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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Die Verkehrsinteressm des Bundesstaats.

Es sei erlaubt, die folgenden Betrachtungen an einige Beschlüsse des Volks"
wirthschaftlichen Congresses anzuknüpfen, wir sind uns bewußt, die Bedeutung
derselben nicht zu überschätzen.

Der volkswirthschaftliche Kongreß hatte auf den 4. August seine ständige
Deputation und seine thätigsten Mitglieder, etwa fünfzig an der Zahl, in Braun¬
schweig versammelt. Der Süden fehlte. Von den Erschienenen gehörten zwei
Drittel dem Norden, ein Drittel Mitteldeutschland an. Es waren keinerlei
Vorbereitungen getroffen, weder Berichte ausgearbeitet, noch Resolutionen prä-
parirt. Man schritt sofort zur Berathung im Plenum und ließ auch Mitglieder
der Behörden und Corporationen der Stadt Braunschweig zu. Die Verhand¬
lungen verliefen ohne Stockung. Die Resultate entwickelten sich aus denselben
mit logischer Nothwendigkeit.

Die gefaßten Beschlüsse betrafen:

1) die Zukunft des Zollvereins und sein Verhältniß zum Bundesstaat,
Antragsteller Dr. C. Braun (Wiesbaden) und Dr. Victor Böhmert (Bremen);

2) die Beschaffung der Einkünfte des zu gründenden deutschen Bundes¬
staates. Antragsteller Dr. Julius Faucher;

3) das Einnahme- und Ausgabebudget des Bundesstaats, das Verhältniß
der Bundesstaatssteuern zu den Steuern des Einzelstaats. Antragsteller Julius
Faucher und Otto Michaelis;

4) die Durchführung der wirthschaftlichen Einheit im Bundesstaatsgebiet,
auf der Grundlage der wirthschaftlichen Freiheit, Antragsteller Dr. Braun;

6) Beseitigung der Monopole, namentlich Abschaffung des Salzmvnopols
der Einzelstaaten. Antragsteller Braun und Michaelis;

6) Aushebung aller Beschränkungen der Freiheit der Niederlassung und des
Gewerbebetriebs an jedem Orte des Bundesgebiets, Beseitigung der wirthschaft¬
lichen Unterschiede zwischen In- und Ausländern, Antragsteller Braun;

7) Einheitliche Verwaltung des Post- und Telegraphenwesens im ganzen
Bundesgebiet; Beseitigung der Vielköpfigkeit; Vermeidung des Systems fiskali¬
scher Ausbeutung; Steigerung des Verkehrs durch Herabsetzung der Taxen;
einheitliche Francomarke. einstufige Bricftaxe; Abschaffung oder Beschränkung
des Postmonopols; Verwendung der Ueberschüsse der Post für die Bundeskasse,
Antragsteller Braun;

8) Regelung des Eisenbahnwesens durch ein deutsches Reichsgesetz; Be¬
schränkung des Concessionswesens. Übertragung des Oberaussichts- und des
Concessionsrechts an die Bundesgewalt, Antragsteller Mtchaelis.


Die Verkehrsinteressm des Bundesstaats.

Es sei erlaubt, die folgenden Betrachtungen an einige Beschlüsse des Volks«
wirthschaftlichen Congresses anzuknüpfen, wir sind uns bewußt, die Bedeutung
derselben nicht zu überschätzen.

Der volkswirthschaftliche Kongreß hatte auf den 4. August seine ständige
Deputation und seine thätigsten Mitglieder, etwa fünfzig an der Zahl, in Braun¬
schweig versammelt. Der Süden fehlte. Von den Erschienenen gehörten zwei
Drittel dem Norden, ein Drittel Mitteldeutschland an. Es waren keinerlei
Vorbereitungen getroffen, weder Berichte ausgearbeitet, noch Resolutionen prä-
parirt. Man schritt sofort zur Berathung im Plenum und ließ auch Mitglieder
der Behörden und Corporationen der Stadt Braunschweig zu. Die Verhand¬
lungen verliefen ohne Stockung. Die Resultate entwickelten sich aus denselben
mit logischer Nothwendigkeit.

