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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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künstliche Reiß des Flensburger Danismus verdorren. Wenn nach dem Kriege
und während desselben der Deutsche vom dänisch gesinnten Pöbel riskirte thät¬
lich insultirt zu werden, so hat jetzt der dänisch gesinnte Theil Flensburgs,
einschließlich der Beamtenstand, diese Chance für sich. Die von Flensburg
ausgehende Rückwirkung auf Sundewitt ist es, welche diesen District jetzt in
einem andern Licht erscheinen läßt.

So gewährt Nordschleswig einerseits das traurige Schauspiel einer po¬
litisch bis zum Tode abgehetzten Bevölkerung, andrerseits abermals ein schimpf¬
liches und Schmachvolles Beispiel eines die Menschen wie Sachen behandelnden
Regierungssystems.




Professoren und Studenten während der römischen Kaiserzeit.

Der Unterricht blieb in Rom lange Zeit, wie in Griechenland. Privat-
snche und erst unter den Kaisern entstanden mehre öffentliche höhere Bildungs¬
anstalten. Julius Cäsar hatte bereits das Ansehen des Lehrerstandes etwas
gehoben, indem er Grammatikern und andern Lehrern das Bürgerrecht ver¬
lieh. Unter Augustus, der den gelehrten Verrius Flaccus als Hauslehrer sei¬
ner Enkel annahm, ihm auf dem Palatinischen Berge ein Schullocal einräumte
und iov.000 Seswzicn (5500 Thlr.) Honorar zahlte, nahm das Unterrichts¬
wesen noch keinen öffentlichen Charakter an. Der berühmte Lehrer der Be¬
redsamkeit Quintilian soll der Erste gewesen sein, der unter Vespasian mit
einem festen Gehalte vom Staate angestellt wurde. Dieser Kaiser zeigte sich
überhaupt freigebig gegen die Lehrer der Grammatik und Rhetorik, die man
damals auch anfing mit dem Namen "Professoren" zu bezeichnen, und soll
nach Sueton mehren die Summe von 100.000 Test, jährlich haben zufließen
lassen. Der tyrannische Domttian trieb zwar bald darauf aus instinktiver
Scheu vor Licht und Freiheit im Denken und Unterrichten die Rhetoren und
Philosophen aus kurze Zeit aus Italien. Desto günstiger gestalteten sich aber
dann die Verhältnisse der Gelehrten unter Hadrian, der nicht nur selbst so gern
Wit seiner sophistischen Bildung prunkte, sondern die Gelehrsamkeit auch an
äderen schätzte. Er bereicherte besonders sein Vaterland Spanien mit Unter-
"chtsanstalten und Bibliotheken, setzte den Professoren feste Gehalte aus und


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künstliche Reiß des Flensburger Danismus verdorren. Wenn nach dem Kriege
und während desselben der Deutsche vom dänisch gesinnten Pöbel riskirte thät¬
lich insultirt zu werden, so hat jetzt der dänisch gesinnte Theil Flensburgs,
einschließlich der Beamtenstand, diese Chance für sich. Die von Flensburg
ausgehende Rückwirkung auf Sundewitt ist es, welche diesen District jetzt in
einem andern Licht erscheinen läßt.

So gewährt Nordschleswig einerseits das traurige Schauspiel einer po¬
litisch bis zum Tode abgehetzten Bevölkerung, andrerseits abermals ein schimpf¬
liches und Schmachvolles Beispiel eines die Menschen wie Sachen behandelnden
Regierungssystems.




Professoren und Studenten während der römischen Kaiserzeit.

Der Unterricht blieb in Rom lange Zeit, wie in Griechenland. Privat-
snche und erst unter den Kaisern entstanden mehre öffentliche höhere Bildungs¬
anstalten. Julius Cäsar hatte bereits das Ansehen des Lehrerstandes etwas
gehoben, indem er Grammatikern und andern Lehrern das Bürgerrecht ver¬
lieh. Unter Augustus, der den gelehrten Verrius Flaccus als Hauslehrer sei¬
ner Enkel annahm, ihm auf dem Palatinischen Berge ein Schullocal einräumte
und iov.000 Seswzicn (5500 Thlr.) Honorar zahlte, nahm das Unterrichts¬
wesen noch keinen öffentlichen Charakter an. Der berühmte Lehrer der Be¬
redsamkeit Quintilian soll der Erste gewesen sein, der unter Vespasian mit
einem festen Gehalte vom Staate angestellt wurde. Dieser Kaiser zeigte sich
überhaupt freigebig gegen die Lehrer der Grammatik und Rhetorik, die man
damals auch anfing mit dem Namen „Professoren" zu bezeichnen, und soll
nach Sueton mehren die Summe von 100.000 Test, jährlich haben zufließen
lassen. Der tyrannische Domttian trieb zwar bald darauf aus instinktiver
Scheu vor Licht und Freiheit im Denken und Unterrichten die Rhetoren und
Philosophen aus kurze Zeit aus Italien. Desto günstiger gestalteten sich aber
dann die Verhältnisse der Gelehrten unter Hadrian, der nicht nur selbst so gern
Wit seiner sophistischen Bildung prunkte, sondern die Gelehrsamkeit auch an
äderen schätzte. Er bereicherte besonders sein Vaterland Spanien mit Unter-
"chtsanstalten und Bibliotheken, setzte den Professoren feste Gehalte aus und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/181>, abgerufen am 22.07.2024.