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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Theologen, der hier, wie es scheint, mit einem halb verhüllten glaubens-
einheitlichen Stoßseufzer zu schließen sich gedrungen fühlt, halten wir es
mit dem Historiker, der an mehreren Stellen, so z. B. auf S. 106, für
eine Universität eine freie Entwicklung der mannigfaltigsten Kräfte ver¬
langt, mögen auch die Resultate zuweilen diametral auseinander zu gehen
scheinen, und uns als Einheit des Ganzen den Baum der Wissenschaft
hinstellt.

Und in der That geht durch das ganze Buch der Gegensatz zwischen dem
für akademische Selbstvegierung, für Freiheit der Wissenschaft interessirten
Historiker und dem katholischen Theologen, der gewisse äußere Postulate nicht
von sich abweisen kann, und die Vermittlung beider Standpunkte ist dem Ver-
fasser nicht so gelungen, daß nicht an manchen Stellen Widersprüche zu Tage
träten. Wir unsrerseits haben mehrfach nicht umhin gekonnt, dem Theologen
zu opponiren, dem Historiker dagegen sagen wir unsern Dank für das Buch,
welches sich durch die eingehende auf wissenschaftlicher Forschung beruhende
Darstellung der Gründung und Entwicklung der Leopoldina, sowie durch die
Mittheilung einer Reihe von äußerst wichtigen, bisher entweder gar noch
nicht oder sehr ungenau abgedruckten Ackerstücken ein großes Verdienst um die
schlesische Geschichte erworben hat.




Die Pariser Kunstausstellung von IM und die bildende Kunst
des 19. Jahrhunderts in Frankreich.
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Die historische und monumentale Malerei. Die Bedeutung des
Genre und der Landschaft in der neuesten Kunst.

Geschichtliche Bilder im eigentlichen Sinn d. b. Gemälde, welche folgen-
^lebe Vorgänge oder Persönlichkeiten, in denen sich der Charakter und die
Interessen einer Zeit bestimmend und entscheidend zusammenfassen, in einer
ebenso tiefen als künstlerischen Auffassung behandeln, hat die Ausstellung
°'Ne aufzuweisen. Mag nun die Kunst durch die Hindernisse abgeschreckt
^'n, die ste überwinden, müßte, um auf dem Gebiet der Geschichte heimisch


Grenzl'oder III- 1861. 57

Theologen, der hier, wie es scheint, mit einem halb verhüllten glaubens-
einheitlichen Stoßseufzer zu schließen sich gedrungen fühlt, halten wir es
mit dem Historiker, der an mehreren Stellen, so z. B. auf S. 106, für
eine Universität eine freie Entwicklung der mannigfaltigsten Kräfte ver¬
langt, mögen auch die Resultate zuweilen diametral auseinander zu gehen
scheinen, und uns als Einheit des Ganzen den Baum der Wissenschaft
hinstellt.

Und in der That geht durch das ganze Buch der Gegensatz zwischen dem
für akademische Selbstvegierung, für Freiheit der Wissenschaft interessirten
Historiker und dem katholischen Theologen, der gewisse äußere Postulate nicht
von sich abweisen kann, und die Vermittlung beider Standpunkte ist dem Ver-
fasser nicht so gelungen, daß nicht an manchen Stellen Widersprüche zu Tage
träten. Wir unsrerseits haben mehrfach nicht umhin gekonnt, dem Theologen
zu opponiren, dem Historiker dagegen sagen wir unsern Dank für das Buch,
welches sich durch die eingehende auf wissenschaftlicher Forschung beruhende
Darstellung der Gründung und Entwicklung der Leopoldina, sowie durch die
Mittheilung einer Reihe von äußerst wichtigen, bisher entweder gar noch
nicht oder sehr ungenau abgedruckten Ackerstücken ein großes Verdienst um die
schlesische Geschichte erworben hat.




Die Pariser Kunstausstellung von IM und die bildende Kunst
des 19. Jahrhunderts in Frankreich.
k.''!^- ^ >'! ^.!"^ I^'l
Die historische und monumentale Malerei. Die Bedeutung des
Genre und der Landschaft in der neuesten Kunst.

Geschichtliche Bilder im eigentlichen Sinn d. b. Gemälde, welche folgen-
^lebe Vorgänge oder Persönlichkeiten, in denen sich der Charakter und die
Interessen einer Zeit bestimmend und entscheidend zusammenfassen, in einer
ebenso tiefen als künstlerischen Auffassung behandeln, hat die Ausstellung
°'Ne aufzuweisen. Mag nun die Kunst durch die Hindernisse abgeschreckt
^'n, die ste überwinden, müßte, um auf dem Gebiet der Geschichte heimisch


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[0459] Theologen, der hier, wie es scheint, mit einem halb verhüllten glaubens- einheitlichen Stoßseufzer zu schließen sich gedrungen fühlt, halten wir es mit dem Historiker, der an mehreren Stellen, so z. B. auf S. 106, für eine Universität eine freie Entwicklung der mannigfaltigsten Kräfte ver¬ langt, mögen auch die Resultate zuweilen diametral auseinander zu gehen scheinen, und uns als Einheit des Ganzen den Baum der Wissenschaft hinstellt. Und in der That geht durch das ganze Buch der Gegensatz zwischen dem für akademische Selbstvegierung, für Freiheit der Wissenschaft interessirten Historiker und dem katholischen Theologen, der gewisse äußere Postulate nicht von sich abweisen kann, und die Vermittlung beider Standpunkte ist dem Ver- fasser nicht so gelungen, daß nicht an manchen Stellen Widersprüche zu Tage träten. Wir unsrerseits haben mehrfach nicht umhin gekonnt, dem Theologen zu opponiren, dem Historiker dagegen sagen wir unsern Dank für das Buch, welches sich durch die eingehende auf wissenschaftlicher Forschung beruhende Darstellung der Gründung und Entwicklung der Leopoldina, sowie durch die Mittheilung einer Reihe von äußerst wichtigen, bisher entweder gar noch nicht oder sehr ungenau abgedruckten Ackerstücken ein großes Verdienst um die schlesische Geschichte erworben hat. Die Pariser Kunstausstellung von IM und die bildende Kunst des 19. Jahrhunderts in Frankreich. k.''!^- ^ >'! ^.!"^ I^'l Die historische und monumentale Malerei. Die Bedeutung des Genre und der Landschaft in der neuesten Kunst. Geschichtliche Bilder im eigentlichen Sinn d. b. Gemälde, welche folgen- ^lebe Vorgänge oder Persönlichkeiten, in denen sich der Charakter und die Interessen einer Zeit bestimmend und entscheidend zusammenfassen, in einer ebenso tiefen als künstlerischen Auffassung behandeln, hat die Ausstellung °'Ne aufzuweisen. Mag nun die Kunst durch die Hindernisse abgeschreckt ^'n, die ste überwinden, müßte, um auf dem Gebiet der Geschichte heimisch Grenzl'oder III- 1861. 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/459>, abgerufen am 13.11.2024.