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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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schaftliche Gut Rehow aus. Von 143 Seelen, welche dieses Gut zählte, zogen
in den genannten zwölf Jahren 83 über das Meer und im Jahre 1863 folgten
noch andere 16 nach.

Daß bei einer ständischen Körperschaft, deren Mitglieder so tief in den
Eigennutz versunken sind und in dem blinden Dienste der materiellen Interessen
kaum noch eine Spur menschlichen Gefühls erkennen lassen, von Regungen der
Vaterlandsliebe nicht die Rede sein kann, wird nicht erst gesagt zu werden
brauchen. Auf einen Antrag, den Gottfried Mussehl, ein patriotischer Bürger
in der Stadt Kröpelin, an die Landtagsversammlung in Sachen Schleswig-
Holsteins richtete, faßte die Ritter- und Landschaft am 13. December einstimmig
den Beschluß, daß sie sich nicht berufen finde, in Fragen auswärtiger Politik
mit einer Aeußerung hervorzugehen, und daß dem Antragsteller seine Eingabe
durch den Landessecretär zurückzugeben sei. Also die Sache des deutschen Va¬
terlandes gehört für die mecklenburgischen Stände zu den Fragen auswärtiger
Politik und nicht einmal bei ihren Acten glauben sie eine Petition dulden zu
können, welche eine Kundgebung über eine deutsche Frage ihnen zumuthet. Es
würde wohl kaum eine feindliche Invasion genügen, um ihnen klar zu machen,
daß deutsche Fragen für die mecklenburgischen Stände auch noch etwas Anderes
sein sollten als Fragen auswärtiger Politik. Und solche Stände soll die meck¬
lenburgische Bevölkerung wirklich für ihre lebendige Vertretung halten und nicht
für die Schatten einer grauen Vorzeit!




Ein Ausflug auf den Kriegsschauplatz in Schleswig-Holstein.

2. Der Uebergang der Preußen über die Schlei. -- Das befreite Schleswig. --
Das Danncwerk. -- Ein Lazarett). -- Das Schlachtfeld von Oeversec. -- Ein
Tag in Flensburg.

Bevor ich die weiteren Aufzeichnungen über meine eignen Beobachtungen
und Erlebnisse während der ersten Kriegswoche folgen lasse, möge die Mitthei¬
lung eines kieler Bekannten über den Uebergang der Preußen über die Schlei,
die von den bisher erschienenen Berichten nicht unwesentlich abweicht, eine
Stelle finden, wäre es auch nur, damit der Vorwurf eines nicht recht praktischen
Verfahrens bei diesem Unternehmen von besser unterrichteter Seite widerlegt
werde. Mein Berichterstatter erzählt:


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schaftliche Gut Rehow aus. Von 143 Seelen, welche dieses Gut zählte, zogen
in den genannten zwölf Jahren 83 über das Meer und im Jahre 1863 folgten
noch andere 16 nach.

Daß bei einer ständischen Körperschaft, deren Mitglieder so tief in den
Eigennutz versunken sind und in dem blinden Dienste der materiellen Interessen
kaum noch eine Spur menschlichen Gefühls erkennen lassen, von Regungen der
Vaterlandsliebe nicht die Rede sein kann, wird nicht erst gesagt zu werden
brauchen. Auf einen Antrag, den Gottfried Mussehl, ein patriotischer Bürger
in der Stadt Kröpelin, an die Landtagsversammlung in Sachen Schleswig-
Holsteins richtete, faßte die Ritter- und Landschaft am 13. December einstimmig
den Beschluß, daß sie sich nicht berufen finde, in Fragen auswärtiger Politik
mit einer Aeußerung hervorzugehen, und daß dem Antragsteller seine Eingabe
durch den Landessecretär zurückzugeben sei. Also die Sache des deutschen Va¬
terlandes gehört für die mecklenburgischen Stände zu den Fragen auswärtiger
Politik und nicht einmal bei ihren Acten glauben sie eine Petition dulden zu
können, welche eine Kundgebung über eine deutsche Frage ihnen zumuthet. Es
würde wohl kaum eine feindliche Invasion genügen, um ihnen klar zu machen,
daß deutsche Fragen für die mecklenburgischen Stände auch noch etwas Anderes
sein sollten als Fragen auswärtiger Politik. Und solche Stände soll die meck¬
lenburgische Bevölkerung wirklich für ihre lebendige Vertretung halten und nicht
für die Schatten einer grauen Vorzeit!




Ein Ausflug auf den Kriegsschauplatz in Schleswig-Holstein.

2. Der Uebergang der Preußen über die Schlei. — Das befreite Schleswig. —
Das Danncwerk. — Ein Lazarett). — Das Schlachtfeld von Oeversec. — Ein
Tag in Flensburg.

Bevor ich die weiteren Aufzeichnungen über meine eignen Beobachtungen
und Erlebnisse während der ersten Kriegswoche folgen lasse, möge die Mitthei¬
lung eines kieler Bekannten über den Uebergang der Preußen über die Schlei,
die von den bisher erschienenen Berichten nicht unwesentlich abweicht, eine
Stelle finden, wäre es auch nur, damit der Vorwurf eines nicht recht praktischen
Verfahrens bei diesem Unternehmen von besser unterrichteter Seite widerlegt
werde. Mein Berichterstatter erzählt:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/385>, abgerufen am 24.07.2024.