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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Auf seinem Gut lebte er in stiller Zurückgezogenheit, die politischen Ver¬
hältnisse mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgend, seine Zeit erwartend.

Und jetzt durch den Tod .des Königs von Dänemark und den Verzicht
seines Vaters, durch Erbrecht und Recht seines Volkes Herzog von Schleswig-
Holstein, hat er eine öffentliche politische Thätigkeit mit der Besonnenheit und
dem festen Entschluß, welche ein Grundzug seines Wesens sind, begonnen.
Vierunddreißig Jahr alt. in der Blüthe seiner Kraft, eine stattliche Gestalt, ein
ernster Geist, vorzüglich geeignet für Geschäfte, kurz und. fest bei den Sachen,
kaltblütig, ehrlich, gewissenhaft, die Augen unverrückt auf einen Punkt gerichtet, ist
er, soweit menschliches Urtheil reicht, genau der Mann, wie die Lage der Dinge ihn
erheischt und unsre Nation für diese nationale Sache ihn wünschen muß, Die
Schritte, welche er bis jetzt gethan, haben überall eine günstige Meinung für
ihn erweckt, und soweit seine Persönlichkeit und die seiner Umgebung einen
guten Ausgang des beginnenden großen Kampfes herbeizuführen vermögen,
"wird gemacht werden, was gemacht werden kann", -- daraus mögen die Deut¬
schen vertrauen.




Per Kongreß und Schleswig-Holstein.

Während alle Theilnahme und Aufmerksamkeit des preußischen Volkes ge¬
richtet ist auf einen innern Conflict, dessen zunehmende Schärfe und Bitter¬
keit die Hoffnung auf eine befriedigende Lösung in weite Ferne gerückt hat,
während.Oestreichs leichtfertiges und unverantwortliches Vorgehen die Rivalität
der beiden deutschen Großmächte zu einer Schroffheit gesteigert hat, die einen
Augenblick von einem Abbruch aller freundschaftlichen Beziehungen nicht weit
entfernt war, während so die Kräfte Deutschlands theils gelähmt, theils zer¬
stückelt und unter sich uneinig sind, haben Ereignisse stattgefunden, welche Deutsch¬
land die Verpflichtung auflegen, alle seine Kräfte zu sammeln und zu einem
entscheidenden Kampfe bereit zu halten.

Aus der polnischen Frage ist die Congreßfrage geworden. Der Aufforderung
des Kaisers Napoleon gegenüber haben Preußen und Oestreich einen Entschluß
zu fassen, der deshalb besonders schwierig zu fassen ist, weil über die Tragweite
der kaiserlichen Einladung völlige Ungewißheit herrscht.


Auf seinem Gut lebte er in stiller Zurückgezogenheit, die politischen Ver¬
hältnisse mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgend, seine Zeit erwartend.

Und jetzt durch den Tod .des Königs von Dänemark und den Verzicht
seines Vaters, durch Erbrecht und Recht seines Volkes Herzog von Schleswig-
Holstein, hat er eine öffentliche politische Thätigkeit mit der Besonnenheit und
dem festen Entschluß, welche ein Grundzug seines Wesens sind, begonnen.
Vierunddreißig Jahr alt. in der Blüthe seiner Kraft, eine stattliche Gestalt, ein
ernster Geist, vorzüglich geeignet für Geschäfte, kurz und. fest bei den Sachen,
kaltblütig, ehrlich, gewissenhaft, die Augen unverrückt auf einen Punkt gerichtet, ist
er, soweit menschliches Urtheil reicht, genau der Mann, wie die Lage der Dinge ihn
erheischt und unsre Nation für diese nationale Sache ihn wünschen muß, Die
Schritte, welche er bis jetzt gethan, haben überall eine günstige Meinung für
ihn erweckt, und soweit seine Persönlichkeit und die seiner Umgebung einen
guten Ausgang des beginnenden großen Kampfes herbeizuführen vermögen,
„wird gemacht werden, was gemacht werden kann", — daraus mögen die Deut¬
schen vertrauen.




