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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Der deutsche Krieg im Jahre 1866.
i.
Stärke und Statistik ver Heere/)

Der Verlauf des deutschen Krieges von 1866 steht in der Schnelligkeit,
mit welcher sich die Ereignisse folgten, in der Bedeutung der Gefechte, welche
sich Tag auf Tag aneinanderreihten und in dem großen Resultat, welches durch
diese Kämpfe erreicht wurde, einzig in der Kriegsgeschichte der Neuzeit da. Nur
der Feldzug Napoleons vom Jahre 1806 gegen Preußen, wo in den Tagen
vom 10.--14. October durch kurze, aber feste Schläge das preußische Heer nieder¬
geworfen und in volle Auflösung versetzt wurde, berechtigt zum Vergleich. Doch
unterscheiden sich beide Kriege darin, daß Napoleon damals den Sieg durch
eine meisterhaft ausgeführte Verfolgung voll ausnutzte und die Trophäen des
im Sande verlaufenden Heeres bis an die Weichsel auflas und daß er den von
Preußen, ebenso wie heute Von Oestreich angebotenen Frieden nicht annahm,
sondern auf die Vernichtung seines Gegners ausging. Die Ursache der raschen
Erfolge war in beiden Fällen, daß der Sieger die Neuzeit repräsentirte, während
der Besiegte sich stolz aus seine alten Vorzüge stützte. Das damalige franzö¬
sische, wie das heutige preußische Heer repräsentiren ein in voller Entwickelung
begriffenes Volk, das auf der Höhe der Zeitcultur steht und das dabei von
einem energischen Willen zu einem großen Ziel geleitet wird. Der Soldaten¬
kaiser aber verfolgte in dem Kriege nur das Interesse seiner Person und seines
Heeres, während Preußen die historische Entwickelung des eigenen Staats an¬
strebend einestheils die eigenen Truppen nicht so voll in ihren Kräften ausnutzt
und andererseits die zum Frieden dargebotene Hand rasch ergreift.



") Diese und die folgenden Mittheilungen werden auch deshalb einem Wunsch der Leser
gerecht werden, weil Angaben und Urtheile eine Zuverlässigkeit beanspruchen dürfen, welche
den ersten Berichten über die großen Wochen entging. Manches wird dadurch in neuem Licht
D. R. erscheinen, z. B. die Stärkeverhältnisse der Kriegführenden.
Grenzboten IV. 18KK. 26
Der deutsche Krieg im Jahre 1866.
i.
Stärke und Statistik ver Heere/)

Der Verlauf des deutschen Krieges von 1866 steht in der Schnelligkeit,
mit welcher sich die Ereignisse folgten, in der Bedeutung der Gefechte, welche
sich Tag auf Tag aneinanderreihten und in dem großen Resultat, welches durch
diese Kämpfe erreicht wurde, einzig in der Kriegsgeschichte der Neuzeit da. Nur
der Feldzug Napoleons vom Jahre 1806 gegen Preußen, wo in den Tagen
vom 10.—14. October durch kurze, aber feste Schläge das preußische Heer nieder¬
geworfen und in volle Auflösung versetzt wurde, berechtigt zum Vergleich. Doch
unterscheiden sich beide Kriege darin, daß Napoleon damals den Sieg durch
eine meisterhaft ausgeführte Verfolgung voll ausnutzte und die Trophäen des
im Sande verlaufenden Heeres bis an die Weichsel auflas und daß er den von
Preußen, ebenso wie heute Von Oestreich angebotenen Frieden nicht annahm,
sondern auf die Vernichtung seines Gegners ausging. Die Ursache der raschen
Erfolge war in beiden Fällen, daß der Sieger die Neuzeit repräsentirte, während
der Besiegte sich stolz aus seine alten Vorzüge stützte. Das damalige franzö¬
sische, wie das heutige preußische Heer repräsentiren ein in voller Entwickelung
begriffenes Volk, das auf der Höhe der Zeitcultur steht und das dabei von
einem energischen Willen zu einem großen Ziel geleitet wird. Der Soldaten¬
kaiser aber verfolgte in dem Kriege nur das Interesse seiner Person und seines
Heeres, während Preußen die historische Entwickelung des eigenen Staats an¬
strebend einestheils die eigenen Truppen nicht so voll in ihren Kräften ausnutzt
und andererseits die zum Frieden dargebotene Hand rasch ergreift.



") Diese und die folgenden Mittheilungen werden auch deshalb einem Wunsch der Leser
gerecht werden, weil Angaben und Urtheile eine Zuverlässigkeit beanspruchen dürfen, welche
den ersten Berichten über die großen Wochen entging. Manches wird dadurch in neuem Licht
D. R. erscheinen, z. B. die Stärkeverhältnisse der Kriegführenden.
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[0221] Der deutsche Krieg im Jahre 1866. i. Stärke und Statistik ver Heere/) Der Verlauf des deutschen Krieges von 1866 steht in der Schnelligkeit, mit welcher sich die Ereignisse folgten, in der Bedeutung der Gefechte, welche sich Tag auf Tag aneinanderreihten und in dem großen Resultat, welches durch diese Kämpfe erreicht wurde, einzig in der Kriegsgeschichte der Neuzeit da. Nur der Feldzug Napoleons vom Jahre 1806 gegen Preußen, wo in den Tagen vom 10.—14. October durch kurze, aber feste Schläge das preußische Heer nieder¬ geworfen und in volle Auflösung versetzt wurde, berechtigt zum Vergleich. Doch unterscheiden sich beide Kriege darin, daß Napoleon damals den Sieg durch eine meisterhaft ausgeführte Verfolgung voll ausnutzte und die Trophäen des im Sande verlaufenden Heeres bis an die Weichsel auflas und daß er den von Preußen, ebenso wie heute Von Oestreich angebotenen Frieden nicht annahm, sondern auf die Vernichtung seines Gegners ausging. Die Ursache der raschen Erfolge war in beiden Fällen, daß der Sieger die Neuzeit repräsentirte, während der Besiegte sich stolz aus seine alten Vorzüge stützte. Das damalige franzö¬ sische, wie das heutige preußische Heer repräsentiren ein in voller Entwickelung begriffenes Volk, das auf der Höhe der Zeitcultur steht und das dabei von einem energischen Willen zu einem großen Ziel geleitet wird. Der Soldaten¬ kaiser aber verfolgte in dem Kriege nur das Interesse seiner Person und seines Heeres, während Preußen die historische Entwickelung des eigenen Staats an¬ strebend einestheils die eigenen Truppen nicht so voll in ihren Kräften ausnutzt und andererseits die zum Frieden dargebotene Hand rasch ergreift. ") Diese und die folgenden Mittheilungen werden auch deshalb einem Wunsch der Leser gerecht werden, weil Angaben und Urtheile eine Zuverlässigkeit beanspruchen dürfen, welche den ersten Berichten über die großen Wochen entging. Manches wird dadurch in neuem Licht D. R. erscheinen, z. B. die Stärkeverhältnisse der Kriegführenden. Grenzboten IV. 18KK. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/221>, abgerufen am 28.06.2024.