Die gefaßten Beschlüsse betrafen:

1) die Zukunft des Zollvereins und sein Verhältniß zum Bundesstaat,
Antragsteller Dr. C. Braun (Wiesbaden) und Dr. Victor Böhmert (Bremen);

2) die Beschaffung der Einkünfte des zu gründenden deutschen Bundes¬
staates. Antragsteller Dr. Julius Faucher;

3) das Einnahme- und Ausgabebudget des Bundesstaats, das Verhältniß
der Bundesstaatssteuern zu den Steuern des Einzelstaats. Antragsteller Julius
Faucher und Otto Michaelis;

4) die Durchführung der wirthschaftlichen Einheit im Bundesstaatsgebiet,
auf der Grundlage der wirthschaftlichen Freiheit, Antragsteller Dr. Braun;

6) Beseitigung der Monopole, namentlich Abschaffung des Salzmvnopols
der Einzelstaaten. Antragsteller Braun und Michaelis;

6) Aushebung aller Beschränkungen der Freiheit der Niederlassung und des
Gewerbebetriebs an jedem Orte des Bundesgebiets, Beseitigung der wirthschaft¬
lichen Unterschiede zwischen In- und Ausländern, Antragsteller Braun;

7) Einheitliche Verwaltung des Post- und Telegraphenwesens im ganzen
Bundesgebiet; Beseitigung der Vielköpfigkeit; Vermeidung des Systems fiskali¬
scher Ausbeutung; Steigerung des Verkehrs durch Herabsetzung der Taxen;
einheitliche Francomarke. einstufige Bricftaxe; Abschaffung oder Beschränkung
des Postmonopols; Verwendung der Ueberschüsse der Post für die Bundeskasse,
Antragsteller Braun;

8) Regelung des Eisenbahnwesens durch ein deutsches Reichsgesetz; Be¬
schränkung des Concessionswesens. Übertragung des Oberaussichts- und des
Concessionsrechts an die Bundesgewalt, Antragsteller Mtchaelis.


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[0404] Die Verkehrsinteressm des Bundesstaats. Es sei erlaubt, die folgenden Betrachtungen an einige Beschlüsse des Volks« wirthschaftlichen Congresses anzuknüpfen, wir sind uns bewußt, die Bedeutung derselben nicht zu überschätzen. Der volkswirthschaftliche Kongreß hatte auf den 4. August seine ständige Deputation und seine thätigsten Mitglieder, etwa fünfzig an der Zahl, in Braun¬ schweig versammelt. Der Süden fehlte. Von den Erschienenen gehörten zwei Drittel dem Norden, ein Drittel Mitteldeutschland an. Es waren keinerlei Vorbereitungen getroffen, weder Berichte ausgearbeitet, noch Resolutionen prä- parirt. Man schritt sofort zur Berathung im Plenum und ließ auch Mitglieder der Behörden und Corporationen der Stadt Braunschweig zu. Die Verhand¬ lungen verliefen ohne Stockung. Die Resultate entwickelten sich aus denselben mit logischer Nothwendigkeit. Die gefaßten Beschlüsse betrafen: 1) die Zukunft des Zollvereins und sein Verhältniß zum Bundesstaat, Antragsteller Dr. C. Braun (Wiesbaden) und Dr. Victor Böhmert (Bremen); 2) die Beschaffung der Einkünfte des zu gründenden deutschen Bundes¬ staates. Antragsteller Dr. Julius Faucher; 3) das Einnahme- und Ausgabebudget des Bundesstaats, das Verhältniß der Bundesstaatssteuern zu den Steuern des Einzelstaats. Antragsteller Julius Faucher und Otto Michaelis; 4) die Durchführung der wirthschaftlichen Einheit im Bundesstaatsgebiet, auf der Grundlage der wirthschaftlichen Freiheit, Antragsteller Dr. Braun; 6) Beseitigung der Monopole, namentlich Abschaffung des Salzmvnopols der Einzelstaaten. Antragsteller Braun und Michaelis; 6) Aushebung aller Beschränkungen der Freiheit der Niederlassung und des Gewerbebetriebs an jedem Orte des Bundesgebiets, Beseitigung der wirthschaft¬ lichen Unterschiede zwischen In- und Ausländern, Antragsteller Braun; 7) Einheitliche Verwaltung des Post- und Telegraphenwesens im ganzen Bundesgebiet; Beseitigung der Vielköpfigkeit; Vermeidung des Systems fiskali¬ scher Ausbeutung; Steigerung des Verkehrs durch Herabsetzung der Taxen; einheitliche Francomarke. einstufige Bricftaxe; Abschaffung oder Beschränkung des Postmonopols; Verwendung der Ueberschüsse der Post für die Bundeskasse, Antragsteller Braun; 8) Regelung des Eisenbahnwesens durch ein deutsches Reichsgesetz; Be¬ schränkung des Concessionswesens. Übertragung des Oberaussichts- und des Concessionsrechts an die Bundesgewalt, Antragsteller Mtchaelis.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/404>, abgerufen am 22.07.2024.