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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Der deutsche Krieg im Jahre 1866.
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Der Feldzug des Königs.

Der König war am 30. Juni Abends von Berlin abgereist und in der
Nacht zum 2. Juli in Gitschin, dem Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl
angekommen, um den Oberbefehl über das ganze, jetzt wieder in drei Theile,
die erste, zweite und Elbarmee zerfallende Heer zu übernehmen. Nach den vor¬
liegenden Berichten scheinen bei dem Eintreffen des Königs die Nachrichten vom
Feinde ziemlich gefehlt zu haben. Erklärt wird dies dadurch, daß die beiden
fürstlichen Feldherren nach vorhergehenden heftigen Gefechten ihren Truppen
zwei Ruhetage gegeben hatte", welche natürlich vom Feinde benutzt sein mußten,
um die einzeln geschlagenen Corps zu sammeln und in sich zu reformiren. Ein
östreichischer Berichterstatter sagt, "daß Benedek noch am 30, Juni mit seiner
ganzen Armee den Rückzug nach Königsgrätz antrat" und "daß es ihm mit
Meisterschaft gelungen sei. seine Kräfte eiligst weiter rückwärts zu concentriren."

So standen die beiderseitigen Heere am 1. Juli einen Tagemarsch ausein¬
ander. Das preußische mit einer Front von fünf Meilen von Smidar über
Horziz und Königinhof nach Gradlitz, durch die breite Front befähigt, sich nach
jeder Richtung hin frei zu bewegen und durch einen Marsch sich vor einer Stel¬
lung des Gegners zu concentriren, der durch die vorhergehenden unglücklichen
Gefechte auf die Defensive geworfen war. Das östreichische Heer hatte, wie
gesagt, sich bei Königsgrätz concentrirt und Feldzeugmeister Benedek hatte die
Freiheit, entweder durch eine Aufstellung hinter der von den Festungen Königs¬
grätz und Josephstadt gedeckten Elbe eine Position zu nehmen, oder den Gegner
zu einem Frontalangriff über die Elbe weg, die Festungen in der Flanke zu
nöthigen, oder aber bei einer weiten Umgehung des Gegners die preußischen
Colonnen in der Flanke zu fassen. resp, einzeln zu schlagen. -- Nach dem ma¬
teriellen und moralischen Enden, welchen die östreichischen Truppen bereits erlitten,
war es wohl das Richtigste, wenn sie die Position an der Elbe als Arriöre-
gardenstellung gebrauchten, um die dadurch gewonnene Zeit zu einem noch
Weilern, recht geordneten Rückzug zu benutzen und um die Armee dann in eine
zur Schlacht ganz vorbereitete Stellung zu bringen.

Benedek that das gerade Gegentheil. Er wollte die gehabten Verluste nicht
anerkennen, machte ob dem Vergangenen die Augen fest zu und ging dem Feinde
entgegen. Hierbei scheinen politische Einflüsse, Befehle aus Wien u. dergl.


Grenzboten IV. 1866. 43
Der deutsche Krieg im Jahre 1866.
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Der Feldzug des Königs.

Der König war am 30. Juni Abends von Berlin abgereist und in der
Nacht zum 2. Juli in Gitschin, dem Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl
angekommen, um den Oberbefehl über das ganze, jetzt wieder in drei Theile,
die erste, zweite und Elbarmee zerfallende Heer zu übernehmen. Nach den vor¬
liegenden Berichten scheinen bei dem Eintreffen des Königs die Nachrichten vom
Feinde ziemlich gefehlt zu haben. Erklärt wird dies dadurch, daß die beiden
fürstlichen Feldherren nach vorhergehenden heftigen Gefechten ihren Truppen
zwei Ruhetage gegeben hatte», welche natürlich vom Feinde benutzt sein mußten,
um die einzeln geschlagenen Corps zu sammeln und in sich zu reformiren. Ein
östreichischer Berichterstatter sagt, „daß Benedek noch am 30, Juni mit seiner
ganzen Armee den Rückzug nach Königsgrätz antrat" und „daß es ihm mit
Meisterschaft gelungen sei. seine Kräfte eiligst weiter rückwärts zu concentriren."

