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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Beitrag zum Leben des Turnvater Zahn.

-- maZis -unieg, vöritas. --
1.
Jahr zu Greifswald unter dem Namen Fritz.

Nach Weise großer Herren trat Jahr, von der Universität Halle relegirt.
ö" Greifswald incognito auf und wurde daselbst am 31. Mai 1802 unter
dem Namen Andreas Christlich Moritz Fritz aus Lübben in der Lausitz, in die
Zahl der akademische" Bürger aufgenommen. Sonst hatte er freilich im neu¬
erlichen nichts vom vornehmen Herrn an sich. Sein Anzug war ärmlich
U"d unsauber; nach dem Zeugnisse eines Greifswalder Studien-Genossen ging
^ beständig (auch im heißen Sommer) in einer abgeschabten, reichlich durch¬
löcherten grünen Chenille einher, war ganz mittellos und lebte meistens auf
Unkosten anderer Studenten.'!- Zwar besaß er kein einziges Buch, war aber
Sprachen und Geschichte wohl beschlagen und fühlte sich besonders zu E.
Arndt hingezogen, dessen Vorlesungen er fleißig besuchte. Sein kräftiger
^use machte sich bald unter seinen Mitstudirenden geltend, zumal ihm das
bei seinen Kommilitonen umlaufende Gerücht: Fritz sei ein Mitglied des ge-
heimnißvollen Unitisten-Ordens, -- einen besonderen Nimbus verlieh. So
wurde Fritz, trotz seiner Mittellosigkeit und seines dürftigen Aufzuges, in
^'"ig Wochen der Beherrscher der Greifswalder Studentenschaft. Bereits am
Juli veranstaltete er jene durch die Tradition vielfältig entstellte Scene,
welche später den Anlaß zu seiner Entfernung von Greifswald gab. Die
Deutschen" (hier wol im Gegensatz gegen die schwedischen) Studenten begaben
^ in das sogenannte kleine Universitäts - Auditorium; die alten Burschen
Nahmen rechts, die Brander links, die Füchse in der Mitte Platz. Der seu-
'osus Helm, ein Predigersohn von Rügen, der früher Apothekergehilfe ge-
^n*). bestieg den Katheder und hielt eine, von Fritz ihm inspirirte vratio
^dÄizoig^^ 8g.ero-durscKie0SÄ pro gi^an äoctoris yuomoäoms (des Com¬
ments), worauf der Redner förmlich zum Ober-Fuchs-Marschrouten-Commis-
^°"s-Prnsidenten in partibus ivMölium installirt wurde, kraft welches Amtes
^ die anlangenden Füchse von ihren Pflichten zu unterrichten und die Aufsicht



h *) Helm soll von geringen Geistesgaben und, was der Student ein Kameel nennt, ge- '
Now aber gegen Ändere sich vermessen haben, ihn in kurzer Zeit zu einem Erzrc-
"""sein umzuschaffen.
Grenzboten III. 1361, 49
Beitrag zum Leben des Turnvater Zahn.

— maZis -unieg, vöritas. —
1.
Jahr zu Greifswald unter dem Namen Fritz.

Nach Weise großer Herren trat Jahr, von der Universität Halle relegirt.
ö» Greifswald incognito auf und wurde daselbst am 31. Mai 1802 unter
dem Namen Andreas Christlich Moritz Fritz aus Lübben in der Lausitz, in die
Zahl der akademische» Bürger aufgenommen. Sonst hatte er freilich im neu¬
erlichen nichts vom vornehmen Herrn an sich. Sein Anzug war ärmlich
U"d unsauber; nach dem Zeugnisse eines Greifswalder Studien-Genossen ging
^ beständig (auch im heißen Sommer) in einer abgeschabten, reichlich durch¬
löcherten grünen Chenille einher, war ganz mittellos und lebte meistens auf
Unkosten anderer Studenten.'!- Zwar besaß er kein einziges Buch, war aber
Sprachen und Geschichte wohl beschlagen und fühlte sich besonders zu E.
Arndt hingezogen, dessen Vorlesungen er fleißig besuchte. Sein kräftiger
^use machte sich bald unter seinen Mitstudirenden geltend, zumal ihm das
bei seinen Kommilitonen umlaufende Gerücht: Fritz sei ein Mitglied des ge-
heimnißvollen Unitisten-Ordens, — einen besonderen Nimbus verlieh. So
wurde Fritz, trotz seiner Mittellosigkeit und seines dürftigen Aufzuges, in
^'"ig Wochen der Beherrscher der Greifswalder Studentenschaft. Bereits am
Juli veranstaltete er jene durch die Tradition vielfältig entstellte Scene,
welche später den Anlaß zu seiner Entfernung von Greifswald gab. Die
Deutschen" (hier wol im Gegensatz gegen die schwedischen) Studenten begaben
^ in das sogenannte kleine Universitäts - Auditorium; die alten Burschen
Nahmen rechts, die Brander links, die Füchse in der Mitte Platz. Der seu-
'osus Helm, ein Predigersohn von Rügen, der früher Apothekergehilfe ge-
^n*). bestieg den Katheder und hielt eine, von Fritz ihm inspirirte vratio
^dÄizoig^^ 8g.ero-durscKie0SÄ pro gi^an äoctoris yuomoäoms (des Com¬
ments), worauf der Redner förmlich zum Ober-Fuchs-Marschrouten-Commis-
^°"s-Prnsidenten in partibus ivMölium installirt wurde, kraft welches Amtes
^ die anlangenden Füchse von ihren Pflichten zu unterrichten und die Aufsicht



