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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Die Staaten des nordnmmkanisclM Sonderbimdes.

Seit unserm letzten Blick auf die Revolution in den Vereinigten Staaten
ist die Möglichkeit eines definitiven Zerfalls der Union der Wahrscheinlichkeit
bedeutend naher gerückt. Theils durch die Sympathien, theils durch die
Willensschwäche Präsident Buchanans gefördert, durch Leidenschaft über ihr
wahres Interesse verblendet, sind die Demokraten des Südens bereits so
weit gelangt, daß sie ti>e Bevölkerung von sieben Staaten vermochten, den
Austritt aus der Union zu beschließen, und da die Leidenschaft sich nicht be¬
rechnen läßt, ist schwer zu sagen, was sich zunächst daraus entwickeln wird.
In den Nordstaaten war man nach den letzten Berichten zwar geneigt, auf
ein Kompromiß einzugehen, die ausgetretenen Südstaaten aber wollen von
einer Umkehr auf dem beschrittenen Wege nichts wissen und fahren, während
der Norden in Washington über den Frieden deliberirt, mit Rüstungen fort.

Die Partei der Vermittelung zwischen den beiden Gruppen ist sehr thätig,
hat jedoch bis jetzt nur so viel erreicht, daß es noch zu keinem bewaffneten
Zusammenstoß gekommen ist. Verschiedene Vorschlüge sind ersonnen worden,
um den Süden und zugleich den Norden zufrieden zu stellen, aber weder der
Kongreß, in welchem jetzt die Republikaner die Mehrheit haben, noch die
Führer des im Entstehen begriffenen Sonderbundes haben dieselben bis jetzt
annehmbar befunden. Virginien bemüht sich nach beiden Seiten hin, die Ein¬
willigung in die Bedingungen zu erlangen, die der Union wieder Halt geben
sollen. Kentucky und Tennessee haben den Antrag auf Losreißung, ja selbst den
auf Berufung einer Convention zur Berathung über eine solche Maßregel rund
weg abgewiesen. Missouri und Arkansas schwanken noch. Maryland zeigt
sich entschieden unionsfreundlich. In Nordcarolina die Erklärung, austreten
Zu wollen, falls kein Vergleich zu Stande kommt. Zu Montgomery in
Alabama eine Convention der ausgetretnen Staaten, welche dieselben zu einer
südlichen Union constituirt, in Jefferson Davis einen Präsidenten wählt und
die Trennung vom alten Bunde feierlich für unwiderruflich und ewig erklärt.

Der bisherige Präsident, seit Anfang des Jahres etwas mehr Energie
entwickelnd, redet in seiner letzten Botschaft zur Sühne, erklärt aber zugleich, daß
°s seine Pflicht, das Bundcseigenthum zu schützen, und daß ein blutiger Zu¬
sammenstoß nicht zu vermeiden, falls dasselbe von den Separatisten im Süden
angegriffen werde. Der neue Präsident, wie es scheint, ein ähnlicher Charakter
Wie Jackson, wird jedenfalls weitergehen. Er läßt sein Organ in Svringsield


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Die Staaten des nordnmmkanisclM Sonderbimdes.

Seit unserm letzten Blick auf die Revolution in den Vereinigten Staaten
ist die Möglichkeit eines definitiven Zerfalls der Union der Wahrscheinlichkeit
bedeutend naher gerückt. Theils durch die Sympathien, theils durch die
Willensschwäche Präsident Buchanans gefördert, durch Leidenschaft über ihr
wahres Interesse verblendet, sind die Demokraten des Südens bereits so
weit gelangt, daß sie ti>e Bevölkerung von sieben Staaten vermochten, den
Austritt aus der Union zu beschließen, und da die Leidenschaft sich nicht be¬
rechnen läßt, ist schwer zu sagen, was sich zunächst daraus entwickeln wird.
In den Nordstaaten war man nach den letzten Berichten zwar geneigt, auf
ein Kompromiß einzugehen, die ausgetretenen Südstaaten aber wollen von
einer Umkehr auf dem beschrittenen Wege nichts wissen und fahren, während
der Norden in Washington über den Frieden deliberirt, mit Rüstungen fort.

