Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Vermischte Literatur. Baden unter den Großherzogen Karl Friedrich, Karl, Ludwig 1 738--1830. Acht öffentliche Vorträge von Friedrich v. Wenns. Freiburg i. Br. Fr. Wagnersche Buchhandlung, 1863. 109 S. Eine sehr lescnewerthc kleine Schrift, inhaltreich, mancherlei Neues zur Charakteristik Vermischte Literatur. Baden unter den Großherzogen Karl Friedrich, Karl, Ludwig 1 738—1830. Acht öffentliche Vorträge von Friedrich v. Wenns. Freiburg i. Br. Fr. Wagnersche Buchhandlung, 1863. 109 S. Eine sehr lescnewerthc kleine Schrift, inhaltreich, mancherlei Neues zur Charakteristik <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0327" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116255"/> </div> <div n="1"> <head> Vermischte Literatur.</head><lb/> <div n="2"> <head> Baden unter den Großherzogen Karl Friedrich, Karl, Ludwig<lb/> 1 738—1830. Acht öffentliche Vorträge von Friedrich v. Wenns. Freiburg i. Br.<lb/> Fr. Wagnersche Buchhandlung, 1863. 109 S.</head><lb/> <p xml:id="ID_1111" next="#ID_1112"> Eine sehr lescnewerthc kleine Schrift, inhaltreich, mancherlei Neues zur Charakteristik<lb/> der vom Titel genannten badischen Regenten und ihrer Minister enthaltend, außer¬<lb/> dem anziehend geschrieben. Bon besondrem Interesse sind die Abschnitte, welche die<lb/> diplomatischen Kämpfe um die Erhaltung des badischen Territoriums gegen die<lb/> Ansprüche Bayerns aus den Norden des Großycrzogthums schildern, Ansprüche, die<lb/> sich theils aus den zwischen Oestreich und Bayern am 3. Juni 1814 zu Paris ab¬<lb/> geschlossenen Separatvcrtrag, theils auf Rechte gründeten, welche aus dem Erbschaft¬<lb/> streit um die Grafschaft Sponheim hergeleitet wurden. Auch die Art und Weise,<lb/> wie Baden zu einer Verfassung kam, zum Theil mit jenem Kampf zusammenhängend,<lb/> und die ersten Stadien konstitutionellen Lebens unter Großherzog Ludwig, von dem<lb/> sich beiläufig noch mehr Ungünstiges hätte beibringen lassen, als der Verfasser für<lb/> gut befunden hat, sind gut dargestellt. Sehr bezeichnend für die Denkart damaliger<lb/> deutscher Fürsten ist der S. 38 mitgetheilte Brief des Großherzogs Karl an Napoleon,<lb/> dessen Concept dem Verfasser vorlag, und in welchem jener sich über seine Vermäh¬<lb/> lung mit der Adoptivtochtcr des Kaisers, der nachmaligen Großherzogin Stephanie,<lb/> und die Erwartungen, die er an diesen Act knüpfte, in äußerst charakteristischen<lb/> Worten äußert. Er hatte diese Heirath aus rein politischen Gründen und ohne<lb/> Neigung geschlossen. Nur die Hoffnung, durch dieselbe sein Land und seine Macht<lb/> zu vergrößern, hatte ihn dazu bewogen. „Ich betrachtete meine Verheirathung als<lb/> eine Sache der Politik, und ich kann sie nicht anders betrachten", schreibt er in<lb/> jenem Briefe an Napoleon, der wahrscheinlich aus dem Jahre 1808 ist. Nicht nur<lb/> die Markgräfin-Mutter, „eine charakterfeste, starksinnige Frau, voll Ehrgeiz und<lb/> Selbstgefühl", wie sie ein Zeitgenosse nennt, auch andere Familienglieder hatten sich<lb/> gegen diese Verbindung erklärt, die sie nicht für standesgemäß hielten. Die Kaiserin<lb/> von Rußland vor Allem — „sie will sich nicht mehr als meine Schwester ansehen",<lb/> heißt es in dem Briefe. „Ich weiß es, da sie es mir geschrieben hat", woraus Karl<lb/> fortfährt: „Ich wußte von Anfang an, daß ich mich durch die Verbindung mit<lb/> Ihrem Hause von allen andern trennen würde". — „Ew. Majestät," sagt er an<lb/> einer andern Stelle, »gaben meinem Großvater, meiner Mutter und mir schöne<lb/> Versprechungen. Wir sollten durch das erste Object, welches disponibel würde, ver¬<lb/> größert werden". Zuerst habe man in Karlsruhe an das Herzogthum Berg gedacht,<lb/> wirst er dem Kaiser vor — darüber sei aber anders verfügt worden. Dann an<lb/> Nürnberg und Frankfurt — „auch kein Erfolg." Ferner an Aschaffenburg — „es<lb/> ist für einen anderen Ihrer Verwandten bestimmt." An Neufchatel, „welches uns<lb/> seit hundert Jahren gehören sollte — es ist für einen Ihrer Minister bestimmt." —<lb/> Endlich habe der Kaiser das sürstenbergische Gebiet zugesagt, da aber habe es sich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0327]
Vermischte Literatur.
Baden unter den Großherzogen Karl Friedrich, Karl, Ludwig
1 738—1830. Acht öffentliche Vorträge von Friedrich v. Wenns. Freiburg i. Br.
Fr. Wagnersche Buchhandlung, 1863. 109 S.
Eine sehr lescnewerthc kleine Schrift, inhaltreich, mancherlei Neues zur Charakteristik
der vom Titel genannten badischen Regenten und ihrer Minister enthaltend, außer¬
dem anziehend geschrieben. Bon besondrem Interesse sind die Abschnitte, welche die
diplomatischen Kämpfe um die Erhaltung des badischen Territoriums gegen die
Ansprüche Bayerns aus den Norden des Großycrzogthums schildern, Ansprüche, die
sich theils aus den zwischen Oestreich und Bayern am 3. Juni 1814 zu Paris ab¬
geschlossenen Separatvcrtrag, theils auf Rechte gründeten, welche aus dem Erbschaft¬
streit um die Grafschaft Sponheim hergeleitet wurden. Auch die Art und Weise,
wie Baden zu einer Verfassung kam, zum Theil mit jenem Kampf zusammenhängend,
und die ersten Stadien konstitutionellen Lebens unter Großherzog Ludwig, von dem
sich beiläufig noch mehr Ungünstiges hätte beibringen lassen, als der Verfasser für
gut befunden hat, sind gut dargestellt. Sehr bezeichnend für die Denkart damaliger
deutscher Fürsten ist der S. 38 mitgetheilte Brief des Großherzogs Karl an Napoleon,
dessen Concept dem Verfasser vorlag, und in welchem jener sich über seine Vermäh¬
lung mit der Adoptivtochtcr des Kaisers, der nachmaligen Großherzogin Stephanie,
und die Erwartungen, die er an diesen Act knüpfte, in äußerst charakteristischen
Worten äußert. Er hatte diese Heirath aus rein politischen Gründen und ohne
Neigung geschlossen. Nur die Hoffnung, durch dieselbe sein Land und seine Macht
zu vergrößern, hatte ihn dazu bewogen. „Ich betrachtete meine Verheirathung als
eine Sache der Politik, und ich kann sie nicht anders betrachten", schreibt er in
jenem Briefe an Napoleon, der wahrscheinlich aus dem Jahre 1808 ist. Nicht nur
die Markgräfin-Mutter, „eine charakterfeste, starksinnige Frau, voll Ehrgeiz und
Selbstgefühl", wie sie ein Zeitgenosse nennt, auch andere Familienglieder hatten sich
gegen diese Verbindung erklärt, die sie nicht für standesgemäß hielten. Die Kaiserin
von Rußland vor Allem — „sie will sich nicht mehr als meine Schwester ansehen",
heißt es in dem Briefe. „Ich weiß es, da sie es mir geschrieben hat", woraus Karl
fortfährt: „Ich wußte von Anfang an, daß ich mich durch die Verbindung mit
Ihrem Hause von allen andern trennen würde". — „Ew. Majestät," sagt er an
einer andern Stelle, »gaben meinem Großvater, meiner Mutter und mir schöne
Versprechungen. Wir sollten durch das erste Object, welches disponibel würde, ver¬
größert werden". Zuerst habe man in Karlsruhe an das Herzogthum Berg gedacht,
wirst er dem Kaiser vor — darüber sei aber anders verfügt worden. Dann an
Nürnberg und Frankfurt — „auch kein Erfolg." Ferner an Aschaffenburg — „es
ist für einen anderen Ihrer Verwandten bestimmt." An Neufchatel, „welches uns
seit hundert Jahren gehören sollte — es ist für einen Ihrer Minister bestimmt." —
Endlich habe der Kaiser das sürstenbergische Gebiet zugesagt, da aber habe es sich
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