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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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mit den hiesigen Nachbarn ist angenehmer als der mit den rauhen Hinterwäld¬
lern im Westen. Dazu kommt, daß die Nähe der großen Siädte hier viele
Annehmlichkeiten bietet, daß das Klima der deutschen Natur durchaus ange¬
messen ist, und daß man überall Gelegenheit hat, den Kindern verhältni߬
mäßig guten Unterricht zu Theil werden zu lassen. Freilich paßt nach Neu¬
england nur die strebsamere Classe der deutschen Landleute, aber gerade diese
könnte durch vollständige Einbürgerung der rationellen Oekonomie und ihrer
sonstigen Tugenden viel aus dem Lande machen -- sie könnte es in wenigen
Jahrzehnten im besten Sinne des Wortes germanisiren.

Wenn man den übrigen Angloamerikanern glauben darf, so bilden die
Aankees und besonders die Bostoner, dieses gebildetste Völkchen der neuen
Welt, "eine gegenseitige Bewunderungsgesellschaft", und in der That, sie pfle¬
gen ihr Licht gerade nicht unter den Scheffel zu stellen. Indeß haben sie jenen
andern gegenüber auch Grund dazu, und, um nur Eines noch anzuführen,
wenn man in Newyork und dem Süden den Uankees nachsagt, daß sie große
Geschäfte mit hölzernen Muskainüssen und hölzernen Schinken machen, so redet
das der Neid. Sie sind im Gegentheil weit ehrlicher, ihre Banken und Ver¬
sicherungsanstalten unvergleichlich solider, Bankerotte unter ihnen viel seltener
als unter den übrigen Gliedern der Familie Arete sans.




Eine Caroinalspmnotion in Rom.

In den Fasten des Jahres 1863 wurden sieben neue Cardinäle creirt.
Drei derselben waren Ausländer, denen man den rothen Hut in die Heimath
zuschickte; die übrigen vier waren in Rom anwesend und erhielten ihn aus
der Hand des Papstes unmittelbar. Eine öffentliche Sitzung des päpstlichen
Consistoriums in der Sais. reZig, des Vatikans gestattete auch dem Fremden, in
vorschriftsmäßigen Frack und weißer Binde der feierlichen Handlung beizuwoh¬
nen, und da ich jene beiden Erfordernisse besaß, so stellte ich mich ebenfalls ein.
Der verhältnißmäßig kleine Raum war schon um zehn Uhr Vormittags über¬
füllt, um elf Uhr war die Ankunft des Papstes angesagt. Tribünen waren
aufgeschlagen, für die Familie des Exkönigs von Neapel, für die Diplomaten
und ihre Frauen. Bald füllten sich auch diese, die Damen in schwarzem Kleid


mit den hiesigen Nachbarn ist angenehmer als der mit den rauhen Hinterwäld¬
lern im Westen. Dazu kommt, daß die Nähe der großen Siädte hier viele
Annehmlichkeiten bietet, daß das Klima der deutschen Natur durchaus ange¬
messen ist, und daß man überall Gelegenheit hat, den Kindern verhältni߬
mäßig guten Unterricht zu Theil werden zu lassen. Freilich paßt nach Neu¬
england nur die strebsamere Classe der deutschen Landleute, aber gerade diese
könnte durch vollständige Einbürgerung der rationellen Oekonomie und ihrer
sonstigen Tugenden viel aus dem Lande machen — sie könnte es in wenigen
Jahrzehnten im besten Sinne des Wortes germanisiren.

Wenn man den übrigen Angloamerikanern glauben darf, so bilden die
Aankees und besonders die Bostoner, dieses gebildetste Völkchen der neuen
Welt, „eine gegenseitige Bewunderungsgesellschaft", und in der That, sie pfle¬
gen ihr Licht gerade nicht unter den Scheffel zu stellen. Indeß haben sie jenen
andern gegenüber auch Grund dazu, und, um nur Eines noch anzuführen,
wenn man in Newyork und dem Süden den Uankees nachsagt, daß sie große
Geschäfte mit hölzernen Muskainüssen und hölzernen Schinken machen, so redet
das der Neid. Sie sind im Gegentheil weit ehrlicher, ihre Banken und Ver¬
sicherungsanstalten unvergleichlich solider, Bankerotte unter ihnen viel seltener
als unter den übrigen Gliedern der Familie Arete sans.




