erscheinen, so
wollen wir uns einen Erxleben immer noch lieber gefallen lassen als einen
Stüve. Besser aber werden die Hannoveraner für sich selbst und für das All¬
gemeine sorgen, wenn sie einen Mann.wie.^ Bening unter Seinesgleichen den
Vorzug geben. Nur ein solcher wird durch moralische Autorität dem Mangel
juristischer Schranken gegen das pac piceis — falls es jemals drohen sollte —
abhelfen können.
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