Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.Die Miliciolulie. Die bei Springer in Berlin erschienene Broschüre "der Besitz Vcnetiens" hat in No. 2 der Grenzboten bereits vom politischen Standpunkte ans eine genügende Beleuchtung gefunden. Im Folgenden versuchen wir den Ver¬ fasser derselben auch in seiner Eigenschaft als Militär und Stratege des Irr¬ thums zu überführen. Der Verfasser sagt: Wenn Venetien dem neuitalienischen Reiche einverleibt Wir überlassen es dem Politiker, den Satz des Verfassers zu widerlegen, Die maritime Bedeutung Venedigs spielt überhaupt eine hervorragende Dabei rechnet die Schrift mit ungeheuren Zahlen. Die nächsten Jahre Grenzboten I. 1SL1, 21
Die Miliciolulie. Die bei Springer in Berlin erschienene Broschüre „der Besitz Vcnetiens" hat in No. 2 der Grenzboten bereits vom politischen Standpunkte ans eine genügende Beleuchtung gefunden. Im Folgenden versuchen wir den Ver¬ fasser derselben auch in seiner Eigenschaft als Militär und Stratege des Irr¬ thums zu überführen. Der Verfasser sagt: Wenn Venetien dem neuitalienischen Reiche einverleibt Wir überlassen es dem Politiker, den Satz des Verfassers zu widerlegen, Die maritime Bedeutung Venedigs spielt überhaupt eine hervorragende Dabei rechnet die Schrift mit ungeheuren Zahlen. Die nächsten Jahre Grenzboten I. 1SL1, 21
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111145"/> </div> <div n="1"> <head> Die Miliciolulie.</head><lb/> <note type="argument"> Die bei Springer in Berlin erschienene Broschüre „der Besitz Vcnetiens"<lb/> hat in No. 2 der Grenzboten bereits vom politischen Standpunkte ans<lb/> eine genügende Beleuchtung gefunden. Im Folgenden versuchen wir den Ver¬<lb/> fasser derselben auch in seiner Eigenschaft als Militär und Stratege des Irr¬<lb/> thums zu überführen.</note><lb/> <p xml:id="ID_849"> Der Verfasser sagt: Wenn Venetien dem neuitalienischen Reiche einverleibt<lb/> wird, so werden die Franzosen in Venedig eine mächtige Flotte stationiren und<lb/> ihre Arsenale für dieselbe anlegen; sie werden sich (man merke, die Franzosen)<lb/> Dalmatien und Jllyrien einverleiben und militärisch gegen den Orient ope-<lb/> riren!</p><lb/> <p xml:id="ID_850"> Wir überlassen es dem Politiker, den Satz des Verfassers zu widerlegen,<lb/> daß Italien der ewige Verbündete und dienstbare Vasall Frankreichs sein wird.<lb/> Bis jetzt ist es aber doch eine unerhörte Voraussetzung, daß eine Macht aus<lb/> dem Gebiet einer andern, wenn auch noch so kleinen, noch so unterwürfigen,<lb/> oder strategisch noch wichtigern, ihre dauernden Kriegsdepots und Werkstätten<lb/> anlegt. Hat jemals Rußland in Kiel oder im Piräus, England in Lissabon,<lb/> Oestreich in Ancona oder Catania Arsenale gegründet, ja nur den Anflug-eines<lb/> solchen Gedankens gehabt?</p><lb/> <p xml:id="ID_851"> Die maritime Bedeutung Venedigs spielt überhaupt eine hervorragende<lb/> Rolle in dem Buche. Von Venedig aus soll unter Umständen die französisch-<lb/> italienische Flotte den östlichen Theil des Mittelmeers beherrschen und England<lb/> daraus verdrängen. England soll dadurch genöthigt werden, seine Seemacht<lb/> 5« theilen und sich zu schwächen. Daß der Verfasser hierbei die Bedeutung<lb/> Korfus. namentlich in seiner nahen Verbindung mit Malta, nicht würdigt, ist<lb/> Sache der Ansicht. Entschieden fehlerhaft aber ist. daß er vergißt, zu bemer¬<lb/> kn, wie auch Frankreich seine Seemacht theilen muß, wenn es einen bedeu¬<lb/> tenden Theil in den Sack des adriatischen Meeres steckt.</p><lb/> <p xml:id="ID_852" next="#ID_853"> Dabei rechnet die Schrift mit ungeheuren Zahlen. Die nächsten Jahre<lb/> Gingen uns Flotten von 60 Schraubenlinienschiffen für Frankreich, Von 30<lb/> sür Italien, von 30 für Spanien, von 10 für Oestreich, und England wird</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1SL1, 21</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Die Miliciolulie.
Die bei Springer in Berlin erschienene Broschüre „der Besitz Vcnetiens"
hat in No. 2 der Grenzboten bereits vom politischen Standpunkte ans
eine genügende Beleuchtung gefunden. Im Folgenden versuchen wir den Ver¬
fasser derselben auch in seiner Eigenschaft als Militär und Stratege des Irr¬
thums zu überführen.
Der Verfasser sagt: Wenn Venetien dem neuitalienischen Reiche einverleibt
wird, so werden die Franzosen in Venedig eine mächtige Flotte stationiren und
ihre Arsenale für dieselbe anlegen; sie werden sich (man merke, die Franzosen)
Dalmatien und Jllyrien einverleiben und militärisch gegen den Orient ope-
riren!
Wir überlassen es dem Politiker, den Satz des Verfassers zu widerlegen,
daß Italien der ewige Verbündete und dienstbare Vasall Frankreichs sein wird.
Bis jetzt ist es aber doch eine unerhörte Voraussetzung, daß eine Macht aus
dem Gebiet einer andern, wenn auch noch so kleinen, noch so unterwürfigen,
oder strategisch noch wichtigern, ihre dauernden Kriegsdepots und Werkstätten
anlegt. Hat jemals Rußland in Kiel oder im Piräus, England in Lissabon,
Oestreich in Ancona oder Catania Arsenale gegründet, ja nur den Anflug-eines
solchen Gedankens gehabt?
Die maritime Bedeutung Venedigs spielt überhaupt eine hervorragende
Rolle in dem Buche. Von Venedig aus soll unter Umständen die französisch-
italienische Flotte den östlichen Theil des Mittelmeers beherrschen und England
daraus verdrängen. England soll dadurch genöthigt werden, seine Seemacht
5« theilen und sich zu schwächen. Daß der Verfasser hierbei die Bedeutung
Korfus. namentlich in seiner nahen Verbindung mit Malta, nicht würdigt, ist
Sache der Ansicht. Entschieden fehlerhaft aber ist. daß er vergißt, zu bemer¬
kn, wie auch Frankreich seine Seemacht theilen muß, wenn es einen bedeu¬
tenden Theil in den Sack des adriatischen Meeres steckt.
Dabei rechnet die Schrift mit ungeheuren Zahlen. Die nächsten Jahre
Gingen uns Flotten von 60 Schraubenlinienschiffen für Frankreich, Von 30
sür Italien, von 30 für Spanien, von 10 für Oestreich, und England wird
Grenzboten I. 1SL1, 21
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |