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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Die preußischen Staatsdomänen.

Die Frage, ob die Domänen als Staatsgut oder als fürstliches Kammergut
anzusehen sind, -- eine Frage, welche in manchem deutschen Vaterlande, nament¬
lich in Kurhessen und Nassau, nicht nur zu einer großen Menge rechtlicher Be¬
denken, sondern auch zu vielfachen wegen des Geldpunkts sehr ungemüthlichen
Erörterungen zwischen den Ständen und dem betreffenden Landesherrn geführt
hat. ist in Preußen seit mehr als 150 Jahren endgiltig entschieden; -- die
preußischen Domänen sind reines Staatseigenthum. -- Mögen ursprüng¬
lich auch manche Domänen wirkliche Patrimonialgüter der regierenden Familie
gewesen sein, so wurden doch die meisten durch einen Act der Landeshoheit,
also als Staatsgut erworben; und da die Stände mehrfach die verpfändeten
Güter durch den Ertrag der zu diesem Zweck besonders bewilligten Steuern
einlösten, und die Schulden der Landesherrn übernahmen, wie dies z.B. bei
dem Tode von Joachim dem Zweiten geschah, der die für jene Zeiten kaum
glaubliche Schuldensumme von 3,200,000 Thlr. contrahirt hatte, konnten sie
auch auf diese Güter selbst einen Rechtsanspruch erheben. Schon der große
Kurfürst erkannte sämmtliche Domänen als Staatseigenthum factisch dadurch an,
daß er gegen Ende seiner Regierung die bis dahin getrennt verwalteten Reve-
nüen der Domänen mit den Einkünften aus den Regalien zusammen verein¬
nahmen und daraus nur eine gewisse Summe auf die Chatoullkasse anweisen
ließ, ohne für dieselbe bestimmte Güter zu reserViren. Dieser hierdurch factisch
bereits beseitigte Unterschied zwischen Staatsdomänen und Patrimonialgütern
wurde auch ausdrücklich durch König Friedrich Wilhelm den Ersten aufgehoben,
indem derselbe durch das Edict vom 13. August 1713 allen Domänen die Natur
und Eigenschaft rechter Domanial - Kammer- und Tafelgüter beilegte. Ebenso
werden im H 11 Th. II Tit. 14 des Allgemeinen Landrechts, namentlich aber
in dem Gesetze vom 5. November 1809 und der Verordnung vom 30. October
1810 die Domänen als reines "Staatsgut" bezeichnet, und ist auch in den
späteren Gesetzen Vom 9. März 1819 . 17. Januar 1820 und 17. Juni 1826
stets als Grundsatz anerkannt worden, daß die sogenannten landesherrlichen
Domänen als Staatseigenthum anzusehen, und daß auf dieselben nur die Ein¬
künfte der königlichen Familie mit 2.573,099 Thlr. als ein Aequivalent für.die
Revenüen der den Domänen einverleibten /königlichen Patrimonialgüter radicirt
worden sind.

Hinsichtlich dieser Domänengüter wurde früher der durch die Hausgssche
und die Verträge mit den Landständen sanctionirte Grundsatz der Unver"


Die preußischen Staatsdomänen.

Die Frage, ob die Domänen als Staatsgut oder als fürstliches Kammergut
anzusehen sind, — eine Frage, welche in manchem deutschen Vaterlande, nament¬
lich in Kurhessen und Nassau, nicht nur zu einer großen Menge rechtlicher Be¬
denken, sondern auch zu vielfachen wegen des Geldpunkts sehr ungemüthlichen
Erörterungen zwischen den Ständen und dem betreffenden Landesherrn geführt
hat. ist in Preußen seit mehr als 150 Jahren endgiltig entschieden; — die
preußischen Domänen sind reines Staatseigenthum. — Mögen ursprüng¬
lich auch manche Domänen wirkliche Patrimonialgüter der regierenden Familie
gewesen sein, so wurden doch die meisten durch einen Act der Landeshoheit,
also als Staatsgut erworben; und da die Stände mehrfach die verpfändeten
Güter durch den Ertrag der zu diesem Zweck besonders bewilligten Steuern
einlösten, und die Schulden der Landesherrn übernahmen, wie dies z.B. bei
dem Tode von Joachim dem Zweiten geschah, der die für jene Zeiten kaum
glaubliche Schuldensumme von 3,200,000 Thlr. contrahirt hatte, konnten sie
auch auf diese Güter selbst einen Rechtsanspruch erheben. Schon der große
Kurfürst erkannte sämmtliche Domänen als Staatseigenthum factisch dadurch an,
daß er gegen Ende seiner Regierung die bis dahin getrennt verwalteten Reve-
nüen der Domänen mit den Einkünften aus den Regalien zusammen verein¬
nahmen und daraus nur eine gewisse Summe auf die Chatoullkasse anweisen
ließ, ohne für dieselbe bestimmte Güter zu reserViren. Dieser hierdurch factisch
bereits beseitigte Unterschied zwischen Staatsdomänen und Patrimonialgütern
wurde auch ausdrücklich durch König Friedrich Wilhelm den Ersten aufgehoben,
indem derselbe durch das Edict vom 13. August 1713 allen Domänen die Natur
und Eigenschaft rechter Domanial - Kammer- und Tafelgüter beilegte. Ebenso
werden im H 11 Th. II Tit. 14 des Allgemeinen Landrechts, namentlich aber
in dem Gesetze vom 5. November 1809 und der Verordnung vom 30. October
1810 die Domänen als reines „Staatsgut" bezeichnet, und ist auch in den
späteren Gesetzen Vom 9. März 1819 . 17. Januar 1820 und 17. Juni 1826
stets als Grundsatz anerkannt worden, daß die sogenannten landesherrlichen
Domänen als Staatseigenthum anzusehen, und daß auf dieselben nur die Ein¬
künfte der königlichen Familie mit 2.573,099 Thlr. als ein Aequivalent für.die
Revenüen der den Domänen einverleibten /königlichen Patrimonialgüter radicirt
worden sind.

