Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.Reise- und Kriegsvilder ans Spanien und Marokko. Reise- und Lcigerbricfe aus Spanien und vom spanischen Heere in Marokko, von A. v. Gocben, k. pr. Generalmajor. Hahn, Hannover. 2 Ehe wir weiter fortfahren in unserm Reisebericht, müssen wir noch einen Einen ganz anderen Charakter als diese drei Städte haben die Küsten Reise- und Kriegsvilder ans Spanien und Marokko. Reise- und Lcigerbricfe aus Spanien und vom spanischen Heere in Marokko, von A. v. Gocben, k. pr. Generalmajor. Hahn, Hannover. 2 Ehe wir weiter fortfahren in unserm Reisebericht, müssen wir noch einen Einen ganz anderen Charakter als diese drei Städte haben die Küsten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0142" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189237"/> </div> <div n="1"> <head> Reise- und Kriegsvilder ans Spanien und Marokko.<lb/> Reise- und Lcigerbricfe aus Spanien und vom spanischen Heere in Marokko, von<lb/> A. v. Gocben, k. pr. Generalmajor. Hahn, Hannover. 2 </head><lb/> <p xml:id="ID_446"> Ehe wir weiter fortfahren in unserm Reisebericht, müssen wir noch einen<lb/> Blick werfen auf die Zustände des Landes, das der Kriegsschauplatz war, und<lb/> auf die beiden Heere, die mit einander kämpften. Das Reich Marokko, ob¬<lb/> gleich nur durch eine schmale Meerenge von Europa getrennt, ist uns weniger<lb/> bekannt, als das im fernen Ostasten liegende China. Für den Europäer<lb/> liegt der Grund dieser Erscheinung in dem strengen Absperrungssystem, wel¬<lb/> ches die Regierung gegen das Ausland befolgt. Gelingt es ihm selbst, diese<lb/> Schranken zu überwinden, so findet er neue Hindernisse in der großen Mangel-<lb/> haftigkeit der selbst die verschiedenen Hauptstädte verbindenden Straßen und<lb/> in der allgemeinen Unsicherheit, welche das Reisen im Innern ebenso beschwer¬<lb/> lich wie gefährlich und eben dadurch selten macht. Unter letzterem Uebelstand<lb/> leidet auch der Eingeborene, und so kommt es denn, daß die Europäer, die<lb/> selten über die Küstenstädte hinauskamen, sich außer Stande sahen, ihre nur<lb/> in einem geringen Umkreise gemachten Erfahrungen durch zuverlässige Berichte<lb/> von Eingeborenen zu ergänzen. Schon über Ausdehnung und Bevölkerungs¬<lb/> zahl des Reiches herrscht die größte Ungewißheit, indem man die erstere auf<lb/> 7—12.000 Quadratmeilen, letztere auf 6—16 Millionen angiebt. Den Kern<lb/> und die größte Masse der Bevölkerung bilden die Berbern, schon zu Beginn der<lb/> historischen Zeit hier wohnhaft. Ihre starkknochige und hohe Gestalt, ihr<lb/> häufig braunes und selbst rothes Haar unterscheidet sie von den Arabern, mit<lb/> denen sie Sprache und Religion- gemein haben. Sie haben aber nicht überall<lb/> reines Blut bewahrt, sondern sich vielfach mit Negern vermischt. Sie haben<lb/> die ganze nordwestliche Hälfte des Reiches, zwischen dem Küstengebirge des<lb/> mittelländischen Meeres und dem Atlas bis zu dessen Abhängen, inne, wohnen<lb/> meistens in Duars und treiben Ackerbau und Viehzucht. In ihrem Gebiet<lb/> befinden sich auch die ansehnlicheren Städte des Reiches, wie Marokko und die<lb/> beiden Sommerresidenzen des Kaisers, Fez und Mekinez.</p><lb/> <p xml:id="ID_447" next="#ID_448"> Einen ganz anderen Charakter als diese drei Städte haben die Küsten<lb/> Städte, deren Einwohnerschaft vielfach von europäischen Elementen durchsetzt<lb/> ist; ursprünglich von europäischen Ansiedlern zu Zwecken des Handels gegrün¬<lb/> det, geriethen sie bei der Eroberung des Landes in die Hand der Araber, und<lb/> dabei verloren ihre Bewohner Religion und Nationalität. Als dann die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
Reise- und Kriegsvilder ans Spanien und Marokko.
Reise- und Lcigerbricfe aus Spanien und vom spanischen Heere in Marokko, von
A. v. Gocben, k. pr. Generalmajor. Hahn, Hannover. 2
Ehe wir weiter fortfahren in unserm Reisebericht, müssen wir noch einen
Blick werfen auf die Zustände des Landes, das der Kriegsschauplatz war, und
auf die beiden Heere, die mit einander kämpften. Das Reich Marokko, ob¬
gleich nur durch eine schmale Meerenge von Europa getrennt, ist uns weniger
bekannt, als das im fernen Ostasten liegende China. Für den Europäer
liegt der Grund dieser Erscheinung in dem strengen Absperrungssystem, wel¬
ches die Regierung gegen das Ausland befolgt. Gelingt es ihm selbst, diese
Schranken zu überwinden, so findet er neue Hindernisse in der großen Mangel-
haftigkeit der selbst die verschiedenen Hauptstädte verbindenden Straßen und
in der allgemeinen Unsicherheit, welche das Reisen im Innern ebenso beschwer¬
lich wie gefährlich und eben dadurch selten macht. Unter letzterem Uebelstand
leidet auch der Eingeborene, und so kommt es denn, daß die Europäer, die
selten über die Küstenstädte hinauskamen, sich außer Stande sahen, ihre nur
in einem geringen Umkreise gemachten Erfahrungen durch zuverlässige Berichte
von Eingeborenen zu ergänzen. Schon über Ausdehnung und Bevölkerungs¬
zahl des Reiches herrscht die größte Ungewißheit, indem man die erstere auf
7—12.000 Quadratmeilen, letztere auf 6—16 Millionen angiebt. Den Kern
und die größte Masse der Bevölkerung bilden die Berbern, schon zu Beginn der
historischen Zeit hier wohnhaft. Ihre starkknochige und hohe Gestalt, ihr
häufig braunes und selbst rothes Haar unterscheidet sie von den Arabern, mit
denen sie Sprache und Religion- gemein haben. Sie haben aber nicht überall
reines Blut bewahrt, sondern sich vielfach mit Negern vermischt. Sie haben
die ganze nordwestliche Hälfte des Reiches, zwischen dem Küstengebirge des
mittelländischen Meeres und dem Atlas bis zu dessen Abhängen, inne, wohnen
meistens in Duars und treiben Ackerbau und Viehzucht. In ihrem Gebiet
befinden sich auch die ansehnlicheren Städte des Reiches, wie Marokko und die
beiden Sommerresidenzen des Kaisers, Fez und Mekinez.
Einen ganz anderen Charakter als diese drei Städte haben die Küsten
Städte, deren Einwohnerschaft vielfach von europäischen Elementen durchsetzt
ist; ursprünglich von europäischen Ansiedlern zu Zwecken des Handels gegrün¬
det, geriethen sie bei der Eroberung des Landes in die Hand der Araber, und
dabei verloren ihre Bewohner Religion und Nationalität. Als dann die
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