Eine Caroinalspmnotion in Rom.

In den Fasten des Jahres 1863 wurden sieben neue Cardinäle creirt.
Drei derselben waren Ausländer, denen man den rothen Hut in die Heimath
zuschickte; die übrigen vier waren in Rom anwesend und erhielten ihn aus
der Hand des Papstes unmittelbar. Eine öffentliche Sitzung des päpstlichen
Consistoriums in der Sais. reZig, des Vatikans gestattete auch dem Fremden, in
vorschriftsmäßigen Frack und weißer Binde der feierlichen Handlung beizuwoh¬
nen, und da ich jene beiden Erfordernisse besaß, so stellte ich mich ebenfalls ein.
Der verhältnißmäßig kleine Raum war schon um zehn Uhr Vormittags über¬
füllt, um elf Uhr war die Ankunft des Papstes angesagt. Tribünen waren
aufgeschlagen, für die Familie des Exkönigs von Neapel, für die Diplomaten
und ihre Frauen. Bald füllten sich auch diese, die Damen in schwarzem Kleid


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[0239] mit den hiesigen Nachbarn ist angenehmer als der mit den rauhen Hinterwäld¬ lern im Westen. Dazu kommt, daß die Nähe der großen Siädte hier viele Annehmlichkeiten bietet, daß das Klima der deutschen Natur durchaus ange¬ messen ist, und daß man überall Gelegenheit hat, den Kindern verhältni߬ mäßig guten Unterricht zu Theil werden zu lassen. Freilich paßt nach Neu¬ england nur die strebsamere Classe der deutschen Landleute, aber gerade diese könnte durch vollständige Einbürgerung der rationellen Oekonomie und ihrer sonstigen Tugenden viel aus dem Lande machen — sie könnte es in wenigen Jahrzehnten im besten Sinne des Wortes germanisiren. Wenn man den übrigen Angloamerikanern glauben darf, so bilden die Aankees und besonders die Bostoner, dieses gebildetste Völkchen der neuen Welt, „eine gegenseitige Bewunderungsgesellschaft", und in der That, sie pfle¬ gen ihr Licht gerade nicht unter den Scheffel zu stellen. Indeß haben sie jenen andern gegenüber auch Grund dazu, und, um nur Eines noch anzuführen, wenn man in Newyork und dem Süden den Uankees nachsagt, daß sie große Geschäfte mit hölzernen Muskainüssen und hölzernen Schinken machen, so redet das der Neid. Sie sind im Gegentheil weit ehrlicher, ihre Banken und Ver¬ sicherungsanstalten unvergleichlich solider, Bankerotte unter ihnen viel seltener als unter den übrigen Gliedern der Familie Arete sans. Eine Caroinalspmnotion in Rom. In den Fasten des Jahres 1863 wurden sieben neue Cardinäle creirt. Drei derselben waren Ausländer, denen man den rothen Hut in die Heimath zuschickte; die übrigen vier waren in Rom anwesend und erhielten ihn aus der Hand des Papstes unmittelbar. Eine öffentliche Sitzung des päpstlichen Consistoriums in der Sais. reZig, des Vatikans gestattete auch dem Fremden, in vorschriftsmäßigen Frack und weißer Binde der feierlichen Handlung beizuwoh¬ nen, und da ich jene beiden Erfordernisse besaß, so stellte ich mich ebenfalls ein. Der verhältnißmäßig kleine Raum war schon um zehn Uhr Vormittags über¬ füllt, um elf Uhr war die Ankunft des Papstes angesagt. Tribünen waren aufgeschlagen, für die Familie des Exkönigs von Neapel, für die Diplomaten und ihre Frauen. Bald füllten sich auch diese, die Damen in schwarzem Kleid

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/239>, abgerufen am 15.01.2025.