Hinsichtlich dieser Domänengüter wurde früher der durch die Hausgssche
und die Verträge mit den Landständen sanctionirte Grundsatz der Unver«


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[0124] Die preußischen Staatsdomänen. Die Frage, ob die Domänen als Staatsgut oder als fürstliches Kammergut anzusehen sind, — eine Frage, welche in manchem deutschen Vaterlande, nament¬ lich in Kurhessen und Nassau, nicht nur zu einer großen Menge rechtlicher Be¬ denken, sondern auch zu vielfachen wegen des Geldpunkts sehr ungemüthlichen Erörterungen zwischen den Ständen und dem betreffenden Landesherrn geführt hat. ist in Preußen seit mehr als 150 Jahren endgiltig entschieden; — die preußischen Domänen sind reines Staatseigenthum. — Mögen ursprüng¬ lich auch manche Domänen wirkliche Patrimonialgüter der regierenden Familie gewesen sein, so wurden doch die meisten durch einen Act der Landeshoheit, also als Staatsgut erworben; und da die Stände mehrfach die verpfändeten Güter durch den Ertrag der zu diesem Zweck besonders bewilligten Steuern einlösten, und die Schulden der Landesherrn übernahmen, wie dies z.B. bei dem Tode von Joachim dem Zweiten geschah, der die für jene Zeiten kaum glaubliche Schuldensumme von 3,200,000 Thlr. contrahirt hatte, konnten sie auch auf diese Güter selbst einen Rechtsanspruch erheben. Schon der große Kurfürst erkannte sämmtliche Domänen als Staatseigenthum factisch dadurch an, daß er gegen Ende seiner Regierung die bis dahin getrennt verwalteten Reve- nüen der Domänen mit den Einkünften aus den Regalien zusammen verein¬ nahmen und daraus nur eine gewisse Summe auf die Chatoullkasse anweisen ließ, ohne für dieselbe bestimmte Güter zu reserViren. Dieser hierdurch factisch bereits beseitigte Unterschied zwischen Staatsdomänen und Patrimonialgütern wurde auch ausdrücklich durch König Friedrich Wilhelm den Ersten aufgehoben, indem derselbe durch das Edict vom 13. August 1713 allen Domänen die Natur und Eigenschaft rechter Domanial - Kammer- und Tafelgüter beilegte. Ebenso werden im H 11 Th. II Tit. 14 des Allgemeinen Landrechts, namentlich aber in dem Gesetze vom 5. November 1809 und der Verordnung vom 30. October 1810 die Domänen als reines „Staatsgut" bezeichnet, und ist auch in den späteren Gesetzen Vom 9. März 1819 . 17. Januar 1820 und 17. Juni 1826 stets als Grundsatz anerkannt worden, daß die sogenannten landesherrlichen Domänen als Staatseigenthum anzusehen, und daß auf dieselben nur die Ein¬ künfte der königlichen Familie mit 2.573,099 Thlr. als ein Aequivalent für.die Revenüen der den Domänen einverleibten /königlichen Patrimonialgüter radicirt worden sind. Hinsichtlich dieser Domänengüter wurde früher der durch die Hausgssche und die Verträge mit den Landständen sanctionirte Grundsatz der Unver«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/124>, abgerufen am 22.07.2024.