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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Briefe eines Deutschen vom nordamerikanischen Kriegsschauplatz.

Im vorigen Jahre ging ein junger Mann, der Sohn anständiger Eltern,
welcher die Handlung erlernt hatte, hinüber nach Amerika, dort in seinem Fache
sich weiter auszubilden, und, wenn das Geschick ihm günstig sein sollte, in der
neuen Welt sein eigenes Geschäft zu begründen. Er fand in einem deutschen
Handelshause zu Se. Louis Condition, aber kurz darauf entbrannte der lang
unterdrückte Kampf in der Union, der Alles in seinen Strudel mit hineinzog.
Handel und Wandel stockten. Alle Kreise erfüllte kriegerischer Sinn. So ent¬
schloß sich auch unser junger Handelsbeslissener rasch zur Wahl einer andern
Laufbahn: er vertauschte die Feder mit der Muskete, um für die Sache der
unionstreuen Staaten anzufechten.

Seine bisherigen Erlebnisse im Feldleben finden wir in den nachfolgenden
Briefen, die er in die Heimath schrieb, und die in Allem den Stempel der Ein¬
fachheit und Wahrhaftigkeit tragen, nebenbei aber auf die dortigen Zustände
und Stimmungen und namentlich auf das Verhältniß der Deutschen zu den Uan-
kees interessante Streiflichter werfen.

Einige Zeilen von mir werdet Ihr schon durch Herrn Kaufmann N. er¬
halten haben. Jetzt werde ich Euch etwas ausführlicher schreiben, da ich seit¬
dem Mancherlei erlebt habe, was Euch interessiren möchte.

Als die Zeiten hier so schlecht wurden, daß unser Principal sein Ge¬
schäft schloß und ich mit meinen Collegen entlassen wurde, waren eben die
großartigsten Anwerbungen für die neu zu bildende Unionsarme im Gange.
Da ein solcher Pact vorläufig nur auf drei Monate abgeschlossen wurde, so
hielt ich es für das Gerathenste, dabei mein Glück zu versuchen, und gedacht,
gethan, ich wurde Soldat. Ich trat in Siegels Regiment ein, das meist aus
Deutschen bestand. So lange wir in Se. Louis blieben, wo das Regiment
formirt wurde, hatten wir es recht gut, und außer einer hinreichenden Ver-


Grenzboten II, 1LS2. 26
Briefe eines Deutschen vom nordamerikanischen Kriegsschauplatz.

Im vorigen Jahre ging ein junger Mann, der Sohn anständiger Eltern,
welcher die Handlung erlernt hatte, hinüber nach Amerika, dort in seinem Fache
sich weiter auszubilden, und, wenn das Geschick ihm günstig sein sollte, in der
neuen Welt sein eigenes Geschäft zu begründen. Er fand in einem deutschen
Handelshause zu Se. Louis Condition, aber kurz darauf entbrannte der lang
unterdrückte Kampf in der Union, der Alles in seinen Strudel mit hineinzog.
Handel und Wandel stockten. Alle Kreise erfüllte kriegerischer Sinn. So ent¬
schloß sich auch unser junger Handelsbeslissener rasch zur Wahl einer andern
Laufbahn: er vertauschte die Feder mit der Muskete, um für die Sache der
unionstreuen Staaten anzufechten.

Seine bisherigen Erlebnisse im Feldleben finden wir in den nachfolgenden
Briefen, die er in die Heimath schrieb, und die in Allem den Stempel der Ein¬
fachheit und Wahrhaftigkeit tragen, nebenbei aber auf die dortigen Zustände
und Stimmungen und namentlich auf das Verhältniß der Deutschen zu den Uan-
kees interessante Streiflichter werfen.

Einige Zeilen von mir werdet Ihr schon durch Herrn Kaufmann N. er¬
halten haben. Jetzt werde ich Euch etwas ausführlicher schreiben, da ich seit¬
dem Mancherlei erlebt habe, was Euch interessiren möchte.

Als die Zeiten hier so schlecht wurden, daß unser Principal sein Ge¬
schäft schloß und ich mit meinen Collegen entlassen wurde, waren eben die
großartigsten Anwerbungen für die neu zu bildende Unionsarme im Gange.
Da ein solcher Pact vorläufig nur auf drei Monate abgeschlossen wurde, so
hielt ich es für das Gerathenste, dabei mein Glück zu versuchen, und gedacht,
gethan, ich wurde Soldat. Ich trat in Siegels Regiment ein, das meist aus
Deutschen bestand. So lange wir in Se. Louis blieben, wo das Regiment
formirt wurde, hatten wir es recht gut, und außer einer hinreichenden Ver-


Grenzboten II, 1LS2. 26
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[0209] Briefe eines Deutschen vom nordamerikanischen Kriegsschauplatz. Im vorigen Jahre ging ein junger Mann, der Sohn anständiger Eltern, welcher die Handlung erlernt hatte, hinüber nach Amerika, dort in seinem Fache sich weiter auszubilden, und, wenn das Geschick ihm günstig sein sollte, in der neuen Welt sein eigenes Geschäft zu begründen. Er fand in einem deutschen Handelshause zu Se. Louis Condition, aber kurz darauf entbrannte der lang unterdrückte Kampf in der Union, der Alles in seinen Strudel mit hineinzog. Handel und Wandel stockten. Alle Kreise erfüllte kriegerischer Sinn. So ent¬ schloß sich auch unser junger Handelsbeslissener rasch zur Wahl einer andern Laufbahn: er vertauschte die Feder mit der Muskete, um für die Sache der unionstreuen Staaten anzufechten. Seine bisherigen Erlebnisse im Feldleben finden wir in den nachfolgenden Briefen, die er in die Heimath schrieb, und die in Allem den Stempel der Ein¬ fachheit und Wahrhaftigkeit tragen, nebenbei aber auf die dortigen Zustände und Stimmungen und namentlich auf das Verhältniß der Deutschen zu den Uan- kees interessante Streiflichter werfen. Einige Zeilen von mir werdet Ihr schon durch Herrn Kaufmann N. er¬ halten haben. Jetzt werde ich Euch etwas ausführlicher schreiben, da ich seit¬ dem Mancherlei erlebt habe, was Euch interessiren möchte. Als die Zeiten hier so schlecht wurden, daß unser Principal sein Ge¬ schäft schloß und ich mit meinen Collegen entlassen wurde, waren eben die großartigsten Anwerbungen für die neu zu bildende Unionsarme im Gange. Da ein solcher Pact vorläufig nur auf drei Monate abgeschlossen wurde, so hielt ich es für das Gerathenste, dabei mein Glück zu versuchen, und gedacht, gethan, ich wurde Soldat. Ich trat in Siegels Regiment ein, das meist aus Deutschen bestand. So lange wir in Se. Louis blieben, wo das Regiment formirt wurde, hatten wir es recht gut, und außer einer hinreichenden Ver- Grenzboten II, 1LS2. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/209>, abgerufen am 05.01.2025.