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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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zu werden, da dort die Franzosen standen, und deshalb eine Landung an der
Küste des mittelländischen Meeres nicht wohl thunlich war. Der General zur
ekel wählte deshalb mit dem Gros seiner Armee die Stellung in der zwischen
Fuligno und Spoleto gelegnen Ebene, von wo er in wenigen Märschen an
jedem bedrohten Punkte sein konnte. Im Norden waren lediglich Viterbo
und Perugia mit eigentlichen Garnisonen, und Pesarv nur mit einem kleinen
Detachement besetzt. In Ancona befanden sich außer den Depüt-Compagnien
mehrerer Corps nur 1 und östreichisches Bersaglieri-Bataillon, 2 Batte¬
rien Feld-Artillerie und die Festungs-Artillerie. In Macerata stand ebenfalls
eine kleine Marschbrigadc, die aus 2 Iägerbataillonen und einer Feldbatterie
zusammengesetzt war. Die Gensdarmerie war über das gesammte Land ver¬
theilt, wie gewöhnlich.

So stand diese kleine Armee, gewiß der Mehrzahl nach voll Vertrauen
auf ihren Führer, muthig in eine kriegerische Zukunft blickend, als ihr von
einer ganz unerwarteten Seite her der Untergang bereitet werden sollte.


M. v., A.


Preußens Politik.

Die Turiner Note des Herrn v. Schleinitz -- bereits so viel besprochen
und begutachtet -- bezeichnet einen Wendepunkt der öffentlichen Meinung in
Deutschland. Sicherlich war das nicht die Absicht Derer, welche die Geschicke
Preußens gegenwärtig in der Hand halten. Sie haben kein Unheil ahnend
diese Begutachtung einer fremden Politik abgesandt,, wahrscheinlich in dem
Selbstgefühle, daß es ehrlich und zeitgemäß sei, auch hier eine Ueberzeugung
auszusprechen. So mag der preußischen Regierung selbst überraschend gewesen
sein, wie dies Aktenstück, und noch mehr die ungeschickten Erläuterungen in
der Preußischen Zeitung und leider auch im Preußischen Wochenblatt auf die
öffentliche Meinung gewirkt haben. Die Regierung konnte sich in den Augen
der Deutschen kaum größeren Schaden thun. Hatte sie denn so feste andere
Bundesgenossen gewonnen, daß ihr gleichgültig sei" durste, was alle die
von ihr dachten, welche die Interessen und den Beruf Preußens höher und
stolzer fassen, als sie selbst? Lag denn so wenig an der Popularität des
erlauchten Herrn, welcher jetzt Haupt und Hoffnung der Preußen ist, daß man


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zu werden, da dort die Franzosen standen, und deshalb eine Landung an der
Küste des mittelländischen Meeres nicht wohl thunlich war. Der General zur
ekel wählte deshalb mit dem Gros seiner Armee die Stellung in der zwischen
Fuligno und Spoleto gelegnen Ebene, von wo er in wenigen Märschen an
jedem bedrohten Punkte sein konnte. Im Norden waren lediglich Viterbo
und Perugia mit eigentlichen Garnisonen, und Pesarv nur mit einem kleinen
Detachement besetzt. In Ancona befanden sich außer den Depüt-Compagnien
mehrerer Corps nur 1 und östreichisches Bersaglieri-Bataillon, 2 Batte¬
rien Feld-Artillerie und die Festungs-Artillerie. In Macerata stand ebenfalls
eine kleine Marschbrigadc, die aus 2 Iägerbataillonen und einer Feldbatterie
zusammengesetzt war. Die Gensdarmerie war über das gesammte Land ver¬
theilt, wie gewöhnlich.

So stand diese kleine Armee, gewiß der Mehrzahl nach voll Vertrauen
auf ihren Führer, muthig in eine kriegerische Zukunft blickend, als ihr von
einer ganz unerwarteten Seite her der Untergang bereitet werden sollte.


M. v., A.


Preußens Politik.

Die Turiner Note des Herrn v. Schleinitz — bereits so viel besprochen
und begutachtet — bezeichnet einen Wendepunkt der öffentlichen Meinung in
Deutschland. Sicherlich war das nicht die Absicht Derer, welche die Geschicke
Preußens gegenwärtig in der Hand halten. Sie haben kein Unheil ahnend
diese Begutachtung einer fremden Politik abgesandt,, wahrscheinlich in dem
Selbstgefühle, daß es ehrlich und zeitgemäß sei, auch hier eine Ueberzeugung
auszusprechen. So mag der preußischen Regierung selbst überraschend gewesen
sein, wie dies Aktenstück, und noch mehr die ungeschickten Erläuterungen in
der Preußischen Zeitung und leider auch im Preußischen Wochenblatt auf die
öffentliche Meinung gewirkt haben. Die Regierung konnte sich in den Augen
der Deutschen kaum größeren Schaden thun. Hatte sie denn so feste andere
Bundesgenossen gewonnen, daß ihr gleichgültig sei» durste, was alle die
von ihr dachten, welche die Interessen und den Beruf Preußens höher und
stolzer fassen, als sie selbst? Lag denn so wenig an der Popularität des
erlauchten Herrn, welcher jetzt Haupt und Hoffnung der Preußen ist, daß man


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/391>, abgerufen am 15.01.2025.