Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Als Siegel in der Nacht zu Springfield angekommen war. sammelte er Wir Gefangenen wurden im Allgemeinen sehr gut behandelt, nur konn¬ Hier wimmelt jetzt Alles von Militär. Fremont ist Obergeneral, Siegel Bei der neuen Formation ließ ich mich, da mir des Kriegsleben gefällt, Ich glaube, daß ich Euch diesen Winter von Virginien aus schreiben werde. Aengstigt Euch nicht, Gott wird mich beschützen, und ist es bestimmt, daß 2. Schon wieder bin ick drei Monate von Se. Louis weg, und ich l,ehe Kiese Als Siegel in der Nacht zu Springfield angekommen war. sammelte er Wir Gefangenen wurden im Allgemeinen sehr gut behandelt, nur konn¬ Hier wimmelt jetzt Alles von Militär. Fremont ist Obergeneral, Siegel Bei der neuen Formation ließ ich mich, da mir des Kriegsleben gefällt, Ich glaube, daß ich Euch diesen Winter von Virginien aus schreiben werde. Aengstigt Euch nicht, Gott wird mich beschützen, und ist es bestimmt, daß 2. Schon wieder bin ick drei Monate von Se. Louis weg, und ich l,ehe Kiese <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113994"/> <p xml:id="ID_612"> Als Siegel in der Nacht zu Springfield angekommen war. sammelte er<lb/> sofort alle Truppen, die er hier vorfand und die nach ihm noch eintrafen, und<lb/> ließ Alles, was dem nachrückenden Feinde etwa von Nutzen hatte sein sonnen,<lb/> zerstören. Er Mhm das Geld aus der dortigen Bank und retirirte nach Rollo<lb/> zu. Unterwegs kamen noch viele Verwundete nach, die gefahren werden mu߬<lb/> ten. Sofort befahl er, sämmtliches Gepäck der Soldaten abzuladen und die<lb/> Verwundeten auf die Wagen zu bringen. Das Gepäck wurde verbrannt. So<lb/> kam denn Siegel mit dem gesammelten Rest der Truppen glücklich bei Rolla<lb/> an, wo er ein Lager aufschlagen ließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_613"> Wir Gefangenen wurden im Allgemeinen sehr gut behandelt, nur konn¬<lb/> ten uns die Sieger nichts zu essen geben, da sie selbst nichts hatten. Sie<lb/> trieben uns täglich zwei Mal wie eine Heerde in die Maisfelder, um dort den<lb/> drängenden Hunger mit einigen unreifen Maiskolben einigermaßen zu stillen.<lb/> So lebten wir sechs ganze Tage, dann wurden wir entlassen. Nun mußten<lb/> wir noch einen Weg von 150 Meilen und zwar ohne allen Proviant, zurück¬<lb/> legen. Wir bettelten uns von einer Farm zur andern. Des Nachts stahlen<lb/> wir Hühner und Schweine, schnitten sie in Stücke, hingen diese an Stöcke und<lb/> hielten sie so übers Feuer, um sie etwas zu braten. Wir verschlangen Alles<lb/> ohne Salz und Brod. Außerdem stipizten wir noch Aepfel und Pfirsiche, die es<lb/> allenthalben haufenweise gab, welche aber bei solcher Hitze und zum Theil noch<lb/> unzeitig eine gefährliche Kost waren. Endlich kamen wir in Rolla an und<lb/> gingen von da nach Se. Louis.</p><lb/> <p xml:id="ID_614"> Hier wimmelt jetzt Alles von Militär. Fremont ist Obergeneral, Siegel<lb/> Brigadegeneral. Hier ist auch das Kriegsgesetz proclamirt und wird streng ge-<lb/> handhabt. Ohne Paß darf Niemand die Stadt verlassen, ebenso Niemand einen<lb/> amerikanischen Hafen ohne Paß des Staarssccretairs.</p><lb/> <p xml:id="ID_615"> Bei der neuen Formation ließ ich mich, da mir des Kriegsleben gefällt,<lb/> auf drei Jahre engagiren. Ich kam zur Cavallerie, bin jetzt Husar und zähle<lb/> mit zu Siegels Brigade. Siegel wird hier von den Deutschen vergöttert und<lb/> von den Amerikanern beneidet.