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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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drönen, als" um den dritten Theil ihres früheren Bestandes vermindert, außer¬
dem aber auch die Stärke der einzelnen Schwadronen herabgesetzt. Die Stärke
der Reiterei ist jetzt beinahe bis zu dem Minimum herabgesunken, welches bei
der Armee eines pferdearmen und gebirgigen Landes noch als zulässig an¬
genommen wird. Dafür hat man in anderen Theilen des Armeehaushaltes,
wo Ersparungen nicht nur ohne Nachtheil durchzuführen, sondern sogar dringend
nothwendig wären, alles beim Alten gelassen, ja noch vermehrt und er¬
weitert.

Und so ist denn die mit so großer Ostentation ins Werk gesetzte und mit
der wärmsten Anerkennung begrüßte Reduction des östreichischen Heeres, beson¬
ders die der Cavalerie, eine Maßregel, welche eher einem erpreßten Zugeständ¬
nisse, als einem reiflich überdachten Plane und einem aus freiem Antriebe ge¬
faßten Entschlüsse zugeschrieben werden mag.

Sie ward zur unrechten Zeit und in unrechter Weise, vielleicht gar zu
spät ausgeführt, und man hatte -- wie es oft geschehen ist -- nur die Abhülfe
der augenblicklichen Noth vor Augen, ohne an einen ausreichenden Schutz für
die Zukunft zu denken.

Wohl mögen die Reichsrathsabgeordneten, als sie jüngst eine abermalige
Herabsetzung des Heeresstandes begehrten, vom besten Willen beseelt gewesen
sein, und es war ihnen leicht zu verzeihen, wenn sie, gleichmäßig zu Verfahren
vermeinend, auch die Administrations- und Controlsbehörden nur um etwa ein
Fünftel verringert wissen wollten. Aber jene Militärs, welche dort eine ma߬
gebende Stimme hatten, hätten auftreten und darthun sollen, daß die Reiterei
nur scheinbar der kostspieligste, wohl aber der am schwersten zu ersetzende Theil
eines Kriegsheeres ist, und daß nicht die Erhaltung der kärglich genug besol¬
deten und verpflegten Truppen, sondern die unverhältnismäßig große Anzahl
der Militärbeamten das Budget aus jene fast unerträgliche Höhe hinaufschraubt,
auf welcher sich dasselbe gegenwärtig befindet.

Eine solche Eröffnung würde schwerlich einen offenen Widerspruch erfahren,
sondern den Beifall des größten Theiles der Abgeordneten erhalten haben.


v.


Eine Negerrepublik in Afrika.

Vor einigen Wochen sah man in Berlin, dann in Leipzig und Dresden zwei
Schwarze erscheinen, welche die Aufmerksamkeit des Publicums doppelt in An¬
spruch nahmen. Waren sie dem Volk des Binnenlandes schon durch ihre Farbe
und Gesichtsbildung seltene Vögel, so mußte noch mehr auffallen, daß sie
offenbar nicht wie die große Mehrzahl ihrer hier durchreisenden Stammgenossen
der niedern Classe angehörten, sondern Leute von Distinction waren.


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drönen, als» um den dritten Theil ihres früheren Bestandes vermindert, außer¬
dem aber auch die Stärke der einzelnen Schwadronen herabgesetzt. Die Stärke
der Reiterei ist jetzt beinahe bis zu dem Minimum herabgesunken, welches bei
der Armee eines pferdearmen und gebirgigen Landes noch als zulässig an¬
genommen wird. Dafür hat man in anderen Theilen des Armeehaushaltes,
wo Ersparungen nicht nur ohne Nachtheil durchzuführen, sondern sogar dringend
nothwendig wären, alles beim Alten gelassen, ja noch vermehrt und er¬
weitert.

Und so ist denn die mit so großer Ostentation ins Werk gesetzte und mit
der wärmsten Anerkennung begrüßte Reduction des östreichischen Heeres, beson¬
ders die der Cavalerie, eine Maßregel, welche eher einem erpreßten Zugeständ¬
nisse, als einem reiflich überdachten Plane und einem aus freiem Antriebe ge¬
faßten Entschlüsse zugeschrieben werden mag.

Sie ward zur unrechten Zeit und in unrechter Weise, vielleicht gar zu
spät ausgeführt, und man hatte — wie es oft geschehen ist — nur die Abhülfe
der augenblicklichen Noth vor Augen, ohne an einen ausreichenden Schutz für
die Zukunft zu denken.

