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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Die schwedische Flotte.
1. Das Material.

Immer mehr hat sich in den letzten Jahren die Ueberzeugung Bahn ge¬
brochen, daß zur Sicherung der nationalen Wohlfahrt Deutschlands und zur
Erreichung der uns im politischen Verkehr der Völker gesteckten Ziele - eine
Kriegsflotte unentbehrliche Nothwendigkeit ist. Ebenfalls in weiten Kreisen
verbreitet ist serner das Bewußtsein, daß diese maritime Macht, zu welcher in
der preußischen Flotte der Grund gelegt ist, aller Wahrscheinlichkeit nach ihre
nächste Verwendung gegen Dänemark und für das gute Recht Schleswig-Hol¬
steins finden wird, und daß folglich unsere Bestrebungen zur Förderung der
Flottensachc zunächst dahin gerichtet sein müssen, den Dänen zur See überlegen
zu sein. Um dafür den rechten Maßstab zu gewinnen, haben d. Bl. versucht,
die Stärke dieses Gegners zur Kenntniß zu bringen und dabei gefunden, daß
es keiner übergroßen Anstrengung bedarf, ihm zur See gleichzukommen, ja ihn
in verhältnißmäßig kurzer Zeit unter sich zu sehen. Im Folgenden knüpfen
wir daran den weiteren Versuch, den Werth einer andern nordischen Seemacht
darzulegen, die von den Einen und namentlich den Dänen als natürlicher Ver¬
bündeter Dänemarks bei einem Krieg zwischen diesem Staat und Deutschland
angesehen wird, während andere auf Gründe hin, die sich hören lassen, aber
nur unter gewissen Constellaiivncn stichhaltig sein möchten, sich der Hoffnung
hingeben, daß das Gegentheil eintreten, die betreffende Macht als unser Bun¬
desgenosse sich am Kriege betheiligen werde.

Die Seemacht, die wir meinen, ist Schweden, und unsere Erörterung
soll zeigen, daß die Befürchtungen, die man von einer Einmischung dieses
Staats in einen deutsch-dänischen Seekrieg hegen mag und die man bei bloßer
Berücksichtigung der Zahl der schwedischen Schiffe wirklich hegen könnte, zur
Zeit ebenso wenig begründet sind, als etwaige Hoffnungen auf dessen wirksamen
Beistand in einem solchen Kampfe, und daß wir im Stande sind, in wenigen
Jahren selbst einer vereinigten dänisch-schwedischen Seemacht mit Hoffnung auf
Erfolg die Spitze zu bieten.

Die schwedische Flotte ist, um das gleich von vornherein zu sagen, fast
nur auf dem Papier eine mächtige. In Wirklichkeit ist sie ein den Anforde-


Grenzboten II. 1862, 36
Die schwedische Flotte.
1. Das Material.

Immer mehr hat sich in den letzten Jahren die Ueberzeugung Bahn ge¬
brochen, daß zur Sicherung der nationalen Wohlfahrt Deutschlands und zur
Erreichung der uns im politischen Verkehr der Völker gesteckten Ziele - eine
Kriegsflotte unentbehrliche Nothwendigkeit ist. Ebenfalls in weiten Kreisen
verbreitet ist serner das Bewußtsein, daß diese maritime Macht, zu welcher in
der preußischen Flotte der Grund gelegt ist, aller Wahrscheinlichkeit nach ihre
nächste Verwendung gegen Dänemark und für das gute Recht Schleswig-Hol¬
steins finden wird, und daß folglich unsere Bestrebungen zur Förderung der
Flottensachc zunächst dahin gerichtet sein müssen, den Dänen zur See überlegen
zu sein. Um dafür den rechten Maßstab zu gewinnen, haben d. Bl. versucht,
die Stärke dieses Gegners zur Kenntniß zu bringen und dabei gefunden, daß
es keiner übergroßen Anstrengung bedarf, ihm zur See gleichzukommen, ja ihn
in verhältnißmäßig kurzer Zeit unter sich zu sehen. Im Folgenden knüpfen
wir daran den weiteren Versuch, den Werth einer andern nordischen Seemacht
darzulegen, die von den Einen und namentlich den Dänen als natürlicher Ver¬
bündeter Dänemarks bei einem Krieg zwischen diesem Staat und Deutschland
angesehen wird, während andere auf Gründe hin, die sich hören lassen, aber
nur unter gewissen Constellaiivncn stichhaltig sein möchten, sich der Hoffnung
hingeben, daß das Gegentheil eintreten, die betreffende Macht als unser Bun¬
desgenosse sich am Kriege betheiligen werde.