</p><lb/> <p xml:id="ID_616"> Ich glaube, daß ich Euch diesen Winter von Virginien aus schreiben werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_617"> Aengstigt Euch nicht, Gott wird mich beschützen, und ist es bestimmt, daß<lb/> ich fallen soll, dann sterbe ich für eine gute Sache, für Freiheit, Recht und<lb/> Gesetz.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 2.</head><lb/> <p xml:id="ID_618"> Schon wieder bin ick drei Monate von Se. Louis weg, und ich l,ehe Kiese<lb/> ganze Zeit über unter elenden kleinen Hütten oder unter Gottes freiem<lb/> Himmel.<lb/> » 'II-M, i')!-I,N> < titel S'I'K?I, dö</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
Als Siegel in der Nacht zu Springfield angekommen war. sammelte er
sofort alle Truppen, die er hier vorfand und die nach ihm noch eintrafen, und
ließ Alles, was dem nachrückenden Feinde etwa von Nutzen hatte sein sonnen,
zerstören. Er Mhm das Geld aus der dortigen Bank und retirirte nach Rollo
zu. Unterwegs kamen noch viele Verwundete nach, die gefahren werden mu߬
ten. Sofort befahl er, sämmtliches Gepäck der Soldaten abzuladen und die
Verwundeten auf die Wagen zu bringen. Das Gepäck wurde verbrannt. So
kam denn Siegel mit dem gesammelten Rest der Truppen glücklich bei Rolla
an, wo er ein Lager aufschlagen ließ.
Wir Gefangenen wurden im Allgemeinen sehr gut behandelt, nur konn¬
ten uns die Sieger nichts zu essen geben, da sie selbst nichts hatten. Sie
trieben uns täglich zwei Mal wie eine Heerde in die Maisfelder, um dort den
drängenden Hunger mit einigen unreifen Maiskolben einigermaßen zu stillen.
So lebten wir sechs ganze Tage, dann wurden wir entlassen. Nun mußten
wir noch einen Weg von 150 Meilen und zwar ohne allen Proviant, zurück¬
legen. Wir bettelten uns von einer Farm zur andern. Des Nachts stahlen
wir Hühner und Schweine, schnitten sie in Stücke, hingen diese an Stöcke und
hielten sie so übers Feuer, um sie etwas zu braten. Wir verschlangen Alles
ohne Salz und Brod. Außerdem stipizten wir noch Aepfel und Pfirsiche, die es
allenthalben haufenweise gab, welche aber bei solcher Hitze und zum Theil noch
unzeitig eine gefährliche Kost waren. Endlich kamen wir in Rolla an und
gingen von da nach Se. Louis.
Hier wimmelt jetzt Alles von Militär. Fremont ist Obergeneral, Siegel
Brigadegeneral. Hier ist auch das Kriegsgesetz proclamirt und wird streng ge-
handhabt. Ohne Paß darf Niemand die Stadt verlassen, ebenso Niemand einen
amerikanischen Hafen ohne Paß des Staarssccretairs.
Bei der neuen Formation ließ ich mich, da mir des Kriegsleben gefällt,
auf drei Jahre engagiren. Ich kam zur Cavallerie, bin jetzt Husar und zähle
mit zu Siegels Brigade. Siegel wird hier von den Deutschen vergöttert und
von den Amerikanern beneidet.
Ich glaube, daß ich Euch diesen Winter von Virginien aus schreiben werde.
Aengstigt Euch nicht, Gott wird mich beschützen, und ist es bestimmt, daß
ich fallen soll, dann sterbe ich für eine gute Sache, für Freiheit, Recht und
Gesetz.
2.
Schon wieder bin ick drei Monate von Se. Louis weg, und ich l,ehe Kiese
ganze Zeit über unter elenden kleinen Hütten oder unter Gottes freiem
Himmel.
» 'II-M, i')!-I,N> < titel S'I'K?I, dö
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