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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Schleinitz jetzt wieder ein Wörtlein sagte? -- Was Oestreich als Muster her¬
vorhebt, das kann doch Preußen nicht bedenklich sein! --

Eine zweite, ernstere Frage.

Auf den Antrag Preußens wegen der Bundeskriegsverfassung haben die
Würzburger Regierungen geantwortet. Sie haben für den Fall, daß an einem
Bundeskriege Oestreich gar nicht, Preußen mit seiner ganzen Macht Theil
nimmt, -- die Trennung des 7., 8., 9. und 10. Armeecorps von der preu¬
ßischen Armee in Anspruch genommen.

Was das für den Fall eines Krieges mit Frankreich heißt, liegt auf der
Hand.

Wäre es nicht gut, wenn Herr von Schleinitz den Herrn von Rech-
berg aufforderte, sich umgehend rund und nett darüber zu erklären, wie sich
Oestreich zu diesem Antrag stellt? -- Da. wenn es etwa demselben beiträte,
die elfte Stunde für Preußens Entscheidung geschlagen hätte.

Ein großherziger Fürst hat für denselben Fall die Leitung des Ganzen
für Preußen in Anspruch genommen -- einen Anspruch, den Preußen selbst
bei seinem letzten farblosen Antrag fallen zu lassen schien. -- Die Ehre des
offnen Worts hat jetzt Baden, nicht Preußen; wird Preußen noch länger zau¬
dern, männlich auszusprechen und als Willen zu fixiren, was durch die Noth¬
wendigkeit der Sache geboten wird? --

Eigentlich gehören solche Fragen in den Landtag; da aber der Landtag
in allen auswärtigen Angelegenheiten ebenso energisch schweigt, wie der
Minister, so muß ja wol von anderer Seite an die unumstößliche Wahrheit
erinnert werden: daß, so lange Preußen fortfährt, die deutschen Angelegen¬
heiten als auswärtige zu behandeln, seine Vorstellung, eine Großmacht zu
1^ sein, nichts ist als ein schöner wollüstiger Traum.




Literatur.

Sechzig Jahre des kaukasischen Kriegs mit besonderer Berücksichtigung des Feld-
zuges im nördlichen Daghestan im Jahre 1839. Nach russischen Originalen deutsch
bearbeitet von G. Baumgarten, k. s. Ovcrlieutnant. Leipzig, B. Schlicke, 1861.


Schleinitz jetzt wieder ein Wörtlein sagte? — Was Oestreich als Muster her¬
vorhebt, das kann doch Preußen nicht bedenklich sein! —

Eine zweite, ernstere Frage.

Auf den Antrag Preußens wegen der Bundeskriegsverfassung haben die
Würzburger Regierungen geantwortet. Sie haben für den Fall, daß an einem
Bundeskriege Oestreich gar nicht, Preußen mit seiner ganzen Macht Theil
nimmt, — die Trennung des 7., 8., 9. und 10. Armeecorps von der preu¬
ßischen Armee in Anspruch genommen.

Was das für den Fall eines Krieges mit Frankreich heißt, liegt auf der
Hand.

Wäre es nicht gut, wenn Herr von Schleinitz den Herrn von Rech-
berg aufforderte, sich umgehend rund und nett darüber zu erklären, wie sich
Oestreich zu diesem Antrag stellt? — Da. wenn es etwa demselben beiträte,
die elfte Stunde für Preußens Entscheidung geschlagen hätte.

Ein großherziger Fürst hat für denselben Fall die Leitung des Ganzen
für Preußen in Anspruch genommen — einen Anspruch, den Preußen selbst
bei seinem letzten farblosen Antrag fallen zu lassen schien. — Die Ehre des
offnen Worts hat jetzt Baden, nicht Preußen; wird Preußen noch länger zau¬
dern, männlich auszusprechen und als Willen zu fixiren, was durch die Noth¬
wendigkeit der Sache geboten wird? —

Eigentlich gehören solche Fragen in den Landtag; da aber der Landtag
in allen auswärtigen Angelegenheiten ebenso energisch schweigt, wie der
Minister, so muß ja wol von anderer Seite an die unumstößliche Wahrheit
erinnert werden: daß, so lange Preußen fortfährt, die deutschen Angelegen¬
heiten als auswärtige zu behandeln, seine Vorstellung, eine Großmacht zu
1^ sein, nichts ist als ein schöner wollüstiger Traum.




Literatur.

Sechzig Jahre des kaukasischen Kriegs mit besonderer Berücksichtigung des Feld-
zuges im nördlichen Daghestan im Jahre 1839. Nach russischen Originalen deutsch
bearbeitet von G. Baumgarten, k. s. Ovcrlieutnant. Leipzig, B. Schlicke, 1861.


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[0448] Schleinitz jetzt wieder ein Wörtlein sagte? — Was Oestreich als Muster her¬ vorhebt, das kann doch Preußen nicht bedenklich sein! — Eine zweite, ernstere Frage. Auf den Antrag Preußens wegen der Bundeskriegsverfassung haben die Würzburger Regierungen geantwortet. Sie haben für den Fall, daß an einem Bundeskriege Oestreich gar nicht, Preußen mit seiner ganzen Macht Theil nimmt, — die Trennung des 7., 8., 9. und 10. Armeecorps von der preu¬ ßischen Armee in Anspruch genommen. Was das für den Fall eines Krieges mit Frankreich heißt, liegt auf der Hand. Wäre es nicht gut, wenn Herr von Schleinitz den Herrn von Rech- berg aufforderte, sich umgehend rund und nett darüber zu erklären, wie sich Oestreich zu diesem Antrag stellt? — Da. wenn es etwa demselben beiträte, die elfte Stunde für Preußens Entscheidung geschlagen hätte. Ein großherziger Fürst hat für denselben Fall die Leitung des Ganzen für Preußen in Anspruch genommen — einen Anspruch, den Preußen selbst bei seinem letzten farblosen Antrag fallen zu lassen schien. — Die Ehre des offnen Worts hat jetzt Baden, nicht Preußen; wird Preußen noch länger zau¬ dern, männlich auszusprechen und als Willen zu fixiren, was durch die Noth¬ wendigkeit der Sache geboten wird? — Eigentlich gehören solche Fragen in den Landtag; da aber der Landtag in allen auswärtigen Angelegenheiten ebenso energisch schweigt, wie der Minister, so muß ja wol von anderer Seite an die unumstößliche Wahrheit erinnert werden: daß, so lange Preußen fortfährt, die deutschen Angelegen¬ heiten als auswärtige zu behandeln, seine Vorstellung, eine Großmacht zu 1^ sein, nichts ist als ein schöner wollüstiger Traum. Literatur. Sechzig Jahre des kaukasischen Kriegs mit besonderer Berücksichtigung des Feld- zuges im nördlichen Daghestan im Jahre 1839. Nach russischen Originalen deutsch bearbeitet von G. Baumgarten, k. s. Ovcrlieutnant. Leipzig, B. Schlicke, 1861.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/448>, abgerufen am 28.06.2024.