Die Seemacht, die wir meinen, ist Schweden, und unsere Erörterung
soll zeigen, daß die Befürchtungen, die man von einer Einmischung dieses
Staats in einen deutsch-dänischen Seekrieg hegen mag und die man bei bloßer
Berücksichtigung der Zahl der schwedischen Schiffe wirklich hegen könnte, zur
Zeit ebenso wenig begründet sind, als etwaige Hoffnungen auf dessen wirksamen
Beistand in einem solchen Kampfe, und daß wir im Stande sind, in wenigen
Jahren selbst einer vereinigten dänisch-schwedischen Seemacht mit Hoffnung auf
Erfolg die Spitze zu bieten.

Die schwedische Flotte ist, um das gleich von vornherein zu sagen, fast
nur auf dem Papier eine mächtige. In Wirklichkeit ist sie ein den Anforde-


Grenzboten II. 1862, 36
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[0289] Die schwedische Flotte. 1. Das Material. Immer mehr hat sich in den letzten Jahren die Ueberzeugung Bahn ge¬ brochen, daß zur Sicherung der nationalen Wohlfahrt Deutschlands und zur Erreichung der uns im politischen Verkehr der Völker gesteckten Ziele - eine Kriegsflotte unentbehrliche Nothwendigkeit ist. Ebenfalls in weiten Kreisen verbreitet ist serner das Bewußtsein, daß diese maritime Macht, zu welcher in der preußischen Flotte der Grund gelegt ist, aller Wahrscheinlichkeit nach ihre nächste Verwendung gegen Dänemark und für das gute Recht Schleswig-Hol¬ steins finden wird, und daß folglich unsere Bestrebungen zur Förderung der Flottensachc zunächst dahin gerichtet sein müssen, den Dänen zur See überlegen zu sein. Um dafür den rechten Maßstab zu gewinnen, haben d. Bl. versucht, die Stärke dieses Gegners zur Kenntniß zu bringen und dabei gefunden, daß es keiner übergroßen Anstrengung bedarf, ihm zur See gleichzukommen, ja ihn in verhältnißmäßig kurzer Zeit unter sich zu sehen. Im Folgenden knüpfen wir daran den weiteren Versuch, den Werth einer andern nordischen Seemacht darzulegen, die von den Einen und namentlich den Dänen als natürlicher Ver¬ bündeter Dänemarks bei einem Krieg zwischen diesem Staat und Deutschland angesehen wird, während andere auf Gründe hin, die sich hören lassen, aber nur unter gewissen Constellaiivncn stichhaltig sein möchten, sich der Hoffnung hingeben, daß das Gegentheil eintreten, die betreffende Macht als unser Bun¬ desgenosse sich am Kriege betheiligen werde. Die Seemacht, die wir meinen, ist Schweden, und unsere Erörterung soll zeigen, daß die Befürchtungen, die man von einer Einmischung dieses Staats in einen deutsch-dänischen Seekrieg hegen mag und die man bei bloßer Berücksichtigung der Zahl der schwedischen Schiffe wirklich hegen könnte, zur Zeit ebenso wenig begründet sind, als etwaige Hoffnungen auf dessen wirksamen Beistand in einem solchen Kampfe, und daß wir im Stande sind, in wenigen Jahren selbst einer vereinigten dänisch-schwedischen Seemacht mit Hoffnung auf Erfolg die Spitze zu bieten. Die schwedische Flotte ist, um das gleich von vornherein zu sagen, fast nur auf dem Papier eine mächtige. In Wirklichkeit ist sie ein den Anforde- Grenzboten II. 1862, 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/289>, abgerufen am 05.01.2025.