Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nach den gesammten Lebensanschauungen ihrer Teilnehmer, wenn man sich
nicht gottlob sagen könnte, daß diese Versammlungen der katholischen Vereine
nicht das katholische Deutschland, auch nicht einen größern Bruchtheil seiner
katholischen Bewohner, sondern nur eine freilich sehr thätige und nicht un¬
mächtige Partei repräsentiren, die Partei des Katholicismus, nicht wie er in
den Gemüthern seiner meisten Bekenner lebt und empfunden wird, sondern
wie er nach den Bestrebungen Einzelner gestaltet und empfunden werden sollte.
Dieser Katholicismus aber steht nicht, wie Manche meinen, dem Protestantis¬
mus als eine dogmatische Verschiedenheit gegenüber, über die man streiten
und allenfalls sich einigen könnte, sondern als ein entgegengesetztes Weltprincip,
und wenn gewisse hochkirchliche Protestanten in ihrer Hinneigung zur katholi¬
schen Hierarchie versichern, die Differenz sei gar nicht so groß, sie lasse sich
äisMwnäo und eoiriüvenäv schon ausgleichen, so meinen wir, sie sei freilich
nicht größer als der Unterschied des u, vom t: dieser Katholicismus wendet
sich an den sinnlichen, der Protestantismus an den sittlichen Menschen. Siehe
da zwei verschiedene Welten.

Genug von diesem Gustav-Adolf-Verein. Aber nicht genug, wenn nicht den
freundlichen Lübeckern noch ein Dank gezollt wird für ihre liebenswürdige Gast¬
lichkeit, wie man sie in solcher Weise doch eben nur in unserm Norden fin¬
den kann.




Die Resornmcte und die Nntionalpartei.

Aus

Die östreichische Nesormacte ist todt, und wird in dieser Form nicht wieder
zum Leben gebracht werden. Trotz des Aufgebots der fürstlichen Persönlich¬
keiten ist sie rasch dem Schicksal des Delegirtenprojects versallen. Welches auch
die verschiedenen Motive waren, von denen die negirendcn Regierungen aus¬
gingen, in letzter Instanz ist sie an der innern Unmöglichkeit der Sache selbst
gescheitert, an derselben Unmöglichkeit, an welcher auch künftig jedes sogenannte
großdeutsche Reformproject scheitern wird. Kläglicher aber konnte der Rückzug
nicht gedeckt werden, als durch die officiöse wiener Erklärung, daß die Reform-


4*

nach den gesammten Lebensanschauungen ihrer Teilnehmer, wenn man sich
nicht gottlob sagen könnte, daß diese Versammlungen der katholischen Vereine
nicht das katholische Deutschland, auch nicht einen größern Bruchtheil seiner
katholischen Bewohner, sondern nur eine freilich sehr thätige und nicht un¬
mächtige Partei repräsentiren, die Partei des Katholicismus, nicht wie er in
den Gemüthern seiner meisten Bekenner lebt und empfunden wird, sondern
wie er nach den Bestrebungen Einzelner gestaltet und empfunden werden sollte.
Dieser Katholicismus aber steht nicht, wie Manche meinen, dem Protestantis¬
mus als eine dogmatische Verschiedenheit gegenüber, über die man streiten
und allenfalls sich einigen könnte, sondern als ein entgegengesetztes Weltprincip,
und wenn gewisse hochkirchliche Protestanten in ihrer Hinneigung zur katholi¬
schen Hierarchie versichern, die Differenz sei gar nicht so groß, sie lasse sich
äisMwnäo und eoiriüvenäv schon ausgleichen, so meinen wir, sie sei freilich
nicht größer als der Unterschied des u, vom t: dieser Katholicismus wendet
sich an den sinnlichen, der Protestantismus an den sittlichen Menschen. Siehe
da zwei verschiedene Welten.

Genug von diesem Gustav-Adolf-Verein. Aber nicht genug, wenn nicht den
freundlichen Lübeckern noch ein Dank gezollt wird für ihre liebenswürdige Gast¬
lichkeit, wie man sie in solcher Weise doch eben nur in unserm Norden fin¬
den kann.




Die Resornmcte und die Nntionalpartei.

Aus

Die östreichische Nesormacte ist todt, und wird in dieser Form nicht wieder
zum Leben gebracht werden. Trotz des Aufgebots der fürstlichen Persönlich¬
keiten ist sie rasch dem Schicksal des Delegirtenprojects versallen. Welches auch
die verschiedenen Motive waren, von denen die negirendcn Regierungen aus¬
gingen, in letzter Instanz ist sie an der innern Unmöglichkeit der Sache selbst
gescheitert, an derselben Unmöglichkeit, an welcher auch künftig jedes sogenannte
großdeutsche Reformproject scheitern wird. Kläglicher aber konnte der Rückzug
nicht gedeckt werden, als durch die officiöse wiener Erklärung, daß die Reform-


4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0035" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115963"/>
          <p xml:id="ID_77" prev="#ID_76"> nach den gesammten Lebensanschauungen ihrer Teilnehmer, wenn man sich<lb/>
nicht gottlob sagen könnte, daß diese Versammlungen der katholischen Vereine<lb/>
nicht das katholische Deutschland, auch nicht einen größern Bruchtheil seiner<lb/>
katholischen Bewohner, sondern nur eine freilich sehr thätige und nicht un¬<lb/>
mächtige Partei repräsentiren, die Partei des Katholicismus, nicht wie er in<lb/>
den Gemüthern seiner meisten Bekenner lebt und empfunden wird, sondern<lb/>
wie er nach den Bestrebungen Einzelner gestaltet und empfunden werden sollte.<lb/>
Dieser Katholicismus aber steht nicht, wie Manche meinen, dem Protestantis¬<lb/>
mus als eine dogmatische Verschiedenheit gegenüber, über die man streiten<lb/>
und allenfalls sich einigen könnte, sondern als ein entgegengesetztes Weltprincip,<lb/>
und wenn gewisse hochkirchliche Protestanten in ihrer Hinneigung zur katholi¬<lb/>
schen Hierarchie versichern, die Differenz sei gar nicht so groß, sie lasse sich<lb/>
äisMwnäo und eoiriüvenäv schon ausgleichen, so meinen wir, sie sei freilich<lb/>
nicht größer als der Unterschied des u, vom t: dieser Katholicismus wendet<lb/>
sich an den sinnlichen, der Protestantismus an den sittlichen Menschen. Siehe<lb/>
da zwei verschiedene Welten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_78"> Genug von diesem Gustav-Adolf-Verein. Aber nicht genug, wenn nicht den<lb/>
freundlichen Lübeckern noch ein Dank gezollt wird für ihre liebenswürdige Gast¬<lb/>
lichkeit, wie man sie in solcher Weise doch eben nur in unserm Norden fin¬<lb/>
den kann.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Resornmcte und die Nntionalpartei.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_79"> Aus</p><lb/>
          <p xml:id="ID_80" next="#ID_81"> Die östreichische Nesormacte ist todt, und wird in dieser Form nicht wieder<lb/>
zum Leben gebracht werden. Trotz des Aufgebots der fürstlichen Persönlich¬<lb/>
keiten ist sie rasch dem Schicksal des Delegirtenprojects versallen. Welches auch<lb/>
die verschiedenen Motive waren, von denen die negirendcn Regierungen aus¬<lb/>
gingen, in letzter Instanz ist sie an der innern Unmöglichkeit der Sache selbst<lb/>
gescheitert, an derselben Unmöglichkeit, an welcher auch künftig jedes sogenannte<lb/>
großdeutsche Reformproject scheitern wird. Kläglicher aber konnte der Rückzug<lb/>
nicht gedeckt werden, als durch die officiöse wiener Erklärung, daß die Reform-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 4*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0035] nach den gesammten Lebensanschauungen ihrer Teilnehmer, wenn man sich nicht gottlob sagen könnte, daß diese Versammlungen der katholischen Vereine nicht das katholische Deutschland, auch nicht einen größern Bruchtheil seiner katholischen Bewohner, sondern nur eine freilich sehr thätige und nicht un¬ mächtige Partei repräsentiren, die Partei des Katholicismus, nicht wie er in den Gemüthern seiner meisten Bekenner lebt und empfunden wird, sondern wie er nach den Bestrebungen Einzelner gestaltet und empfunden werden sollte. Dieser Katholicismus aber steht nicht, wie Manche meinen, dem Protestantis¬ mus als eine dogmatische Verschiedenheit gegenüber, über die man streiten und allenfalls sich einigen könnte, sondern als ein entgegengesetztes Weltprincip, und wenn gewisse hochkirchliche Protestanten in ihrer Hinneigung zur katholi¬ schen Hierarchie versichern, die Differenz sei gar nicht so groß, sie lasse sich äisMwnäo und eoiriüvenäv schon ausgleichen, so meinen wir, sie sei freilich nicht größer als der Unterschied des u, vom t: dieser Katholicismus wendet sich an den sinnlichen, der Protestantismus an den sittlichen Menschen. Siehe da zwei verschiedene Welten. Genug von diesem Gustav-Adolf-Verein. Aber nicht genug, wenn nicht den freundlichen Lübeckern noch ein Dank gezollt wird für ihre liebenswürdige Gast¬ lichkeit, wie man sie in solcher Weise doch eben nur in unserm Norden fin¬ den kann. Die Resornmcte und die Nntionalpartei. Aus Die östreichische Nesormacte ist todt, und wird in dieser Form nicht wieder zum Leben gebracht werden. Trotz des Aufgebots der fürstlichen Persönlich¬ keiten ist sie rasch dem Schicksal des Delegirtenprojects versallen. Welches auch die verschiedenen Motive waren, von denen die negirendcn Regierungen aus¬ gingen, in letzter Instanz ist sie an der innern Unmöglichkeit der Sache selbst gescheitert, an derselben Unmöglichkeit, an welcher auch künftig jedes sogenannte großdeutsche Reformproject scheitern wird. Kläglicher aber konnte der Rückzug nicht gedeckt werden, als durch die officiöse wiener Erklärung, daß die Reform- 4*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/35
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/35>, abgerufen am 15.01.2025.