Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

gegeben ist. Besonders hübsch ist die Geschichte vom weimarischen Hofkoch
de Goullon, dem Verfasser eines Kochbuchs, für dessen Herausgabe sich Goethe
interessirte.


Lord Byrons Werke. Uebersetzt von Otto Gildemeister. 1--4.
Bd. Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer. 1865.

Byron muß man im Original lesen, wenn man ihn ganz genießen will.
So sagte man sich bisher bei einem Vergleich der Werke des Dichters mit den
vorhandenen Übertragungen, namentlich mit den Böttgerschen, und vorzüglich
wenn man die lyrischen und epischen Poesien ins Auge faßte. Es schien bei
dem Charakter der englischen Sprache nicht leicht, uns den Dichter in diesen
Stücken viel näher zu bringen. Gildemeister hat dies geleistet. Feines Ver¬
ständniß beider Sprachen, Eingelebtheit in das Empfinden und Denken des
großen britischen Poeten, Beherrschung des Deutschen in vollkommenster Weise,
ein Ohr für Witz und Wohlklang, ein reicher Wortschatz, um alle Schönheiten
seines Gegenstandes, Stimmung, Farbe, Schwung und Gluth, Kraft und
Weichheit wiederzugeben, befähigten ihn, uns Byron in einer Weise zu ver¬
deutschen, die in der großen Mehrzahl der von ihm übersetzten Gedichte bis an
die Grenze des Möglichen geht und seine Arbeit als Ganzes den besten Leistungen
deutscher Uebcrsetzerkunst anreiht. Nur in wenigen Fällen scheint Böttger oder
Hilscher (der überhaupt überschätzt worden ist) an' einer Stelle mehr Glück im
Copiren gehabt zu haben. Bei Weitem in den meisten halten die Vorgänger
keinen Vergleich mit dem neuen Uebersetzer aus. Auch daß derselbe uns hier
nicht alles, was Byron gedichtet hat, darbietet, indem er Unreifes, Mittel¬
mäßiges und Ephemeres wegläßt, ist durchaus zu billigen. Selbst die Weg-
lassung mehrer Dramen, wie "Werner", "Marino Fallen", "die beiden Fvs-
cari" und "der umgestaltete Mißgestaltete" finden wir gerechtfertigt; sie gehören
eben auch nicht zu den Schöpfungen des Dichters, auf die Macaulays Aus¬
spruch Anwendung leidet, nach welchem "selbst bei sorgfältigster Prüfung noch immer
vieles von Lord Byrons Poesien übrigbleiben wird, was nur mit der englischen
Sprache selbst vergehen kann". Die bisher erschienenen vier Bände bringen
die poetischen Erzählungen vollständig, dann den "Ritter Harold", die Mehr¬
zahl der lyrischen Gedichte Byrons und die vier Dramen "Manfred", "Kain",
"Himmel und Erde" und "Sardanapal".


Helge. Ein Gedicht in Romanzen von A. Oehlenschlciger. Uebcrsetzr
von Gottfried v. Leinburg. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. 1866.

Ein dänisches Seitenstück zu Tegners Frithiofssage, in vortreffliche deutsche
Verse übertragen, aber an innerem Werth dem schwedischen Romanzencyklus
nicht gleich, wie denn die Zeit überhaupt vorbei ist, wo man auch in Deutsch¬
land in Oehlschläger den "nordischen Goethe" sah.


Die Lustspiele des Plautus. Deutsch in den Vermaßen der Urschuft

gegeben ist. Besonders hübsch ist die Geschichte vom weimarischen Hofkoch
de Goullon, dem Verfasser eines Kochbuchs, für dessen Herausgabe sich Goethe
interessirte.


Lord Byrons Werke. Uebersetzt von Otto Gildemeister. 1—4.
Bd. Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer. 1865.

