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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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eine östreichische Verordnung vom Jahre 1853 berufen. Gestützt auf die klaren
Bestimmungen einmal des Zollvcrtrags von 1853, dann des Münzvcrtrags
vom 24. Jan. 1857, endlich des kaiserlichen Patents vom 27. Apr. 1858
verlangen die Petenten, welche sich an das Finanzministerium um dessen Ver¬
mittlung gewandt haben, Abhülfe gegen ein so vertragswidriges Verfahren, und
die Eingabe der reutlinger Handelskammer fügte in ihrer Eingabe die bezeich¬
nenden Worte hinzu: "Würde sich Oestreich weigern, die diesfalls bestehenden
Hindernisse zu beseitigen, so müssen wir gestehen, daß wir unsrerseits dann
nicht einzusehen vermochten, warum wir uns länger für Modification des Pa¬
/. ragraph 31 des französischen Handelsvertrags bemühen sollten."




Washington und Richmond während des Krieges.
3. Richmond und die Gesellschaft im Süden. -- Die Führer. - Die
Gefangenen.

Wenn wir uns jetzt mit dem Verfasser des Aufsatzes im "Cornhill
Magazine" nach Richmond wenden und hier einen höhern Patriotismus
und größere Ehrlichkeit als in Washington zu finden hoffen, so werden unsere
Erwartungen sich kaum verwirklichen.

Wie eifrig und aufopfernd auch einzelne von den Führern hier für ihre
Sache gewirkt haben mögen, die Mittel und Wege, durch welche die Secession
gefordert wurde, waren nicht der Art. daß eine unparteiische Geschichtschrei¬
bung sie -- von dem Recht oder Unrecht der Sonderbundsstaatcn ganz ab¬
gesehen - durchweg billigen könnte. Die Wurzel des Abfalls war Kabale,
im Finstern schleichender Verrath. Beamte und Offiziere wurden meineidig,
als sie sich der Sache des Südens anschlössen. Ein Minister der Union wirkte
für die werdende Consöderation durch Handlungen, die das Brandmal des
Diebstahls an sich trugen. Der Kampf ist ein Streit um Interessen, gegrün¬
det auf rivalisirenden Ehrgeiz. Jede Partei ist durch und durch erglüht, jede
fest überzeugt, das Recht auf ihrer Seite zu haben, jede hat große Opfer ge¬
bracht, und jede ruft für sich die höchsten Mächte, Gott, Freiheit und Huma¬
nität an. Aber weder in dem Feldgeschrei "Union" aus der einen Seite, noch


eine östreichische Verordnung vom Jahre 1853 berufen. Gestützt auf die klaren
Bestimmungen einmal des Zollvcrtrags von 1853, dann des Münzvcrtrags
vom 24. Jan. 1857, endlich des kaiserlichen Patents vom 27. Apr. 1858
verlangen die Petenten, welche sich an das Finanzministerium um dessen Ver¬
mittlung gewandt haben, Abhülfe gegen ein so vertragswidriges Verfahren, und
die Eingabe der reutlinger Handelskammer fügte in ihrer Eingabe die bezeich¬
nenden Worte hinzu: „Würde sich Oestreich weigern, die diesfalls bestehenden
Hindernisse zu beseitigen, so müssen wir gestehen, daß wir unsrerseits dann
nicht einzusehen vermochten, warum wir uns länger für Modification des Pa¬
/. ragraph 31 des französischen Handelsvertrags bemühen sollten."




Washington und Richmond während des Krieges.
3. Richmond und die Gesellschaft im Süden. — Die Führer. - Die
Gefangenen.

Wenn wir uns jetzt mit dem Verfasser des Aufsatzes im „Cornhill
Magazine" nach Richmond wenden und hier einen höhern Patriotismus
und größere Ehrlichkeit als in Washington zu finden hoffen, so werden unsere
Erwartungen sich kaum verwirklichen.

Wie eifrig und aufopfernd auch einzelne von den Führern hier für ihre
Sache gewirkt haben mögen, die Mittel und Wege, durch welche die Secession
gefordert wurde, waren nicht der Art. daß eine unparteiische Geschichtschrei¬
bung sie — von dem Recht oder Unrecht der Sonderbundsstaatcn ganz ab¬
gesehen - durchweg billigen könnte. Die Wurzel des Abfalls war Kabale,
im Finstern schleichender Verrath. Beamte und Offiziere wurden meineidig,
als sie sich der Sache des Südens anschlössen. Ein Minister der Union wirkte
für die werdende Consöderation durch Handlungen, die das Brandmal des
Diebstahls an sich trugen. Der Kampf ist ein Streit um Interessen, gegrün¬
det auf rivalisirenden Ehrgeiz. Jede Partei ist durch und durch erglüht, jede
fest überzeugt, das Recht auf ihrer Seite zu haben, jede hat große Opfer ge¬
bracht, und jede ruft für sich die höchsten Mächte, Gott, Freiheit und Huma¬
nität an. Aber weder in dem Feldgeschrei „Union" aus der einen Seite, noch


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[0497] eine östreichische Verordnung vom Jahre 1853 berufen. Gestützt auf die klaren Bestimmungen einmal des Zollvcrtrags von 1853, dann des Münzvcrtrags vom 24. Jan. 1857, endlich des kaiserlichen Patents vom 27. Apr. 1858 verlangen die Petenten, welche sich an das Finanzministerium um dessen Ver¬ mittlung gewandt haben, Abhülfe gegen ein so vertragswidriges Verfahren, und die Eingabe der reutlinger Handelskammer fügte in ihrer Eingabe die bezeich¬ nenden Worte hinzu: „Würde sich Oestreich weigern, die diesfalls bestehenden Hindernisse zu beseitigen, so müssen wir gestehen, daß wir unsrerseits dann nicht einzusehen vermochten, warum wir uns länger für Modification des Pa¬ /. ragraph 31 des französischen Handelsvertrags bemühen sollten." Washington und Richmond während des Krieges. 3. Richmond und die Gesellschaft im Süden. — Die Führer. - Die Gefangenen. Wenn wir uns jetzt mit dem Verfasser des Aufsatzes im „Cornhill Magazine" nach Richmond wenden und hier einen höhern Patriotismus und größere Ehrlichkeit als in Washington zu finden hoffen, so werden unsere Erwartungen sich kaum verwirklichen. Wie eifrig und aufopfernd auch einzelne von den Führern hier für ihre Sache gewirkt haben mögen, die Mittel und Wege, durch welche die Secession gefordert wurde, waren nicht der Art. daß eine unparteiische Geschichtschrei¬ bung sie — von dem Recht oder Unrecht der Sonderbundsstaatcn ganz ab¬ gesehen - durchweg billigen könnte. Die Wurzel des Abfalls war Kabale, im Finstern schleichender Verrath. Beamte und Offiziere wurden meineidig, als sie sich der Sache des Südens anschlössen. Ein Minister der Union wirkte für die werdende Consöderation durch Handlungen, die das Brandmal des Diebstahls an sich trugen. Der Kampf ist ein Streit um Interessen, gegrün¬ det auf rivalisirenden Ehrgeiz. Jede Partei ist durch und durch erglüht, jede fest überzeugt, das Recht auf ihrer Seite zu haben, jede hat große Opfer ge¬ bracht, und jede ruft für sich die höchsten Mächte, Gott, Freiheit und Huma¬ nität an. Aber weder in dem Feldgeschrei „Union" aus der einen Seite, noch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/497>, abgerufen am 24.11.2024.