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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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den Fro. den Freyr und Chrodo, ja selbst an den Wuotan erinnern, woraus
abermals hervorgeht, daß die Rulandsbilder kurze Zeit nach der Zerstörung
des Heidenthums durch König Otto den Zweiten entstanden sein müssen, daß
aber in einer etwas spätern Zeit auch umgekehrt der Name des Ruland auf
einen oder den andern der gestürzten Heidengötter zurückbezogen und dadurch
Verwirrung in die Sagen gebracht worden ist."
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Aus dem Leben der Hindu.
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Die Missionäre machen unter den Hindus keine besonders glänzenden Ge¬
schäfte. Aber die Regierung der Europäer ist in anderer Beziehung in hohem
Grade segensreich für die Cultur gewesen. Sie hat die Sitte der Wittwen"
Verbrennungen so gut wie ganz ausgerottet und selbst die Herrscher der ent¬
legensten Hindustaaten vermocht, sie im Bereich chres Regiments zu verbieten.
Sie hat die Sklaverei untersagt und die Verehrer der Göttin Kali, welche den
Reisenden auflauerten und sie durch Erwürgung ihrer Gottheit opferten (die
Thugs) genöthigt, von ihrem grüßlichen Cultus abzustehen. Sie hat unter
den Chonds im Gebirge die Menschenopfer unterdrückt und die über ganz
Indien, besonders aber unter den Radschputen verbreitete Sitte, alle Neuge-
bornen weiblichen Geschlechts zu tödten. energisch bekämpft und durch geeig¬
nete Maßregeln wo nicht völlig ausgerottet, doch sehr wesentlich beschränkt.

So unnatürlich es scheint, daß Eltern sich mit dem Blut ihrer Kinder
beflecken, ist dieses Verbrechen wie unter den Westasiaten des Alterthums
(die Molochsopfer der Phönicier, Israeliten und Karthager), so auch im Osten
Asiens und namentlich in Indien sehr häusig. Früher wurden Tausende von
Kindern den Flußgöttern Ganga und Dschamna, in unsern Tagen ebenso viele
dem Hochmuth der Eltern geopfert, der in den vornehmen Klassen besonders
stark hervortrat. Der Hindu glaubt nicht an weibliche Ehre und Tugend, es
erscheint ihm undenkbar, daß ein erwachsnes weibliches Wesen, das durch die
Umstände genöthigt wird, ohne Gatten zu bleiben, im Stande sei, seine Tu¬
gend zu bewahren, und da es bei mehren Stämmen Sitte ist, den Töchtern
eine unverhältnißmäßige Aussteuer mitzugeben und große Summen verschlin¬
gende Hochzeitsseierlichkeiten zu veranstalten, so tödtet man Ueber die menge-


den Fro. den Freyr und Chrodo, ja selbst an den Wuotan erinnern, woraus
abermals hervorgeht, daß die Rulandsbilder kurze Zeit nach der Zerstörung
des Heidenthums durch König Otto den Zweiten entstanden sein müssen, daß
aber in einer etwas spätern Zeit auch umgekehrt der Name des Ruland auf
einen oder den andern der gestürzten Heidengötter zurückbezogen und dadurch
Verwirrung in die Sagen gebracht worden ist."
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Aus dem Leben der Hindu.
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Die Missionäre machen unter den Hindus keine besonders glänzenden Ge¬
schäfte. Aber die Regierung der Europäer ist in anderer Beziehung in hohem
Grade segensreich für die Cultur gewesen. Sie hat die Sitte der Wittwen«
Verbrennungen so gut wie ganz ausgerottet und selbst die Herrscher der ent¬
legensten Hindustaaten vermocht, sie im Bereich chres Regiments zu verbieten.
Sie hat die Sklaverei untersagt und die Verehrer der Göttin Kali, welche den
Reisenden auflauerten und sie durch Erwürgung ihrer Gottheit opferten (die
Thugs) genöthigt, von ihrem grüßlichen Cultus abzustehen. Sie hat unter
den Chonds im Gebirge die Menschenopfer unterdrückt und die über ganz
Indien, besonders aber unter den Radschputen verbreitete Sitte, alle Neuge-
bornen weiblichen Geschlechts zu tödten. energisch bekämpft und durch geeig¬
nete Maßregeln wo nicht völlig ausgerottet, doch sehr wesentlich beschränkt.

