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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Mainz verlebt hat, muß zu der Ueberzeugung gelangt sein, daß eine durch¬
greifende Reorganisation im deutschen Heerwesen unumgänglich nothwendig ist.
Was bisher nicht möglich schien, wird nun wohl Preußen in kurzem besorgen.

Auch die Bundesfestung war nicht ganz in dem Zustande, in dem sie nach
allen Erwartungen hätte sein sollen. Auf die. Details hier sich einzulassen, ist
nicht am Platze.

Schließlich wollen wir noch erwähnen, daß es durchaus nicht in der Absicht
dieser Zeilen lag. wirkliches Verdienst schmälern zu wollen. War auch das
Ganze bunt und verschieden zusammengewürfelt, wie es nach den Verhältnissen
nicht anders sein konnte, so bestrebte sich doch in Wahrheit ein jeder, vom Ge¬
neral bis zum Tambour, seine Schuldigkeit zu thun. Trotz so naher Be¬
rührung verschiedener Stämme herrschte doch im Allgemeinen Einheit und
Kameradschaft und ernste Reibungen oder gar Excesse von Truppen gegen
Truppen sind nicht vorgekommen. Das Vernehmen der Truppen mit den Ein¬
wohnern war das beste.

Das deutsche Unglück, welches im Sommer 1866 auch in Mainz fühlbar
wurde, war nicht Schuld der Einzelnen. Denn grade das Traurige war, daß
so guter Wille, so große Tüchtigkeit der Einzelnen kein besseres Gesammtresultat
geben konnte. Keine deutsche Festung hat seit den Tagen Custine's den Deut¬
schen so eindringlich die Verderblichkeit ihrer Rcichsheeresverfassung erwiesen als
Mainz. Wir hoffen, der Beweis, welcher in diesem Jahre geführt wurde, wird
der letzte sein, dessen der Deutsche bedarf.




Kosten der Heere und Höfe des neuen Bundesstaats.

In der neuesten Thronrede des Königs Wilhelm von Preußen spricht
der König auch von der Einrichtung eines einheitlichen Bundesheeres unter
Preußens Führung, dessen Lasten von allen Genossen des Bundes gleichmäßig
werden getragen werden. Es ist interessant und belehrend in Bezug auf diesen
Plan zu betrachten, wie die Lasten bisher vertheilt waren und in welchem Ver¬
hältniß sich diese durch eine gleichmäßige Vertheilung auf die bisher minder
Belasteten für die seither zu hoch Belasteten verringern werden, was zunächst
durch die nachstehende Tabelle anschaulich gemacht werden soll. Natürlich be¬
schränken wir uns in ihr auf die norddeutschen Verbündeten Preußens und die
von demselben besetzten Staaten, die süddeutschen, hoffentlich dem deutschen Bunde
später einmal auch noch einzufügenden, im Nachtrag behandelnd.


Mainz verlebt hat, muß zu der Ueberzeugung gelangt sein, daß eine durch¬
greifende Reorganisation im deutschen Heerwesen unumgänglich nothwendig ist.
Was bisher nicht möglich schien, wird nun wohl Preußen in kurzem besorgen.

Auch die Bundesfestung war nicht ganz in dem Zustande, in dem sie nach
allen Erwartungen hätte sein sollen. Auf die. Details hier sich einzulassen, ist
nicht am Platze.

Schließlich wollen wir noch erwähnen, daß es durchaus nicht in der Absicht
dieser Zeilen lag. wirkliches Verdienst schmälern zu wollen. War auch das
Ganze bunt und verschieden zusammengewürfelt, wie es nach den Verhältnissen
nicht anders sein konnte, so bestrebte sich doch in Wahrheit ein jeder, vom Ge¬
neral bis zum Tambour, seine Schuldigkeit zu thun. Trotz so naher Be¬
rührung verschiedener Stämme herrschte doch im Allgemeinen Einheit und
Kameradschaft und ernste Reibungen oder gar Excesse von Truppen gegen
Truppen sind nicht vorgekommen. Das Vernehmen der Truppen mit den Ein¬
wohnern war das beste.

Das deutsche Unglück, welches im Sommer 1866 auch in Mainz fühlbar
wurde, war nicht Schuld der Einzelnen. Denn grade das Traurige war, daß
so guter Wille, so große Tüchtigkeit der Einzelnen kein besseres Gesammtresultat
geben konnte. Keine deutsche Festung hat seit den Tagen Custine's den Deut¬
schen so eindringlich die Verderblichkeit ihrer Rcichsheeresverfassung erwiesen als
Mainz. Wir hoffen, der Beweis, welcher in diesem Jahre geführt wurde, wird
der letzte sein, dessen der Deutsche bedarf.




Kosten der Heere und Höfe des neuen Bundesstaats.

In der neuesten Thronrede des Königs Wilhelm von Preußen spricht
der König auch von der Einrichtung eines einheitlichen Bundesheeres unter
Preußens Führung, dessen Lasten von allen Genossen des Bundes gleichmäßig
werden getragen werden. Es ist interessant und belehrend in Bezug auf diesen
Plan zu betrachten, wie die Lasten bisher vertheilt waren und in welchem Ver¬
hältniß sich diese durch eine gleichmäßige Vertheilung auf die bisher minder
Belasteten für die seither zu hoch Belasteten verringern werden, was zunächst
durch die nachstehende Tabelle anschaulich gemacht werden soll. Natürlich be¬
schränken wir uns in ihr auf die norddeutschen Verbündeten Preußens und die
von demselben besetzten Staaten, die süddeutschen, hoffentlich dem deutschen Bunde
später einmal auch noch einzufügenden, im Nachtrag behandelnd.


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[0382] Mainz verlebt hat, muß zu der Ueberzeugung gelangt sein, daß eine durch¬ greifende Reorganisation im deutschen Heerwesen unumgänglich nothwendig ist. Was bisher nicht möglich schien, wird nun wohl Preußen in kurzem besorgen. Auch die Bundesfestung war nicht ganz in dem Zustande, in dem sie nach allen Erwartungen hätte sein sollen. Auf die. Details hier sich einzulassen, ist nicht am Platze. Schließlich wollen wir noch erwähnen, daß es durchaus nicht in der Absicht dieser Zeilen lag. wirkliches Verdienst schmälern zu wollen. War auch das Ganze bunt und verschieden zusammengewürfelt, wie es nach den Verhältnissen nicht anders sein konnte, so bestrebte sich doch in Wahrheit ein jeder, vom Ge¬ neral bis zum Tambour, seine Schuldigkeit zu thun. Trotz so naher Be¬ rührung verschiedener Stämme herrschte doch im Allgemeinen Einheit und Kameradschaft und ernste Reibungen oder gar Excesse von Truppen gegen Truppen sind nicht vorgekommen. Das Vernehmen der Truppen mit den Ein¬ wohnern war das beste. Das deutsche Unglück, welches im Sommer 1866 auch in Mainz fühlbar wurde, war nicht Schuld der Einzelnen. Denn grade das Traurige war, daß so guter Wille, so große Tüchtigkeit der Einzelnen kein besseres Gesammtresultat geben konnte. Keine deutsche Festung hat seit den Tagen Custine's den Deut¬ schen so eindringlich die Verderblichkeit ihrer Rcichsheeresverfassung erwiesen als Mainz. Wir hoffen, der Beweis, welcher in diesem Jahre geführt wurde, wird der letzte sein, dessen der Deutsche bedarf. Kosten der Heere und Höfe des neuen Bundesstaats. In der neuesten Thronrede des Königs Wilhelm von Preußen spricht der König auch von der Einrichtung eines einheitlichen Bundesheeres unter Preußens Führung, dessen Lasten von allen Genossen des Bundes gleichmäßig werden getragen werden. Es ist interessant und belehrend in Bezug auf diesen Plan zu betrachten, wie die Lasten bisher vertheilt waren und in welchem Ver¬ hältniß sich diese durch eine gleichmäßige Vertheilung auf die bisher minder Belasteten für die seither zu hoch Belasteten verringern werden, was zunächst durch die nachstehende Tabelle anschaulich gemacht werden soll. Natürlich be¬ schränken wir uns in ihr auf die norddeutschen Verbündeten Preußens und die von demselben besetzten Staaten, die süddeutschen, hoffentlich dem deutschen Bunde später einmal auch noch einzufügenden, im Nachtrag behandelnd.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/382>, abgerufen am 22.07.2024.