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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Dann, bei der Wahl von 1860, folgte der 7. nach, und der 8. (der Strich
südöstlich von Tondern), der bis dahin entschieden deutsch gewählt, entschied
sich für einen Deputirten, der keinen bestimmten Parteistandpunkt einnahm.
Nordschleswig 'und selbst ein Theil des Herzogtums, welchen wir im ersten
Capitel zur Südhälfte rechneten, war somit in dieser Beziehung für die deutsche
Partei verloren. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, daß die letztgenannten
beiden Wahlen wegen einiger bei denselben vorgekommenen Ungesetzlichkeiten von
der im Jahr 1863 zusammengetretnen schleswigschen Ständeversammlung an¬
gefochten wurden und mit Anlaß gaben, daß die Majorität ihr Mandat nieder¬
legte und die Versammlung beschlußunfähig wurde.

Aus Vorstehendem ergeben sich nun folgende Resultate:

1) Das Herzogthum Schleswig ist in seinem südlichen Theil von einer
reindeutschen und gegen die Nordgrenze dieses Theils (die tondern-flensburger
Landstraße) hin auf der Landesmitte von einer gemischten Bevölkerung, in seinem
nördlichen Theil von Südjüten. unter denen sich einige Tausend Deutsche an¬
gesiedelt haben, bewohnt.

2) Das ganze Herzogthum zählt in 274 Kirchspielen 409.907 Einwohner,
und davon kommen auf Südschleswig in 154 Kirchspielen 258.059. auf Nord¬
schleswig in 120 Kirchspielen 151,848 Einwohner, d. h. in Verhältnißzahlen
ausgedrückt, auf jenes 63, auf dieses 37 Procent.

3) Bei einer Abstimmung nach der angegebnen Fragstellung (bei der von
einer Theilung des Landes noch nicht die Rede wäre) und unter der Voraus¬
setzung möglichst allgemeiner Betheiligung würden sich wahrscheinlich mehr als
70, vielleicht 75 Piocent der Bevölkerung des Herzogthums im Schleswig-hol-
steinischen und wahrscheinlich 25 bis 30 Procent im dänischen Sinne entscheiden.
Wie die Verhältnisse sich stellen würden, wenn die Frage der Theilung an die
Nordschleswiger heranträte, besprechen wir kurz im nächstfolgenden Capitel.




Die Betheiligung des Bürgers am Kriege.

Die jetzt vom Kriegsschauplatz eingehenden Nachrichten enthalten nur Kla¬
gen über die Widerhaarigkeit der Juden und der dortigen dänischen Beamten
gegen alle, auch die gerechtesten Forderungen der Truppen. Klagen, welche,


Dann, bei der Wahl von 1860, folgte der 7. nach, und der 8. (der Strich
südöstlich von Tondern), der bis dahin entschieden deutsch gewählt, entschied
sich für einen Deputirten, der keinen bestimmten Parteistandpunkt einnahm.
Nordschleswig 'und selbst ein Theil des Herzogtums, welchen wir im ersten
Capitel zur Südhälfte rechneten, war somit in dieser Beziehung für die deutsche
Partei verloren. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, daß die letztgenannten
beiden Wahlen wegen einiger bei denselben vorgekommenen Ungesetzlichkeiten von
der im Jahr 1863 zusammengetretnen schleswigschen Ständeversammlung an¬
gefochten wurden und mit Anlaß gaben, daß die Majorität ihr Mandat nieder¬
legte und die Versammlung beschlußunfähig wurde.

Aus Vorstehendem ergeben sich nun folgende Resultate:

1) Das Herzogthum Schleswig ist in seinem südlichen Theil von einer
reindeutschen und gegen die Nordgrenze dieses Theils (die tondern-flensburger
Landstraße) hin auf der Landesmitte von einer gemischten Bevölkerung, in seinem
nördlichen Theil von Südjüten. unter denen sich einige Tausend Deutsche an¬
gesiedelt haben, bewohnt.