Byron muß man im Original lesen, wenn man ihn ganz genießen will.
So sagte man sich bisher bei einem Vergleich der Werke des Dichters mit den
vorhandenen Übertragungen, namentlich mit den Böttgerschen, und vorzüglich
wenn man die lyrischen und epischen Poesien ins Auge faßte. Es schien bei
dem Charakter der englischen Sprache nicht leicht, uns den Dichter in diesen
Stücken viel näher zu bringen. Gildemeister hat dies geleistet. Feines Ver¬
ständniß beider Sprachen, Eingelebtheit in das Empfinden und Denken des
großen britischen Poeten, Beherrschung des Deutschen in vollkommenster Weise,
ein Ohr für Witz und Wohlklang, ein reicher Wortschatz, um alle Schönheiten
seines Gegenstandes, Stimmung, Farbe, Schwung und Gluth, Kraft und
Weichheit wiederzugeben, befähigten ihn, uns Byron in einer Weise zu ver¬
deutschen, die in der großen Mehrzahl der von ihm übersetzten Gedichte bis an
die Grenze des Möglichen geht und seine Arbeit als Ganzes den besten Leistungen
deutscher Uebcrsetzerkunst anreiht. Nur in wenigen Fällen scheint Böttger oder
Hilscher (der überhaupt überschätzt worden ist) an' einer Stelle mehr Glück im
Copiren gehabt zu haben. Bei Weitem in den meisten halten die Vorgänger
keinen Vergleich mit dem neuen Uebersetzer aus. Auch daß derselbe uns hier
nicht alles, was Byron gedichtet hat, darbietet, indem er Unreifes, Mittel¬
mäßiges und Ephemeres wegläßt, ist durchaus zu billigen. Selbst die Weg-
lassung mehrer Dramen, wie „Werner", „Marino Fallen", „die beiden Fvs-
cari" und „der umgestaltete Mißgestaltete" finden wir gerechtfertigt; sie gehören
eben auch nicht zu den Schöpfungen des Dichters, auf die Macaulays Aus¬
spruch Anwendung leidet, nach welchem „selbst bei sorgfältigster Prüfung noch immer
vieles von Lord Byrons Poesien übrigbleiben wird, was nur mit der englischen
Sprache selbst vergehen kann". Die bisher erschienenen vier Bände bringen
die poetischen Erzählungen vollständig, dann den „Ritter Harold", die Mehr¬
zahl der lyrischen Gedichte Byrons und die vier Dramen „Manfred", „Kain",
„Himmel und Erde" und „Sardanapal".


Helge. Ein Gedicht in Romanzen von A. Oehlenschlciger. Uebcrsetzr
von Gottfried v. Leinburg. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. 1866.

Ein dänisches Seitenstück zu Tegners Frithiofssage, in vortreffliche deutsche
Verse übertragen, aber an innerem Werth dem schwedischen Romanzencyklus
nicht gleich, wie denn die Zeit überhaupt vorbei ist, wo man auch in Deutsch¬
land in Oehlschläger den „nordischen Goethe" sah.


