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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Der norddeutsche Kanal.

Einer der ersten Gedanken, die Preußen verfolgte, nachdem es für das
deutsche Interesse in den Ländern zwischen Elbe und Königsau das Schwert
gezogen, eine der verheißungsreichstcn Unternehmungen, die es dort ins Auge
faßte und bereits durch Voruntersuchung in Angriff nahm, ist die Anlage eines
für große Schiffe brauchbaren und daher auch Seekriegszwecken zu dienen ge¬
eigneten Kanals, der, quer über die cimbrische Halbinsel geführt, die Nordsee
mit einer der Buchten an der östlichen Küste Schleswig-Holsteins und so mit
dem ganzen weiten baltischen Wasserbecken verbinden würde.

Wie außerordentlich wichtig eine solche Anlage für die Entwicklung Deutsch¬
lands zu einer Seemacht ist, untersuchen wir für jetzt nicht ausführlich. Es
reicht vor der Hand hin, darauf hinzuweisen, daß der Kanal, wie ein Blick auf
die Karte schon dem Laien zeigt, in gehöriger Breite angelegt und an seinen
beiden Endpunkten befestigt, ein sicherer Kriegshafen von bester Lage und eine
unvergleichliche doppelte Ausfallspforte für die künftige deutsche Flotte werden
müßte, und dies, ohne der Nation auch nur den vierten Theil der Geldopfer
aufzuerlegen, welche allein Cherbourg von den Franzosen gefordert hat.

Auch über den etwaigen Lauf dieser neuen deutschen Wasserstraße zu spre¬
chen und Erörterungen anzustellen, ob und warum die eine oder die andere
der vorgeschlagenen Richtungen, eine südlichere oder eine nördlichere, den Vor¬
zug verdient, müssen wir, da diese Fragen von Fachmännern für Fachmänner
zu behandeln sind und überdies das nöthige Material noch nicht gesammelt ist,
hier unterlassen. Es genüge, in dieser Beziehung zu bemerken, daß man nach
den von preußischen Technikern angestellten Terrainbesichtigunge" wahrscheinlich
nicht die Linie Hoyer-Flensburg, noch weniger die zwischen Husum, Schleswig
und Eckernförde und ebensowenig die von Sturz in einer soeben erschienenen
Flugschrift*) empfohlene, die vom Ausfluß der Stör durch Südholstein nach
dem hamelsdvrser See und der lüvischeu Bucht geht, wählen, sondern t"e
Linie von der Elbmündung nach der eckcrnförder Bucht vorziehen wird. Gründe
dafür anzugeben, wird sich künftig Gelegenheit bieten.

Dagegen ist schon jetzt Zeit, auf die hohe Bedeutung aufmerksam zu machen,



-) Der Nord- und Ostsee-Kanal durch Holstein. Deutschlands Doppelpforte zu
seinen Meeren und zum Weltmeere. Mit einem Vorschlag zu einer- neuen Befestigungsweise
der deutschen Strommündungen und Küsten. Von Z. I. Sturz. Berlin. Verlag von Mit¬
scher und'Röstell. 1864.
Grenzboten II. 18K4. 63
Der norddeutsche Kanal.

Einer der ersten Gedanken, die Preußen verfolgte, nachdem es für das
deutsche Interesse in den Ländern zwischen Elbe und Königsau das Schwert
gezogen, eine der verheißungsreichstcn Unternehmungen, die es dort ins Auge
faßte und bereits durch Voruntersuchung in Angriff nahm, ist die Anlage eines
für große Schiffe brauchbaren und daher auch Seekriegszwecken zu dienen ge¬
eigneten Kanals, der, quer über die cimbrische Halbinsel geführt, die Nordsee
mit einer der Buchten an der östlichen Küste Schleswig-Holsteins und so mit
dem ganzen weiten baltischen Wasserbecken verbinden würde.

Wie außerordentlich wichtig eine solche Anlage für die Entwicklung Deutsch¬
lands zu einer Seemacht ist, untersuchen wir für jetzt nicht ausführlich. Es
reicht vor der Hand hin, darauf hinzuweisen, daß der Kanal, wie ein Blick auf
die Karte schon dem Laien zeigt, in gehöriger Breite angelegt und an seinen
beiden Endpunkten befestigt, ein sicherer Kriegshafen von bester Lage und eine
unvergleichliche doppelte Ausfallspforte für die künftige deutsche Flotte werden
müßte, und dies, ohne der Nation auch nur den vierten Theil der Geldopfer
aufzuerlegen, welche allein Cherbourg von den Franzosen gefordert hat.