So standen die beiderseitigen Heere am 1. Juli einen Tagemarsch ausein¬
ander. Das preußische mit einer Front von fünf Meilen von Smidar über
Horziz und Königinhof nach Gradlitz, durch die breite Front befähigt, sich nach
jeder Richtung hin frei zu bewegen und durch einen Marsch sich vor einer Stel¬
lung des Gegners zu concentriren, der durch die vorhergehenden unglücklichen
Gefechte auf die Defensive geworfen war. Das östreichische Heer hatte, wie
gesagt, sich bei Königsgrätz concentrirt und Feldzeugmeister Benedek hatte die
Freiheit, entweder durch eine Aufstellung hinter der von den Festungen Königs¬
grätz und Josephstadt gedeckten Elbe eine Position zu nehmen, oder den Gegner
zu einem Frontalangriff über die Elbe weg, die Festungen in der Flanke zu
nöthigen, oder aber bei einer weiten Umgehung des Gegners die preußischen
Colonnen in der Flanke zu fassen. resp, einzeln zu schlagen. — Nach dem ma¬
teriellen und moralischen Enden, welchen die östreichischen Truppen bereits erlitten,
war es wohl das Richtigste, wenn sie die Position an der Elbe als Arriöre-
gardenstellung gebrauchten, um die dadurch gewonnene Zeit zu einem noch
Weilern, recht geordneten Rückzug zu benutzen und um die Armee dann in eine
zur Schlacht ganz vorbereitete Stellung zu bringen.

Benedek that das gerade Gegentheil. Er wollte die gehabten Verluste nicht
anerkennen, machte ob dem Vergangenen die Augen fest zu und ging dem Feinde
entgegen. Hierbei scheinen politische Einflüsse, Befehle aus Wien u. dergl.


Grenzboten IV. 1866. 43
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[0363] Der deutsche Krieg im Jahre 1866. .sj ^^^v^^^'^ ^ ' ^ Der Feldzug des Königs. Der König war am 30. Juni Abends von Berlin abgereist und in der Nacht zum 2. Juli in Gitschin, dem Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl angekommen, um den Oberbefehl über das ganze, jetzt wieder in drei Theile, die erste, zweite und Elbarmee zerfallende Heer zu übernehmen. Nach den vor¬ liegenden Berichten scheinen bei dem Eintreffen des Königs die Nachrichten vom Feinde ziemlich gefehlt zu haben. Erklärt wird dies dadurch, daß die beiden fürstlichen Feldherren nach vorhergehenden heftigen Gefechten ihren Truppen zwei Ruhetage gegeben hatte», welche natürlich vom Feinde benutzt sein mußten, um die einzeln geschlagenen Corps zu sammeln und in sich zu reformiren. Ein östreichischer Berichterstatter sagt, „daß Benedek noch am 30, Juni mit seiner ganzen Armee den Rückzug nach Königsgrätz antrat" und „daß es ihm mit Meisterschaft gelungen sei. seine Kräfte eiligst weiter rückwärts zu concentriren." So standen die beiderseitigen Heere am 1. Juli einen Tagemarsch ausein¬ ander. Das preußische mit einer Front von fünf Meilen von Smidar über Horziz und Königinhof nach Gradlitz, durch die breite Front befähigt, sich nach jeder Richtung hin frei zu bewegen und durch einen Marsch sich vor einer Stel¬ lung des Gegners zu concentriren, der durch die vorhergehenden unglücklichen Gefechte auf die Defensive geworfen war. Das östreichische Heer hatte, wie gesagt, sich bei Königsgrätz concentrirt und Feldzeugmeister Benedek hatte die Freiheit, entweder durch eine Aufstellung hinter der von den Festungen Königs¬ grätz und Josephstadt gedeckten Elbe eine Position zu nehmen, oder den Gegner zu einem Frontalangriff über die Elbe weg, die Festungen in der Flanke zu nöthigen, oder aber bei einer weiten Umgehung des Gegners die preußischen Colonnen in der Flanke zu fassen. resp, einzeln zu schlagen. — Nach dem ma¬ teriellen und moralischen Enden, welchen die östreichischen Truppen bereits erlitten, war es wohl das Richtigste, wenn sie die Position an der Elbe als Arriöre- gardenstellung gebrauchten, um die dadurch gewonnene Zeit zu einem noch Weilern, recht geordneten Rückzug zu benutzen und um die Armee dann in eine zur Schlacht ganz vorbereitete Stellung zu bringen. Benedek that das gerade Gegentheil. Er wollte die gehabten Verluste nicht anerkennen, machte ob dem Vergangenen die Augen fest zu und ging dem Feinde entgegen. Hierbei scheinen politische Einflüsse, Befehle aus Wien u. dergl. Grenzboten IV. 1866. 43

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/363>, abgerufen am 03.07.2024.