Die Lustspiele des Plautus. Deutsch in den Vermaßen der Urschuft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283627"/>
            <p xml:id="ID_750" prev="#ID_749"> gegeben ist. Besonders hübsch ist die Geschichte vom weimarischen Hofkoch<lb/>
de Goullon, dem Verfasser eines Kochbuchs, für dessen Herausgabe sich Goethe<lb/>
interessirte.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Lord Byrons Werke. Uebersetzt von Otto Gildemeister. 1&#x2014;4.<lb/>
Bd.  Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer. 1865.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_751"> Byron muß man im Original lesen, wenn man ihn ganz genießen will.<lb/>
So sagte man sich bisher bei einem Vergleich der Werke des Dichters mit den<lb/>
vorhandenen Übertragungen, namentlich mit den Böttgerschen, und vorzüglich<lb/>
wenn man die lyrischen und epischen Poesien ins Auge faßte. Es schien bei<lb/>
dem Charakter der englischen Sprache nicht leicht, uns den Dichter in diesen<lb/>
Stücken viel näher zu bringen. Gildemeister hat dies geleistet. Feines Ver¬<lb/>
ständniß beider Sprachen, Eingelebtheit in das Empfinden und Denken des<lb/>
großen britischen Poeten, Beherrschung des Deutschen in vollkommenster Weise,<lb/>
ein Ohr für Witz und Wohlklang, ein reicher Wortschatz, um alle Schönheiten<lb/>
seines Gegenstandes, Stimmung, Farbe, Schwung und Gluth, Kraft und<lb/>
Weichheit wiederzugeben, befähigten ihn, uns Byron in einer Weise zu ver¬<lb/>
deutschen, die in der großen Mehrzahl der von ihm übersetzten Gedichte bis an<lb/>
die Grenze des Möglichen geht und seine Arbeit als Ganzes den besten Leistungen<lb/>
deutscher Uebcrsetzerkunst anreiht. Nur in wenigen Fällen scheint Böttger oder<lb/>
Hilscher (der überhaupt überschätzt worden ist) an' einer Stelle mehr Glück im<lb/>
Copiren gehabt zu haben. Bei Weitem in den meisten halten die Vorgänger<lb/>
keinen Vergleich mit dem neuen Uebersetzer aus. Auch daß derselbe uns hier<lb/>
nicht alles, was Byron gedichtet hat, darbietet, indem er Unreifes, Mittel¬<lb/>
mäßiges und Ephemeres wegläßt, ist durchaus zu billigen. Selbst die Weg-<lb/>
lassung mehrer Dramen, wie &#x201E;Werner", &#x201E;Marino Fallen", &#x201E;die beiden Fvs-<lb/>
cari" und &#x201E;der umgestaltete Mißgestaltete" finden wir gerechtfertigt; sie gehören<lb/>
eben auch nicht zu den Schöpfungen des Dichters, auf die Macaulays Aus¬<lb/>
spruch Anwendung leidet, nach welchem &#x201E;selbst bei sorgfältigster Prüfung noch immer<lb/>
vieles von Lord Byrons Poesien übrigbleiben wird, was nur mit der englischen<lb/>
Sprache selbst vergehen kann". Die bisher erschienenen vier Bände bringen<lb/>
die poetischen Erzählungen vollständig, dann den &#x201E;Ritter Harold", die Mehr¬<lb/>
zahl der lyrischen Gedichte Byrons und die vier Dramen &#x201E;Manfred", &#x201E;Kain",<lb/>
&#x201E;Himmel und Erde" und &#x201E;Sardanapal".</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Helge. Ein Gedicht in Romanzen von A. Oehlenschlciger. Uebcrsetzr<lb/>
von Gottfried v. Leinburg.  Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. 1866.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_752"> Ein dänisches Seitenstück zu Tegners Frithiofssage, in vortreffliche deutsche<lb/>
Verse übertragen, aber an innerem Werth dem schwedischen Romanzencyklus<lb/>
nicht gleich, wie denn die Zeit überhaupt vorbei ist, wo man auch in Deutsch¬<lb/>
land in Oehlschläger den &#x201E;nordischen Goethe" sah.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die Lustspiele des Plautus. Deutsch in den Vermaßen der Urschuft</head><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0274] gegeben ist. Besonders hübsch ist die Geschichte vom weimarischen Hofkoch de Goullon, dem Verfasser eines Kochbuchs, für dessen Herausgabe sich Goethe interessirte. Lord Byrons Werke. Uebersetzt von Otto Gildemeister. 1—4. Bd. Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer. 1865. Byron muß man im Original lesen, wenn man ihn ganz genießen will. So sagte man sich bisher bei einem Vergleich der Werke des Dichters mit den vorhandenen Übertragungen, namentlich mit den Böttgerschen, und vorzüglich wenn man die lyrischen und epischen Poesien ins Auge faßte. Es schien bei dem Charakter der englischen Sprache nicht leicht, uns den Dichter in diesen Stücken viel näher zu bringen. Gildemeister hat dies geleistet. Feines Ver¬ ständniß beider Sprachen, Eingelebtheit in das Empfinden und Denken des großen britischen Poeten, Beherrschung des Deutschen in vollkommenster Weise, ein Ohr für Witz und Wohlklang, ein reicher Wortschatz, um alle Schönheiten seines Gegenstandes, Stimmung, Farbe, Schwung und Gluth, Kraft und Weichheit wiederzugeben, befähigten ihn, uns Byron in einer Weise zu ver¬ deutschen, die in der großen Mehrzahl der von ihm übersetzten Gedichte bis an die Grenze des Möglichen geht und seine Arbeit als Ganzes den besten Leistungen deutscher Uebcrsetzerkunst anreiht. Nur in wenigen Fällen scheint Böttger oder Hilscher (der überhaupt überschätzt worden ist) an' einer Stelle mehr Glück im Copiren gehabt zu haben. Bei Weitem in den meisten halten die Vorgänger keinen Vergleich mit dem neuen Uebersetzer aus. Auch daß derselbe uns hier nicht alles, was Byron gedichtet hat, darbietet, indem er Unreifes, Mittel¬ mäßiges und Ephemeres wegläßt, ist durchaus zu billigen. Selbst die Weg- lassung mehrer Dramen, wie „Werner", „Marino Fallen", „die beiden Fvs- cari" und „der umgestaltete Mißgestaltete" finden wir gerechtfertigt; sie gehören eben auch nicht zu den Schöpfungen des Dichters, auf die Macaulays Aus¬ spruch Anwendung leidet, nach welchem „selbst bei sorgfältigster Prüfung noch immer vieles von Lord Byrons Poesien übrigbleiben wird, was nur mit der englischen Sprache selbst vergehen kann". Die bisher erschienenen vier Bände bringen die poetischen Erzählungen vollständig, dann den „Ritter Harold", die Mehr¬ zahl der lyrischen Gedichte Byrons und die vier Dramen „Manfred", „Kain", „Himmel und Erde" und „Sardanapal". Helge. Ein Gedicht in Romanzen von A. Oehlenschlciger. Uebcrsetzr von Gottfried v. Leinburg. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. 1866. Ein dänisches Seitenstück zu Tegners Frithiofssage, in vortreffliche deutsche Verse übertragen, aber an innerem Werth dem schwedischen Romanzencyklus nicht gleich, wie denn die Zeit überhaupt vorbei ist, wo man auch in Deutsch¬ land in Oehlschläger den „nordischen Goethe" sah. Die Lustspiele des Plautus. Deutsch in den Vermaßen der Urschuft

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/274
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/274>, abgerufen am 15.01.2025.