Auch über den etwaigen Lauf dieser neuen deutschen Wasserstraße zu spre¬
chen und Erörterungen anzustellen, ob und warum die eine oder die andere
der vorgeschlagenen Richtungen, eine südlichere oder eine nördlichere, den Vor¬
zug verdient, müssen wir, da diese Fragen von Fachmännern für Fachmänner
zu behandeln sind und überdies das nöthige Material noch nicht gesammelt ist,
hier unterlassen. Es genüge, in dieser Beziehung zu bemerken, daß man nach
den von preußischen Technikern angestellten Terrainbesichtigunge» wahrscheinlich
nicht die Linie Hoyer-Flensburg, noch weniger die zwischen Husum, Schleswig
und Eckernförde und ebensowenig die von Sturz in einer soeben erschienenen
Flugschrift*) empfohlene, die vom Ausfluß der Stör durch Südholstein nach
dem hamelsdvrser See und der lüvischeu Bucht geht, wählen, sondern t»e
Linie von der Elbmündung nach der eckcrnförder Bucht vorziehen wird. Gründe
dafür anzugeben, wird sich künftig Gelegenheit bieten.

Dagegen ist schon jetzt Zeit, auf die hohe Bedeutung aufmerksam zu machen,



-) Der Nord- und Ostsee-Kanal durch Holstein. Deutschlands Doppelpforte zu
seinen Meeren und zum Weltmeere. Mit einem Vorschlag zu einer- neuen Befestigungsweise
der deutschen Strommündungen und Küsten. Von Z. I. Sturz. Berlin. Verlag von Mit¬
scher und'Röstell. 1864.
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[0505] Der norddeutsche Kanal. Einer der ersten Gedanken, die Preußen verfolgte, nachdem es für das deutsche Interesse in den Ländern zwischen Elbe und Königsau das Schwert gezogen, eine der verheißungsreichstcn Unternehmungen, die es dort ins Auge faßte und bereits durch Voruntersuchung in Angriff nahm, ist die Anlage eines für große Schiffe brauchbaren und daher auch Seekriegszwecken zu dienen ge¬ eigneten Kanals, der, quer über die cimbrische Halbinsel geführt, die Nordsee mit einer der Buchten an der östlichen Küste Schleswig-Holsteins und so mit dem ganzen weiten baltischen Wasserbecken verbinden würde. Wie außerordentlich wichtig eine solche Anlage für die Entwicklung Deutsch¬ lands zu einer Seemacht ist, untersuchen wir für jetzt nicht ausführlich. Es reicht vor der Hand hin, darauf hinzuweisen, daß der Kanal, wie ein Blick auf die Karte schon dem Laien zeigt, in gehöriger Breite angelegt und an seinen beiden Endpunkten befestigt, ein sicherer Kriegshafen von bester Lage und eine unvergleichliche doppelte Ausfallspforte für die künftige deutsche Flotte werden müßte, und dies, ohne der Nation auch nur den vierten Theil der Geldopfer aufzuerlegen, welche allein Cherbourg von den Franzosen gefordert hat. Auch über den etwaigen Lauf dieser neuen deutschen Wasserstraße zu spre¬ chen und Erörterungen anzustellen, ob und warum die eine oder die andere der vorgeschlagenen Richtungen, eine südlichere oder eine nördlichere, den Vor¬ zug verdient, müssen wir, da diese Fragen von Fachmännern für Fachmänner zu behandeln sind und überdies das nöthige Material noch nicht gesammelt ist, hier unterlassen. Es genüge, in dieser Beziehung zu bemerken, daß man nach den von preußischen Technikern angestellten Terrainbesichtigunge» wahrscheinlich nicht die Linie Hoyer-Flensburg, noch weniger die zwischen Husum, Schleswig und Eckernförde und ebensowenig die von Sturz in einer soeben erschienenen Flugschrift*) empfohlene, die vom Ausfluß der Stör durch Südholstein nach dem hamelsdvrser See und der lüvischeu Bucht geht, wählen, sondern t»e Linie von der Elbmündung nach der eckcrnförder Bucht vorziehen wird. Gründe dafür anzugeben, wird sich künftig Gelegenheit bieten. Dagegen ist schon jetzt Zeit, auf die hohe Bedeutung aufmerksam zu machen, -) Der Nord- und Ostsee-Kanal durch Holstein. Deutschlands Doppelpforte zu seinen Meeren und zum Weltmeere. Mit einem Vorschlag zu einer- neuen Befestigungsweise der deutschen Strommündungen und Küsten. Von Z. I. Sturz. Berlin. Verlag von Mit¬ scher und'Röstell. 1864. Grenzboten II. 18K4. 63

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/505>, abgerufen am 23.07.2024.