So unnatürlich es scheint, daß Eltern sich mit dem Blut ihrer Kinder
beflecken, ist dieses Verbrechen wie unter den Westasiaten des Alterthums
(die Molochsopfer der Phönicier, Israeliten und Karthager), so auch im Osten
Asiens und namentlich in Indien sehr häusig. Früher wurden Tausende von
Kindern den Flußgöttern Ganga und Dschamna, in unsern Tagen ebenso viele
dem Hochmuth der Eltern geopfert, der in den vornehmen Klassen besonders
stark hervortrat. Der Hindu glaubt nicht an weibliche Ehre und Tugend, es
erscheint ihm undenkbar, daß ein erwachsnes weibliches Wesen, das durch die
Umstände genöthigt wird, ohne Gatten zu bleiben, im Stande sei, seine Tu¬
gend zu bewahren, und da es bei mehren Stämmen Sitte ist, den Töchtern
eine unverhältnißmäßige Aussteuer mitzugeben und große Summen verschlin¬
gende Hochzeitsseierlichkeiten zu veranstalten, so tödtet man Ueber die menge-


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[0394] den Fro. den Freyr und Chrodo, ja selbst an den Wuotan erinnern, woraus abermals hervorgeht, daß die Rulandsbilder kurze Zeit nach der Zerstörung des Heidenthums durch König Otto den Zweiten entstanden sein müssen, daß aber in einer etwas spätern Zeit auch umgekehrt der Name des Ruland auf einen oder den andern der gestürzten Heidengötter zurückbezogen und dadurch Verwirrung in die Sagen gebracht worden ist." '' Aus dem Leben der Hindu. .et-.ttttwÄ» lisul- iivl Die Missionäre machen unter den Hindus keine besonders glänzenden Ge¬ schäfte. Aber die Regierung der Europäer ist in anderer Beziehung in hohem Grade segensreich für die Cultur gewesen. Sie hat die Sitte der Wittwen« Verbrennungen so gut wie ganz ausgerottet und selbst die Herrscher der ent¬ legensten Hindustaaten vermocht, sie im Bereich chres Regiments zu verbieten. Sie hat die Sklaverei untersagt und die Verehrer der Göttin Kali, welche den Reisenden auflauerten und sie durch Erwürgung ihrer Gottheit opferten (die Thugs) genöthigt, von ihrem grüßlichen Cultus abzustehen. Sie hat unter den Chonds im Gebirge die Menschenopfer unterdrückt und die über ganz Indien, besonders aber unter den Radschputen verbreitete Sitte, alle Neuge- bornen weiblichen Geschlechts zu tödten. energisch bekämpft und durch geeig¬ nete Maßregeln wo nicht völlig ausgerottet, doch sehr wesentlich beschränkt. So unnatürlich es scheint, daß Eltern sich mit dem Blut ihrer Kinder beflecken, ist dieses Verbrechen wie unter den Westasiaten des Alterthums (die Molochsopfer der Phönicier, Israeliten und Karthager), so auch im Osten Asiens und namentlich in Indien sehr häusig. Früher wurden Tausende von Kindern den Flußgöttern Ganga und Dschamna, in unsern Tagen ebenso viele dem Hochmuth der Eltern geopfert, der in den vornehmen Klassen besonders stark hervortrat. Der Hindu glaubt nicht an weibliche Ehre und Tugend, es erscheint ihm undenkbar, daß ein erwachsnes weibliches Wesen, das durch die Umstände genöthigt wird, ohne Gatten zu bleiben, im Stande sei, seine Tu¬ gend zu bewahren, und da es bei mehren Stämmen Sitte ist, den Töchtern eine unverhältnißmäßige Aussteuer mitzugeben und große Summen verschlin¬ gende Hochzeitsseierlichkeiten zu veranstalten, so tödtet man Ueber die menge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/394>, abgerufen am 27.12.2024.