Wohl mögen die Reichsrathsabgeordneten, als sie jüngst eine abermalige
Herabsetzung des Heeresstandes begehrten, vom besten Willen beseelt gewesen
sein, und es war ihnen leicht zu verzeihen, wenn sie, gleichmäßig zu Verfahren
vermeinend, auch die Administrations- und Controlsbehörden nur um etwa ein
Fünftel verringert wissen wollten. Aber jene Militärs, welche dort eine ma߬
gebende Stimme hatten, hätten auftreten und darthun sollen, daß die Reiterei
nur scheinbar der kostspieligste, wohl aber der am schwersten zu ersetzende Theil
eines Kriegsheeres ist, und daß nicht die Erhaltung der kärglich genug besol¬
deten und verpflegten Truppen, sondern die unverhältnismäßig große Anzahl
der Militärbeamten das Budget aus jene fast unerträgliche Höhe hinaufschraubt,
auf welcher sich dasselbe gegenwärtig befindet.

Eine solche Eröffnung würde schwerlich einen offenen Widerspruch erfahren,
sondern den Beifall des größten Theiles der Abgeordneten erhalten haben.


v.


Eine Negerrepublik in Afrika.

Vor einigen Wochen sah man in Berlin, dann in Leipzig und Dresden zwei
Schwarze erscheinen, welche die Aufmerksamkeit des Publicums doppelt in An¬
spruch nahmen. Waren sie dem Volk des Binnenlandes schon durch ihre Farbe
und Gesichtsbildung seltene Vögel, so mußte noch mehr auffallen, daß sie
offenbar nicht wie die große Mehrzahl ihrer hier durchreisenden Stammgenossen
der niedern Classe angehörten, sondern Leute von Distinction waren.


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[0395] drönen, als» um den dritten Theil ihres früheren Bestandes vermindert, außer¬ dem aber auch die Stärke der einzelnen Schwadronen herabgesetzt. Die Stärke der Reiterei ist jetzt beinahe bis zu dem Minimum herabgesunken, welches bei der Armee eines pferdearmen und gebirgigen Landes noch als zulässig an¬ genommen wird. Dafür hat man in anderen Theilen des Armeehaushaltes, wo Ersparungen nicht nur ohne Nachtheil durchzuführen, sondern sogar dringend nothwendig wären, alles beim Alten gelassen, ja noch vermehrt und er¬ weitert. Und so ist denn die mit so großer Ostentation ins Werk gesetzte und mit der wärmsten Anerkennung begrüßte Reduction des östreichischen Heeres, beson¬ ders die der Cavalerie, eine Maßregel, welche eher einem erpreßten Zugeständ¬ nisse, als einem reiflich überdachten Plane und einem aus freiem Antriebe ge¬ faßten Entschlüsse zugeschrieben werden mag. Sie ward zur unrechten Zeit und in unrechter Weise, vielleicht gar zu spät ausgeführt, und man hatte — wie es oft geschehen ist — nur die Abhülfe der augenblicklichen Noth vor Augen, ohne an einen ausreichenden Schutz für die Zukunft zu denken. Wohl mögen die Reichsrathsabgeordneten, als sie jüngst eine abermalige Herabsetzung des Heeresstandes begehrten, vom besten Willen beseelt gewesen sein, und es war ihnen leicht zu verzeihen, wenn sie, gleichmäßig zu Verfahren vermeinend, auch die Administrations- und Controlsbehörden nur um etwa ein Fünftel verringert wissen wollten. Aber jene Militärs, welche dort eine ma߬ gebende Stimme hatten, hätten auftreten und darthun sollen, daß die Reiterei nur scheinbar der kostspieligste, wohl aber der am schwersten zu ersetzende Theil eines Kriegsheeres ist, und daß nicht die Erhaltung der kärglich genug besol¬ deten und verpflegten Truppen, sondern die unverhältnismäßig große Anzahl der Militärbeamten das Budget aus jene fast unerträgliche Höhe hinaufschraubt, auf welcher sich dasselbe gegenwärtig befindet. Eine solche Eröffnung würde schwerlich einen offenen Widerspruch erfahren, sondern den Beifall des größten Theiles der Abgeordneten erhalten haben. v. Eine Negerrepublik in Afrika. Vor einigen Wochen sah man in Berlin, dann in Leipzig und Dresden zwei Schwarze erscheinen, welche die Aufmerksamkeit des Publicums doppelt in An¬ spruch nahmen. Waren sie dem Volk des Binnenlandes schon durch ihre Farbe und Gesichtsbildung seltene Vögel, so mußte noch mehr auffallen, daß sie offenbar nicht wie die große Mehrzahl ihrer hier durchreisenden Stammgenossen der niedern Classe angehörten, sondern Leute von Distinction waren. 49*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/395>, abgerufen am 24.08.2024.