Die Partei der Vermittelung zwischen den beiden Gruppen ist sehr thätig,
hat jedoch bis jetzt nur so viel erreicht, daß es noch zu keinem bewaffneten
Zusammenstoß gekommen ist. Verschiedene Vorschlüge sind ersonnen worden,
um den Süden und zugleich den Norden zufrieden zu stellen, aber weder der
Kongreß, in welchem jetzt die Republikaner die Mehrheit haben, noch die
Führer des im Entstehen begriffenen Sonderbundes haben dieselben bis jetzt
annehmbar befunden. Virginien bemüht sich nach beiden Seiten hin, die Ein¬
willigung in die Bedingungen zu erlangen, die der Union wieder Halt geben
sollen. Kentucky und Tennessee haben den Antrag auf Losreißung, ja selbst den
auf Berufung einer Convention zur Berathung über eine solche Maßregel rund
weg abgewiesen. Missouri und Arkansas schwanken noch. Maryland zeigt
sich entschieden unionsfreundlich. In Nordcarolina die Erklärung, austreten
Zu wollen, falls kein Vergleich zu Stande kommt. Zu Montgomery in
Alabama eine Convention der ausgetretnen Staaten, welche dieselben zu einer
südlichen Union constituirt, in Jefferson Davis einen Präsidenten wählt und
die Trennung vom alten Bunde feierlich für unwiderruflich und ewig erklärt.

Der bisherige Präsident, seit Anfang des Jahres etwas mehr Energie
entwickelnd, redet in seiner letzten Botschaft zur Sühne, erklärt aber zugleich, daß
°s seine Pflicht, das Bundcseigenthum zu schützen, und daß ein blutiger Zu¬
sammenstoß nicht zu vermeiden, falls dasselbe von den Separatisten im Süden
angegriffen werde. Der neue Präsident, wie es scheint, ein ähnlicher Charakter
Wie Jackson, wird jedenfalls weitergehen. Er läßt sein Organ in Svringsield


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[0421] Die Staaten des nordnmmkanisclM Sonderbimdes. Seit unserm letzten Blick auf die Revolution in den Vereinigten Staaten ist die Möglichkeit eines definitiven Zerfalls der Union der Wahrscheinlichkeit bedeutend naher gerückt. Theils durch die Sympathien, theils durch die Willensschwäche Präsident Buchanans gefördert, durch Leidenschaft über ihr wahres Interesse verblendet, sind die Demokraten des Südens bereits so weit gelangt, daß sie ti>e Bevölkerung von sieben Staaten vermochten, den Austritt aus der Union zu beschließen, und da die Leidenschaft sich nicht be¬ rechnen läßt, ist schwer zu sagen, was sich zunächst daraus entwickeln wird. In den Nordstaaten war man nach den letzten Berichten zwar geneigt, auf ein Kompromiß einzugehen, die ausgetretenen Südstaaten aber wollen von einer Umkehr auf dem beschrittenen Wege nichts wissen und fahren, während der Norden in Washington über den Frieden deliberirt, mit Rüstungen fort. Die Partei der Vermittelung zwischen den beiden Gruppen ist sehr thätig, hat jedoch bis jetzt nur so viel erreicht, daß es noch zu keinem bewaffneten Zusammenstoß gekommen ist. Verschiedene Vorschlüge sind ersonnen worden, um den Süden und zugleich den Norden zufrieden zu stellen, aber weder der Kongreß, in welchem jetzt die Republikaner die Mehrheit haben, noch die Führer des im Entstehen begriffenen Sonderbundes haben dieselben bis jetzt annehmbar befunden. Virginien bemüht sich nach beiden Seiten hin, die Ein¬ willigung in die Bedingungen zu erlangen, die der Union wieder Halt geben sollen. Kentucky und Tennessee haben den Antrag auf Losreißung, ja selbst den auf Berufung einer Convention zur Berathung über eine solche Maßregel rund weg abgewiesen. Missouri und Arkansas schwanken noch. Maryland zeigt sich entschieden unionsfreundlich. In Nordcarolina die Erklärung, austreten Zu wollen, falls kein Vergleich zu Stande kommt. Zu Montgomery in Alabama eine Convention der ausgetretnen Staaten, welche dieselben zu einer südlichen Union constituirt, in Jefferson Davis einen Präsidenten wählt und die Trennung vom alten Bunde feierlich für unwiderruflich und ewig erklärt. Der bisherige Präsident, seit Anfang des Jahres etwas mehr Energie entwickelnd, redet in seiner letzten Botschaft zur Sühne, erklärt aber zugleich, daß °s seine Pflicht, das Bundcseigenthum zu schützen, und daß ein blutiger Zu¬ sammenstoß nicht zu vermeiden, falls dasselbe von den Separatisten im Süden angegriffen werde. Der neue Präsident, wie es scheint, ein ähnlicher Charakter Wie Jackson, wird jedenfalls weitergehen. Er läßt sein Organ in Svringsield 52"°

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/421>, abgerufen am 15.01.2025.