Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Tagebuchsblätter vom leipziger Fest. 1- ..'. Ein Siegesfest ohne Sonne scheint bevorzustehen. Grämlich sieht der Auch sonst scheint dem Feste nicht das rechte Gedeihen beschicken zu sein. Grenzboten IV. 1863. 21
Tagebuchsblätter vom leipziger Fest. 1- ..'. Ein Siegesfest ohne Sonne scheint bevorzustehen. Grämlich sieht der Auch sonst scheint dem Feste nicht das rechte Gedeihen beschicken zu sein. Grenzboten IV. 1863. 21
<TEI> <text> <body> <div> <div type="corrigenda" n="1"> <pb facs="#f0169" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116097"/> </div> <div n="1"> <head> Tagebuchsblätter vom leipziger Fest.</head><lb/> <div n="2"> <head> 1-</head><lb/> <p xml:id="ID_631"> ..'.<lb/> — Wieder rüsten wir uns zu einer nationalen Feier, zu<lb/> einem Fest im großen Stil. Ausschüsse berathen, Redner meditiren, Hand¬<lb/> werker bauen, d,le Speculation bietet ihre Gelegenheitserzeugnisse aus wie das<lb/> letzte Mal, Aber die Erwartung ist, soweit man sieht, mäßig, die Stimmung<lb/> nicht so erregt wie vor den glänzenden Tagen des August; fast möchte man<lb/> sie gedrückt nennen.</p><lb/> <p xml:id="ID_632"> Ein Siegesfest ohne Sonne scheint bevorzustehen. Grämlich sieht der<lb/> Himmel drein. Nebel kriecht über die Felder und durch den herbstlich vergilb¬<lb/> ten Wald. Schwere graue Wolkenmassen wälzen sich von Südwesten her über<lb/> die Gegend hin, und Südwesten ist die Heimath unsrer Landregen.</p><lb/> <p xml:id="ID_633" next="#ID_634"> Auch sonst scheint dem Feste nicht das rechte Gedeihen beschicken zu sein.<lb/> Der schöne Gedanke der Berliner, den Jubeltag der Octoberschlacht zu einer<lb/> gemeinsamen Feier aller deutschen Städte zu gestalten, hat. mißverstanden oder<lb/> entstellt, nicht in dem Maße, wie zu hoffen war. Anklang gefunden. Zwar<lb/> daß die kleinen, bösen Schlammvulkane der feudalen Presse im Norden ihn<lb/> mit den besten Gemeinheiten ihres Innern bewerfen, will nicht viel bedeuten;<lb/> denn das war erwartet. Handelt sichs doch um eine gute und rechtschaffne<lb/> Sache, um eine deutsche Sache. Gilt es doch, die Erinnerung siegreichen Volks¬<lb/> kriegs zu feiern, und ist es doch das Bürgerthum, welches hier sich anschickt,<lb/> sein Tedeum zu singen. Bedenklicher und betrübender ist der enge Sinn und<lb/> die ungerechtfertigte Parteileidenschaft, die sich im Süden gegen jenen von Preu¬<lb/> ßen ausgcgangncn und in Leipzig von den Vätern der Stadt einstimmig und<lb/> mit Begeisterung gutgeheißenen Gedanken erhebt. Und kaum weniger traurige<lb/> Kunde trifft, zum Theil unverhofft, von anderwärts ein. Am ganzen Rhein<lb/> hin, soweit er preußisch, die Theilnahme abgelehnt aus Gründen, welche die<lb/> Unwürdigkeit des letzten und eigentlichsten unter ihnen, die Scheu vor dem<lb/> Mißfallen der 1813 Besiegten, nur wenig mildern. In den Hansestädten Lau¬<lb/> heit, zumal in den obern Regionen. In Sachsen philiströse Erinnerungen an<lb/> die Folgen der Schlacht für die Dynastie, zuerst laut geworden in einer Stadt,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1863. 21</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0169]
Tagebuchsblätter vom leipziger Fest.
1-
..'.
— Wieder rüsten wir uns zu einer nationalen Feier, zu
einem Fest im großen Stil. Ausschüsse berathen, Redner meditiren, Hand¬
werker bauen, d,le Speculation bietet ihre Gelegenheitserzeugnisse aus wie das
letzte Mal, Aber die Erwartung ist, soweit man sieht, mäßig, die Stimmung
nicht so erregt wie vor den glänzenden Tagen des August; fast möchte man
sie gedrückt nennen.
Ein Siegesfest ohne Sonne scheint bevorzustehen. Grämlich sieht der
Himmel drein. Nebel kriecht über die Felder und durch den herbstlich vergilb¬
ten Wald. Schwere graue Wolkenmassen wälzen sich von Südwesten her über
die Gegend hin, und Südwesten ist die Heimath unsrer Landregen.
Auch sonst scheint dem Feste nicht das rechte Gedeihen beschicken zu sein.
Der schöne Gedanke der Berliner, den Jubeltag der Octoberschlacht zu einer
gemeinsamen Feier aller deutschen Städte zu gestalten, hat. mißverstanden oder
entstellt, nicht in dem Maße, wie zu hoffen war. Anklang gefunden. Zwar
daß die kleinen, bösen Schlammvulkane der feudalen Presse im Norden ihn
mit den besten Gemeinheiten ihres Innern bewerfen, will nicht viel bedeuten;
denn das war erwartet. Handelt sichs doch um eine gute und rechtschaffne
Sache, um eine deutsche Sache. Gilt es doch, die Erinnerung siegreichen Volks¬
kriegs zu feiern, und ist es doch das Bürgerthum, welches hier sich anschickt,
sein Tedeum zu singen. Bedenklicher und betrübender ist der enge Sinn und
die ungerechtfertigte Parteileidenschaft, die sich im Süden gegen jenen von Preu¬
ßen ausgcgangncn und in Leipzig von den Vätern der Stadt einstimmig und
mit Begeisterung gutgeheißenen Gedanken erhebt. Und kaum weniger traurige
Kunde trifft, zum Theil unverhofft, von anderwärts ein. Am ganzen Rhein
hin, soweit er preußisch, die Theilnahme abgelehnt aus Gründen, welche die
Unwürdigkeit des letzten und eigentlichsten unter ihnen, die Scheu vor dem
Mißfallen der 1813 Besiegten, nur wenig mildern. In den Hansestädten Lau¬
heit, zumal in den obern Regionen. In Sachsen philiströse Erinnerungen an
die Folgen der Schlacht für die Dynastie, zuerst laut geworden in einer Stadt,
Grenzboten IV. 1863. 21
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |