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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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kritischen Hilfsmittel erheblich erweitert haben. Alle Vorbereitungen dieser Art,
für musikalische Publicationen nickt gerade gewöhnlich, sind, wie viel Zeit, Mühe
und Kosten sie auch erfordern, von den Verlegern in einer Weise unternommen
und gefordert, welche Zeugniß dafür ablegt, wie hoch sie ihre Aufgabe gefaßt
und wie wohl sie Art und Bedeutung derselben begriffen haben.

Zur Verwerthung des kritischen Apparats bedarf es aber kritischer
Herausgeber. Es kam daraus an. Männer zu finden, welche mit gründlicher
musikalischer Bildung und inniger, bis ins Einzelnste dringender Vertrautheit
mit Beethoven, die man bei tüchtigen Musikern heutzutage wohl voraussetzen
darf, auch allgemein ästhetisches Verständniß, Tact und Jnstinct für das Richtige,
Gewissenhaftigkeit in Beobachten und Feststellen der Ueberlieferung, wissen¬
schaftliches Interesse an der methodischen Lösung jeder einzelnen Aufgabe, kurz
die wesentlichen Eigenschaften vereinigten, durch welche eine erfolgreiche Hand¬
habung der Kritik bedingt wird. Diese Männer haben sich gefunden. Die
großen Instrumental- und Vvcalcomposttionen hat Kapellmeister Nietz
übernommen, der bereits durch seine Theilnahme an den Publicationen der
Bach- und Händelgesellschaft, durch seine Ausgaben von Haydns Sym¬
phonien und Mozarts Concertarien seinen Beruf als Herausgeber be¬
währt und gezeigt hat, daß in ihm ein Philolog verloren gegangen ist, was
sehr zu bedauern sein würde, wenn er nicht Musiker geworden wäre. Die
Redaction der Kammermusik hat Concertmeister David, der Klavierwerte Kapell¬
meister Reinecke übernommen, in die Lieder haben sich Musikdirector Richter,
Selm. Bagge und Franz Espagne getheilt, sämmtlich Musiker, welche
bekannt dafür sind, daß sie nicht blos Musiker und wohl ausgerüstet sind, im
gegebenen Fall, wo Natur und Wesen der Aufgabe ebensosehr wie die vorlie¬
genden Hilfsmittel mit Nothwendigkeit darauf hinführen, auch philologische
Otto Jahr. Kritik zu treiben. ,




Der Gedanke der Personalunion.

Wiederholt und selbst Von aufrichtigen Freunden des Schleswig-holsteinischen
Volkes ist in den letzten Wochen die Frage ventilirt worden, ob nicht durch
das Auskunftsmittel einer bloßen Personalunion zwischen Schleswig-Holstein
und Dänemark beide Theile befriedigt und Zustände geschaffen werden könnten,
welche Dauer versprechen. Ein Theil derer, welche darauf mit Ja antworten,


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kritischen Hilfsmittel erheblich erweitert haben. Alle Vorbereitungen dieser Art,
für musikalische Publicationen nickt gerade gewöhnlich, sind, wie viel Zeit, Mühe
und Kosten sie auch erfordern, von den Verlegern in einer Weise unternommen
und gefordert, welche Zeugniß dafür ablegt, wie hoch sie ihre Aufgabe gefaßt
und wie wohl sie Art und Bedeutung derselben begriffen haben.

Zur Verwerthung des kritischen Apparats bedarf es aber kritischer
Herausgeber. Es kam daraus an. Männer zu finden, welche mit gründlicher
musikalischer Bildung und inniger, bis ins Einzelnste dringender Vertrautheit
mit Beethoven, die man bei tüchtigen Musikern heutzutage wohl voraussetzen
darf, auch allgemein ästhetisches Verständniß, Tact und Jnstinct für das Richtige,
Gewissenhaftigkeit in Beobachten und Feststellen der Ueberlieferung, wissen¬
schaftliches Interesse an der methodischen Lösung jeder einzelnen Aufgabe, kurz
die wesentlichen Eigenschaften vereinigten, durch welche eine erfolgreiche Hand¬
habung der Kritik bedingt wird. Diese Männer haben sich gefunden. Die
großen Instrumental- und Vvcalcomposttionen hat Kapellmeister Nietz
übernommen, der bereits durch seine Theilnahme an den Publicationen der
Bach- und Händelgesellschaft, durch seine Ausgaben von Haydns Sym¬
phonien und Mozarts Concertarien seinen Beruf als Herausgeber be¬
währt und gezeigt hat, daß in ihm ein Philolog verloren gegangen ist, was
sehr zu bedauern sein würde, wenn er nicht Musiker geworden wäre. Die
Redaction der Kammermusik hat Concertmeister David, der Klavierwerte Kapell¬
meister Reinecke übernommen, in die Lieder haben sich Musikdirector Richter,
Selm. Bagge und Franz Espagne getheilt, sämmtlich Musiker, welche
bekannt dafür sind, daß sie nicht blos Musiker und wohl ausgerüstet sind, im
gegebenen Fall, wo Natur und Wesen der Aufgabe ebensosehr wie die vorlie¬
genden Hilfsmittel mit Nothwendigkeit darauf hinführen, auch philologische
Otto Jahr. Kritik zu treiben. ,




Der Gedanke der Personalunion.

Wiederholt und selbst Von aufrichtigen Freunden des Schleswig-holsteinischen
Volkes ist in den letzten Wochen die Frage ventilirt worden, ob nicht durch
das Auskunftsmittel einer bloßen Personalunion zwischen Schleswig-Holstein
und Dänemark beide Theile befriedigt und Zustände geschaffen werden könnten,
welche Dauer versprechen. Ein Theil derer, welche darauf mit Ja antworten,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/321>, abgerufen am 27.06.2024.