2) Das ganze Herzogthum zählt in 274 Kirchspielen 409.907 Einwohner,
und davon kommen auf Südschleswig in 154 Kirchspielen 258.059. auf Nord¬
schleswig in 120 Kirchspielen 151,848 Einwohner, d. h. in Verhältnißzahlen
ausgedrückt, auf jenes 63, auf dieses 37 Procent.

3) Bei einer Abstimmung nach der angegebnen Fragstellung (bei der von
einer Theilung des Landes noch nicht die Rede wäre) und unter der Voraus¬
setzung möglichst allgemeiner Betheiligung würden sich wahrscheinlich mehr als
70, vielleicht 75 Piocent der Bevölkerung des Herzogthums im Schleswig-hol-
steinischen und wahrscheinlich 25 bis 30 Procent im dänischen Sinne entscheiden.
Wie die Verhältnisse sich stellen würden, wenn die Frage der Theilung an die
Nordschleswiger heranträte, besprechen wir kurz im nächstfolgenden Capitel.




Die Betheiligung des Bürgers am Kriege.

Die jetzt vom Kriegsschauplatz eingehenden Nachrichten enthalten nur Kla¬
gen über die Widerhaarigkeit der Juden und der dortigen dänischen Beamten
gegen alle, auch die gerechtesten Forderungen der Truppen. Klagen, welche,


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[0480] Dann, bei der Wahl von 1860, folgte der 7. nach, und der 8. (der Strich südöstlich von Tondern), der bis dahin entschieden deutsch gewählt, entschied sich für einen Deputirten, der keinen bestimmten Parteistandpunkt einnahm. Nordschleswig 'und selbst ein Theil des Herzogtums, welchen wir im ersten Capitel zur Südhälfte rechneten, war somit in dieser Beziehung für die deutsche Partei verloren. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, daß die letztgenannten beiden Wahlen wegen einiger bei denselben vorgekommenen Ungesetzlichkeiten von der im Jahr 1863 zusammengetretnen schleswigschen Ständeversammlung an¬ gefochten wurden und mit Anlaß gaben, daß die Majorität ihr Mandat nieder¬ legte und die Versammlung beschlußunfähig wurde. Aus Vorstehendem ergeben sich nun folgende Resultate: 1) Das Herzogthum Schleswig ist in seinem südlichen Theil von einer reindeutschen und gegen die Nordgrenze dieses Theils (die tondern-flensburger Landstraße) hin auf der Landesmitte von einer gemischten Bevölkerung, in seinem nördlichen Theil von Südjüten. unter denen sich einige Tausend Deutsche an¬ gesiedelt haben, bewohnt. 2) Das ganze Herzogthum zählt in 274 Kirchspielen 409.907 Einwohner, und davon kommen auf Südschleswig in 154 Kirchspielen 258.059. auf Nord¬ schleswig in 120 Kirchspielen 151,848 Einwohner, d. h. in Verhältnißzahlen ausgedrückt, auf jenes 63, auf dieses 37 Procent. 3) Bei einer Abstimmung nach der angegebnen Fragstellung (bei der von einer Theilung des Landes noch nicht die Rede wäre) und unter der Voraus¬ setzung möglichst allgemeiner Betheiligung würden sich wahrscheinlich mehr als 70, vielleicht 75 Piocent der Bevölkerung des Herzogthums im Schleswig-hol- steinischen und wahrscheinlich 25 bis 30 Procent im dänischen Sinne entscheiden. Wie die Verhältnisse sich stellen würden, wenn die Frage der Theilung an die Nordschleswiger heranträte, besprechen wir kurz im nächstfolgenden Capitel. Die Betheiligung des Bürgers am Kriege. Die jetzt vom Kriegsschauplatz eingehenden Nachrichten enthalten nur Kla¬ gen über die Widerhaarigkeit der Juden und der dortigen dänischen Beamten gegen alle, auch die gerechtesten Forderungen der Truppen. Klagen, welche,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/480>, abgerufen am 23.07.2024.