Per Kongreß und Schleswig-Holstein.

Während alle Theilnahme und Aufmerksamkeit des preußischen Volkes ge¬
richtet ist auf einen innern Conflict, dessen zunehmende Schärfe und Bitter¬
keit die Hoffnung auf eine befriedigende Lösung in weite Ferne gerückt hat,
während.Oestreichs leichtfertiges und unverantwortliches Vorgehen die Rivalität
der beiden deutschen Großmächte zu einer Schroffheit gesteigert hat, die einen
Augenblick von einem Abbruch aller freundschaftlichen Beziehungen nicht weit
entfernt war, während so die Kräfte Deutschlands theils gelähmt, theils zer¬
stückelt und unter sich uneinig sind, haben Ereignisse stattgefunden, welche Deutsch¬
land die Verpflichtung auflegen, alle seine Kräfte zu sammeln und zu einem
entscheidenden Kampfe bereit zu halten.

Aus der polnischen Frage ist die Congreßfrage geworden. Der Aufforderung
des Kaisers Napoleon gegenüber haben Preußen und Oestreich einen Entschluß
zu fassen, der deshalb besonders schwierig zu fassen ist, weil über die Tragweite
der kaiserlichen Einladung völlige Ungewißheit herrscht.


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[0360] Auf seinem Gut lebte er in stiller Zurückgezogenheit, die politischen Ver¬ hältnisse mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgend, seine Zeit erwartend. Und jetzt durch den Tod .des Königs von Dänemark und den Verzicht seines Vaters, durch Erbrecht und Recht seines Volkes Herzog von Schleswig- Holstein, hat er eine öffentliche politische Thätigkeit mit der Besonnenheit und dem festen Entschluß, welche ein Grundzug seines Wesens sind, begonnen. Vierunddreißig Jahr alt. in der Blüthe seiner Kraft, eine stattliche Gestalt, ein ernster Geist, vorzüglich geeignet für Geschäfte, kurz und. fest bei den Sachen, kaltblütig, ehrlich, gewissenhaft, die Augen unverrückt auf einen Punkt gerichtet, ist er, soweit menschliches Urtheil reicht, genau der Mann, wie die Lage der Dinge ihn erheischt und unsre Nation für diese nationale Sache ihn wünschen muß, Die Schritte, welche er bis jetzt gethan, haben überall eine günstige Meinung für ihn erweckt, und soweit seine Persönlichkeit und die seiner Umgebung einen guten Ausgang des beginnenden großen Kampfes herbeizuführen vermögen, „wird gemacht werden, was gemacht werden kann", — daraus mögen die Deut¬ schen vertrauen. Per Kongreß und Schleswig-Holstein. Während alle Theilnahme und Aufmerksamkeit des preußischen Volkes ge¬ richtet ist auf einen innern Conflict, dessen zunehmende Schärfe und Bitter¬ keit die Hoffnung auf eine befriedigende Lösung in weite Ferne gerückt hat, während.Oestreichs leichtfertiges und unverantwortliches Vorgehen die Rivalität der beiden deutschen Großmächte zu einer Schroffheit gesteigert hat, die einen Augenblick von einem Abbruch aller freundschaftlichen Beziehungen nicht weit entfernt war, während so die Kräfte Deutschlands theils gelähmt, theils zer¬ stückelt und unter sich uneinig sind, haben Ereignisse stattgefunden, welche Deutsch¬ land die Verpflichtung auflegen, alle seine Kräfte zu sammeln und zu einem entscheidenden Kampfe bereit zu halten. Aus der polnischen Frage ist die Congreßfrage geworden. Der Aufforderung des Kaisers Napoleon gegenüber haben Preußen und Oestreich einen Entschluß zu fassen, der deshalb besonders schwierig zu fassen ist, weil über die Tragweite der kaiserlichen Einladung völlige Ungewißheit herrscht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/360>, abgerufen am 15.01.2025.