Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.Der Zmiberer von Rom. Die neun Bände sind nun abgeschlossen, und die Leser der Grenzboten Desto bestimmter ist der Eindruck, den das Ganze macht. Ueber die Dennoch möchte ich. wenn ich den "Zauberer von Rom" mit den "Rittern Das Vorbild, welches Gustow bewußt oder unbewußt bei beiden Romanen Grenzboten IV. 1861. 31
Der Zmiberer von Rom. Die neun Bände sind nun abgeschlossen, und die Leser der Grenzboten Desto bestimmter ist der Eindruck, den das Ganze macht. Ueber die Dennoch möchte ich. wenn ich den „Zauberer von Rom" mit den „Rittern Das Vorbild, welches Gustow bewußt oder unbewußt bei beiden Romanen Grenzboten IV. 1861. 31
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112759"/> </div> <div n="1"> <head> Der Zmiberer von Rom.</head><lb/> <p xml:id="ID_734"> Die neun Bände sind nun abgeschlossen, und die Leser der Grenzboten<lb/> würden unzufrieden sein, wenn über den Gesammteindruck des Romans hier<lb/> nicht ein Bericht abgestattet würde. Man erwarte aber nicht eine Erzählung<lb/> des Inhalts; sie wäre geradezu unmöglich. Die unendlich vielen Figuren,<lb/> die- trotz der Verschiedenheit ihres Costüms einander zum Theil bis zum Ver¬<lb/> wechseln ähnlich sehen, die unzähligen Begebenheiten, von denen eine die<lb/> andere drängt und verwirrt, die ohne Zusammenhang in einander verlaufen,<lb/> deren Fäden der Verfasser alle Augenblicke fallen läßt ohne sie wieder aufzu,<lb/> nehmen, diese beständigen unmotivirten und resultatlosen Wandlungen der<lb/> Charaktere. Ueberzeugungen und Situationen, das Alles hinterläßt in der<lb/> Phantasie und dem Gedächtniß ein so wüstes und chaotisches Bild, daß es<lb/> dem geübtesten Kriminalisten, der an die verwickeltsten Nechtsfälle gewöhnt ist.<lb/> unmöglich fallen würde, darüber zu berichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_735"> Desto bestimmter ist der Eindruck, den das Ganze macht. Ueber die<lb/> widerlichen Dinge, welche der erste Band enthält, ist bereits das Nöthige ge><lb/> sagt worden. Es fehlt auch in den folgenden Bänden nickt daran, doch<lb/> treten sie bei weitem zurück, und man empfängt eher den Eindruck eintöniger,<lb/> gleichgültiger, zweckloser Erfindungen, als daß man mit einer gewissen Neu¬<lb/> gier auf eine Ueberbietung der Häßlichkeit durch die andere die Aufmerksamkeit<lb/> spannte. Mit einem Wort, wenn der erste Band uns durch seinen Inhalt<lb/> abstößt, aber doch ein gewisses Interesse erweckt, so sind die folgenden über¬<lb/> wiegend langweilig.</p><lb/> <p xml:id="ID_736"> Dennoch möchte ich. wenn ich den „Zauberer von Rom" mit den „Rittern<lb/> vom Geist" vergleiche, im Ganzen dem erstem den Vorzug geben. Als<lb/> Kunstwerk betrachtet, ist er werthlos. aber es sind Studien darin, die zu einem<lb/> interessanten Gemälde hätten verwerthet werden können, wenn der Verfasser<lb/> diese Details zu beherrschen und sie einem künstlerischen Plan unterzuordnen<lb/> verstanden hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_737" next="#ID_738"> Das Vorbild, welches Gustow bewußt oder unbewußt bei beiden Romanen<lb/> vorgeleuchtet hat, ist Eugen Tue: die „Mysterien von Paris", der „Ewige</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1861. 31</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Der Zmiberer von Rom.
Die neun Bände sind nun abgeschlossen, und die Leser der Grenzboten
würden unzufrieden sein, wenn über den Gesammteindruck des Romans hier
nicht ein Bericht abgestattet würde. Man erwarte aber nicht eine Erzählung
des Inhalts; sie wäre geradezu unmöglich. Die unendlich vielen Figuren,
die- trotz der Verschiedenheit ihres Costüms einander zum Theil bis zum Ver¬
wechseln ähnlich sehen, die unzähligen Begebenheiten, von denen eine die
andere drängt und verwirrt, die ohne Zusammenhang in einander verlaufen,
deren Fäden der Verfasser alle Augenblicke fallen läßt ohne sie wieder aufzu,
nehmen, diese beständigen unmotivirten und resultatlosen Wandlungen der
Charaktere. Ueberzeugungen und Situationen, das Alles hinterläßt in der
Phantasie und dem Gedächtniß ein so wüstes und chaotisches Bild, daß es
dem geübtesten Kriminalisten, der an die verwickeltsten Nechtsfälle gewöhnt ist.
unmöglich fallen würde, darüber zu berichten.
Desto bestimmter ist der Eindruck, den das Ganze macht. Ueber die
widerlichen Dinge, welche der erste Band enthält, ist bereits das Nöthige ge>
sagt worden. Es fehlt auch in den folgenden Bänden nickt daran, doch
treten sie bei weitem zurück, und man empfängt eher den Eindruck eintöniger,
gleichgültiger, zweckloser Erfindungen, als daß man mit einer gewissen Neu¬
gier auf eine Ueberbietung der Häßlichkeit durch die andere die Aufmerksamkeit
spannte. Mit einem Wort, wenn der erste Band uns durch seinen Inhalt
abstößt, aber doch ein gewisses Interesse erweckt, so sind die folgenden über¬
wiegend langweilig.
Dennoch möchte ich. wenn ich den „Zauberer von Rom" mit den „Rittern
vom Geist" vergleiche, im Ganzen dem erstem den Vorzug geben. Als
Kunstwerk betrachtet, ist er werthlos. aber es sind Studien darin, die zu einem
interessanten Gemälde hätten verwerthet werden können, wenn der Verfasser
diese Details zu beherrschen und sie einem künstlerischen Plan unterzuordnen
verstanden hätte.
Das Vorbild, welches Gustow bewußt oder unbewußt bei beiden Romanen
vorgeleuchtet hat, ist Eugen Tue: die „Mysterien von Paris", der „Ewige
Grenzboten IV. 1861. 31
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |