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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Vermischte Literatur.

Volkswirthschaft und Arbeitspflege im böhmischen Erzgebirge von
Dr. Th. Pisling. Wien und Prag, Kober und Markgraf, 1861. Eine gute
Anzahl brauchbarer Notizen eingebettet in eine noch größere Masse von Phrasen
und Oberflächlichkeiten. Für weitere Kreise von Interesse ist, was der Verfasser
über das "musikalische Proletariat" berichtet, welches wir in den böhmischen Musi¬
kanten und Harfenmädchen unserer Messen und Badeorte vor uns haben. Der
Haupt- und Stammort der böhmischen Musik wäre nach ihm das Bergstädtchen
Prcsnitz und der Gründer der Harscninufiknnten-Industrie der dortige Bürgermeister
Ignaz Walter (regierte von 1776 bis 1792), das erste Harfenmädchen, welches ge¬
reist und mit der Harfe Geld verdient, Anna Görncr, noch jetzt im Volksmundc
unter dem'Namen "Singrcsannemidl". Durch Hungerjahre und das napoleonische
Contincntalsystem unterstützt, griff später die Musik und die Reiselust immer weiter
um sich, und setzt ist beides über das ganze Erzgebirge verbreitet. Aber noch immer
ist Prcsnitz die Hauptstadt des Musirantcnthnms, Um die Bergstadt herum sind die
Ortschaften Sonnebcrg, Kupferberg, Ncischdorf, Schmiedeberg, Dörnsdorf, Sorgcnthal,
Christophhammcr, Glcischwitz, Wohlbau, Ncudörfl und Anzcndorf die Heimat der Harfen¬
mädchen, während die Sitze der kleinen Orchester mehr im westlichen Erzgebirge und
zwar hauptsächlich in Joachimsthal, Gottcsgab, Fribus, Seifen und Platten zu
suchen sind. ' Graslitz liefert die Instrumente. Wie groß die Zahl der Wandcr-
mufikanten Böhmens ist, ersieht man schon daraus, daß allein in Prcsnitz jährlich
über dreihundert Neisccvncessioncn ertheilt werden, und daß auf jede vou diesen
fünf bis sechs Personen reisen.

Festkalender aus Böhmen. Ein Beitrag zur Kenntniß des Volkslebens
und Volksglaubens in Böhmen. Von O. Frhrn. von Neinsb erg-D ürings-
fcld. Erste Lieferung. Wien und Prag, Kober und Markgraf. 1861. Eine Zu¬
sammenstellung der Sitten und Gebräuche , Spiele und abergläubischen Meinungen
des czcchischcn Volkes, geordnet nach den Jahrestagen. Ferner findet man darin
die Namen der in Böhmen verehrten Heiligen, die Bezeichnung der ihnen geweihten
Kirchen, die Erklärung der kirchlichen Feste, die hauptsächlichsten Wallfahrten und
Gnadenorte, die Volks-, Schützen- und Kinderfeste Böhmens verzeichnet. Nach Er¬
scheinen des Ganzen berichten wir ausführlicher über das Unternehmen.




Mit Ur.' beginnt diese Zeitschrift ein reifes Kuartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im März 1861.Die Nerlagshandlnng




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L Herd ig -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
Vermischte Literatur.

Volkswirthschaft und Arbeitspflege im böhmischen Erzgebirge von
Dr. Th. Pisling. Wien und Prag, Kober und Markgraf, 1861. Eine gute
Anzahl brauchbarer Notizen eingebettet in eine noch größere Masse von Phrasen
und Oberflächlichkeiten. Für weitere Kreise von Interesse ist, was der Verfasser
über das „musikalische Proletariat" berichtet, welches wir in den böhmischen Musi¬
kanten und Harfenmädchen unserer Messen und Badeorte vor uns haben. Der
Haupt- und Stammort der böhmischen Musik wäre nach ihm das Bergstädtchen
Prcsnitz und der Gründer der Harscninufiknnten-Industrie der dortige Bürgermeister
Ignaz Walter (regierte von 1776 bis 1792), das erste Harfenmädchen, welches ge¬
reist und mit der Harfe Geld verdient, Anna Görncr, noch jetzt im Volksmundc
unter dem'Namen „Singrcsannemidl". Durch Hungerjahre und das napoleonische
Contincntalsystem unterstützt, griff später die Musik und die Reiselust immer weiter
um sich, und setzt ist beides über das ganze Erzgebirge verbreitet. Aber noch immer
ist Prcsnitz die Hauptstadt des Musirantcnthnms, Um die Bergstadt herum sind die
Ortschaften Sonnebcrg, Kupferberg, Ncischdorf, Schmiedeberg, Dörnsdorf, Sorgcnthal,
Christophhammcr, Glcischwitz, Wohlbau, Ncudörfl und Anzcndorf die Heimat der Harfen¬
mädchen, während die Sitze der kleinen Orchester mehr im westlichen Erzgebirge und
zwar hauptsächlich in Joachimsthal, Gottcsgab, Fribus, Seifen und Platten zu
suchen sind. ' Graslitz liefert die Instrumente. Wie groß die Zahl der Wandcr-
mufikanten Böhmens ist, ersieht man schon daraus, daß allein in Prcsnitz jährlich
über dreihundert Neisccvncessioncn ertheilt werden, und daß auf jede vou diesen
fünf bis sechs Personen reisen.

Festkalender aus Böhmen. Ein Beitrag zur Kenntniß des Volkslebens
und Volksglaubens in Böhmen. Von O. Frhrn. von Neinsb erg-D ürings-
fcld. Erste Lieferung. Wien und Prag, Kober und Markgraf. 1861. Eine Zu¬
sammenstellung der Sitten und Gebräuche , Spiele und abergläubischen Meinungen
des czcchischcn Volkes, geordnet nach den Jahrestagen. Ferner findet man darin
die Namen der in Böhmen verehrten Heiligen, die Bezeichnung der ihnen geweihten
Kirchen, die Erklärung der kirchlichen Feste, die hauptsächlichsten Wallfahrten und
Gnadenorte, die Volks-, Schützen- und Kinderfeste Böhmens verzeichnet. Nach Er¬
scheinen des Ganzen berichten wir ausführlicher über das Unternehmen.




Mit Ur.' beginnt diese Zeitschrift ein reifes Kuartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im März 1861.Die Nerlagshandlnng




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L Herd ig — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0490] Vermischte Literatur. Volkswirthschaft und Arbeitspflege im böhmischen Erzgebirge von Dr. Th. Pisling. Wien und Prag, Kober und Markgraf, 1861. Eine gute Anzahl brauchbarer Notizen eingebettet in eine noch größere Masse von Phrasen und Oberflächlichkeiten. Für weitere Kreise von Interesse ist, was der Verfasser über das „musikalische Proletariat" berichtet, welches wir in den böhmischen Musi¬ kanten und Harfenmädchen unserer Messen und Badeorte vor uns haben. Der Haupt- und Stammort der böhmischen Musik wäre nach ihm das Bergstädtchen Prcsnitz und der Gründer der Harscninufiknnten-Industrie der dortige Bürgermeister Ignaz Walter (regierte von 1776 bis 1792), das erste Harfenmädchen, welches ge¬ reist und mit der Harfe Geld verdient, Anna Görncr, noch jetzt im Volksmundc unter dem'Namen „Singrcsannemidl". Durch Hungerjahre und das napoleonische Contincntalsystem unterstützt, griff später die Musik und die Reiselust immer weiter um sich, und setzt ist beides über das ganze Erzgebirge verbreitet. Aber noch immer ist Prcsnitz die Hauptstadt des Musirantcnthnms, Um die Bergstadt herum sind die Ortschaften Sonnebcrg, Kupferberg, Ncischdorf, Schmiedeberg, Dörnsdorf, Sorgcnthal, Christophhammcr, Glcischwitz, Wohlbau, Ncudörfl und Anzcndorf die Heimat der Harfen¬ mädchen, während die Sitze der kleinen Orchester mehr im westlichen Erzgebirge und zwar hauptsächlich in Joachimsthal, Gottcsgab, Fribus, Seifen und Platten zu suchen sind. ' Graslitz liefert die Instrumente. Wie groß die Zahl der Wandcr- mufikanten Böhmens ist, ersieht man schon daraus, daß allein in Prcsnitz jährlich über dreihundert Neisccvncessioncn ertheilt werden, und daß auf jede vou diesen fünf bis sechs Personen reisen. Festkalender aus Böhmen. Ein Beitrag zur Kenntniß des Volkslebens und Volksglaubens in Böhmen. Von O. Frhrn. von Neinsb erg-D ürings- fcld. Erste Lieferung. Wien und Prag, Kober und Markgraf. 1861. Eine Zu¬ sammenstellung der Sitten und Gebräuche , Spiele und abergläubischen Meinungen des czcchischcn Volkes, geordnet nach den Jahrestagen. Ferner findet man darin die Namen der in Böhmen verehrten Heiligen, die Bezeichnung der ihnen geweihten Kirchen, die Erklärung der kirchlichen Feste, die hauptsächlichsten Wallfahrten und Gnadenorte, die Volks-, Schützen- und Kinderfeste Böhmens verzeichnet. Nach Er¬ scheinen des Ganzen berichten wir ausführlicher über das Unternehmen. Mit Ur.' beginnt diese Zeitschrift ein reifes Kuartal, welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬ ziehen ist. Leipzig, im März 1861.Die Nerlagshandlnng Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L Herd ig — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/490>, abgerufen am 24.08.2024.