h *) Helm soll von geringen Geistesgaben und, was der Student ein Kameel nennt, ge- '
Now aber gegen Ändere sich vermessen haben, ihn in kurzer Zeit zu einem Erzrc-
"""sein umzuschaffen.
Grenzboten III. 1361, 49
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[0395] Beitrag zum Leben des Turnvater Zahn. — maZis -unieg, vöritas. — 1. Jahr zu Greifswald unter dem Namen Fritz. Nach Weise großer Herren trat Jahr, von der Universität Halle relegirt. ö» Greifswald incognito auf und wurde daselbst am 31. Mai 1802 unter dem Namen Andreas Christlich Moritz Fritz aus Lübben in der Lausitz, in die Zahl der akademische» Bürger aufgenommen. Sonst hatte er freilich im neu¬ erlichen nichts vom vornehmen Herrn an sich. Sein Anzug war ärmlich U"d unsauber; nach dem Zeugnisse eines Greifswalder Studien-Genossen ging ^ beständig (auch im heißen Sommer) in einer abgeschabten, reichlich durch¬ löcherten grünen Chenille einher, war ganz mittellos und lebte meistens auf Unkosten anderer Studenten.'!- Zwar besaß er kein einziges Buch, war aber Sprachen und Geschichte wohl beschlagen und fühlte sich besonders zu E. Arndt hingezogen, dessen Vorlesungen er fleißig besuchte. Sein kräftiger ^use machte sich bald unter seinen Mitstudirenden geltend, zumal ihm das bei seinen Kommilitonen umlaufende Gerücht: Fritz sei ein Mitglied des ge- heimnißvollen Unitisten-Ordens, — einen besonderen Nimbus verlieh. So wurde Fritz, trotz seiner Mittellosigkeit und seines dürftigen Aufzuges, in ^'"ig Wochen der Beherrscher der Greifswalder Studentenschaft. Bereits am Juli veranstaltete er jene durch die Tradition vielfältig entstellte Scene, welche später den Anlaß zu seiner Entfernung von Greifswald gab. Die Deutschen" (hier wol im Gegensatz gegen die schwedischen) Studenten begaben ^ in das sogenannte kleine Universitäts - Auditorium; die alten Burschen Nahmen rechts, die Brander links, die Füchse in der Mitte Platz. Der seu- 'osus Helm, ein Predigersohn von Rügen, der früher Apothekergehilfe ge- ^n*). bestieg den Katheder und hielt eine, von Fritz ihm inspirirte vratio ^dÄizoig^^ 8g.ero-durscKie0SÄ pro gi^an äoctoris yuomoäoms (des Com¬ ments), worauf der Redner förmlich zum Ober-Fuchs-Marschrouten-Commis- ^°"s-Prnsidenten in partibus ivMölium installirt wurde, kraft welches Amtes ^ die anlangenden Füchse von ihren Pflichten zu unterrichten und die Aufsicht h *) Helm soll von geringen Geistesgaben und, was der Student ein Kameel nennt, ge- ' Now aber gegen Ändere sich vermessen haben, ihn in kurzer Zeit zu einem Erzrc- """sein umzuschaffen. Grenzboten III. 1361, 49

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/395>, abgerufen am 13.11.2024.