Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Alls Schleswig. So wüßten wir denn nun, worauf man mit den Untersuchungen wegen der Adres¬ Wie wenig man sich dabei an die öffentliche Meinung kehrt, oder wie sehr man Uebrigens wird den Dänen alles nichts helfen. Die nächste Ständeversammlung Heiberg hat noch keine Resolution ans seine seit dem 23. Juni beim Ministerium ^mntwortlicher Redacteur- Dr. Mori" Busch. Verlag von F. L. Herbia -- Druck von C. ki. videri in Leipzig, Alls Schleswig. So wüßten wir denn nun, worauf man mit den Untersuchungen wegen der Adres¬ Wie wenig man sich dabei an die öffentliche Meinung kehrt, oder wie sehr man Uebrigens wird den Dänen alles nichts helfen. Die nächste Ständeversammlung Heiberg hat noch keine Resolution ans seine seit dem 23. Juni beim Ministerium ^mntwortlicher Redacteur- Dr. Mori» Busch. Verlag von F. L. Herbia — Druck von C. ki. videri in Leipzig, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0292" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110640"/> </div> <div n="1"> <head> Alls Schleswig.</head><lb/> <p xml:id="ID_843"> So wüßten wir denn nun, worauf man mit den Untersuchungen wegen der Adres¬<lb/> sen an die Stände eigentlich abzielte. Es war den Dänen nicht so wohl, um eine Be¬<lb/> strafung mißliebiger Manifestationen der Volkswünsche, als darum zu thun, eine pas¬<lb/> sende Gelegenheit zur Verminderung der Zahl patriotischer Wühler zu finden. Die<lb/> Untersuchungen haben diese Gelegenheit gegeben, man hat sie mit Absicht so weit hinaus¬<lb/> gezogen, damit keine Freisprechung erfolge, bevor die Wahlen vorüber sind; aber das<lb/> kleinliche Mittel wird schwerlich von Bedeutung für das schließliche Ergebniß der Wahlen<lb/> sein. Man hat unter Andern in Schleswig gegen 200 Bürger, die bei der Adressenan-<lb/> gelegenhcit betheiligt sind, von den Wählerlisten gestrichen, obwol wider sie noch gar<lb/> kein Erkenntniß ergangen ist. In Eckernförde sind durch die Willkür der Dänen etwa<lb/> 100 Bürger ihres Wahlrechts verlustig gegangen. In dem seiner patriotischen Haltung wegen<lb/> im ganzen Herzogthum bekannten Flecken Hoher an der friesischen Westküste, dessen Vertreter<lb/> Brantweinbrenner Mathießen in allen Fragen mit der deutschen Majorität der Stände<lb/> stimmte, hat man noch radicaler durchgegriffen und alle Wähler ihres Rechts beraubt.</p><lb/> <p xml:id="ID_844"> Wie wenig man sich dabei an die öffentliche Meinung kehrt, oder wie sehr man<lb/> sichs vielmehr angelegen sein läßt, sie zu reizen, ersieht man daraus, daß auch Thomsen<lb/> von dem Wahlcollegium seines activen und passiven Wahlrechts verlustig erklärt wor¬<lb/> den ist. Rathmann Thomsen von Oldcnswort in Eiderstedt war bekanntlich einer der<lb/> drei Führer der Deutschen im flensburger Ständesaale, er galt für den tüchtigsten<lb/> Charakter und das beste parlamentarische Talent unter sämmtlichen Abgeordneten, er<lb/> hat im Reichsrath zu Kopenhagen energisch das Landesrecht Schleswigs vertreten und<lb/> noch voriges Jahr erklärt, daß er den Reichsrath seit dem Austritt der Vertreter Hol¬<lb/> steins und Laucnburgs nicht mehr für zu Recht bestehend betrachte. Die Dänen wollten<lb/> ihn damals hinaus maßregeln, indeß scheiterte die Absicht an den Resten von Rechts-<lb/> sinn, die sich die Versammlung bewahrt hatte. In Schleswig kennt man diesen An¬<lb/> stand nicht. Der Mann wird für unfähig zu wählen und gewühlt zu werden erklärt,<lb/> weil er — im Jahre 1849 eine Adresse an die Landesverfassung unterschrieben hat.<lb/> Daß inzwischen eine Amnestie ergangen ist, daß Thomsen bisher durch jenes Vergeh»<lb/> nicht verhindert wurde, seine staatsbürgerlichen Rechte auszuüben, daß er sechs Jahre<lb/> als Abgeordneter wirkte und zugleich Reichsrath war, kümmert die dänische Logik nicht.<lb/> Die Ordre des Mufti, das von Mihir als Rechtsgrund ist hier an der Tagesordnung.</p><lb/> <p xml:id="ID_845"> Uebrigens wird den Dänen alles nichts helfen. Die nächste Ständeversammlung<lb/> wird so deutsch wie die vorige sein und sehr wahrscheinlich einen bessern Präsidenten haben.<lb/> Ihre Schilderung des Betragens unscrsPolizeimcisters beim Bcgrübniß Gcrkcs ist noch viel<lb/> zu glimpflich, indeß ist es besser, zu wenig als zu viel zu sagen. Reinste doch schon die<lb/> Hälfte dessen, was hier geschieht, anderwärts aus, das Volk zur Verzweiflung zutreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_846"> Heiberg hat noch keine Resolution ans seine seit dem 23. Juni beim Ministerium<lb/> eingereichte Beschwerdeschrift über die Entscheidung des gvttorfer Amthauses. daß seine<lb/> Buchhandlung ungeachtet der entgegenstehenden Verfügung des Appellationsgerichts vom<lb/> 6. März d. I. geschlossen bleibe, bis die endliche gerichtliche Entscheidung erfolgt sei, ob er<lb/> sein Geschäft fortsetzen dürfe. Diese Sache ruht nun schon vier volle Monate, und nie¬<lb/> mand wird jetzt noch in Abrede stellen wollen, daß es von vornherein aus den Ruin Hei¬<lb/> bergs abgesehn war. Es heißt, ein dünischer Buchhändler werde sich jetzt hier niederlassen<lb/> und zwar solle derselbe jährlich tausend Reichsthaler Subvention von der Regierung<lb/> erhalten, da er es ohne diese Beihilfe nicht wagen wolle. (Vielleicht thäte es auch ein dü-<lb/> nischgesinnter deutscher Bibliopole, z.B. einer von den Herrn der Firma Adler u. Dietze in<lb/> Dresden, die, nachdem sie sich durch die dünenfreundliche ungewittcrschc Geographie einen<lb/> wenig beneidenswerther Ruf erworben, im vorigen Sommer die Stirn hatte, nicht blos<lb/> Heiberg, dem schwerbedrüngten Patrioten den weitern Kredit zu verweigern, sondern da¬<lb/> ran auch ihr Bedauern zu knüpfen, „daß eine neue Handlung, statt sich mit ganzer Seele<lb/><note type="byline"> D. Red.).</note> dem Sortiment zu widmen Politik treibe"</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> ^mntwortlicher Redacteur- Dr. Mori» Busch.<lb/> Verlag von F. L. Herbia — Druck von C. ki. videri in Leipzig,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0292]
Alls Schleswig.
So wüßten wir denn nun, worauf man mit den Untersuchungen wegen der Adres¬
sen an die Stände eigentlich abzielte. Es war den Dänen nicht so wohl, um eine Be¬
strafung mißliebiger Manifestationen der Volkswünsche, als darum zu thun, eine pas¬
sende Gelegenheit zur Verminderung der Zahl patriotischer Wühler zu finden. Die
Untersuchungen haben diese Gelegenheit gegeben, man hat sie mit Absicht so weit hinaus¬
gezogen, damit keine Freisprechung erfolge, bevor die Wahlen vorüber sind; aber das
kleinliche Mittel wird schwerlich von Bedeutung für das schließliche Ergebniß der Wahlen
sein. Man hat unter Andern in Schleswig gegen 200 Bürger, die bei der Adressenan-
gelegenhcit betheiligt sind, von den Wählerlisten gestrichen, obwol wider sie noch gar
kein Erkenntniß ergangen ist. In Eckernförde sind durch die Willkür der Dänen etwa
100 Bürger ihres Wahlrechts verlustig gegangen. In dem seiner patriotischen Haltung wegen
im ganzen Herzogthum bekannten Flecken Hoher an der friesischen Westküste, dessen Vertreter
Brantweinbrenner Mathießen in allen Fragen mit der deutschen Majorität der Stände
stimmte, hat man noch radicaler durchgegriffen und alle Wähler ihres Rechts beraubt.
Wie wenig man sich dabei an die öffentliche Meinung kehrt, oder wie sehr man
sichs vielmehr angelegen sein läßt, sie zu reizen, ersieht man daraus, daß auch Thomsen
von dem Wahlcollegium seines activen und passiven Wahlrechts verlustig erklärt wor¬
den ist. Rathmann Thomsen von Oldcnswort in Eiderstedt war bekanntlich einer der
drei Führer der Deutschen im flensburger Ständesaale, er galt für den tüchtigsten
Charakter und das beste parlamentarische Talent unter sämmtlichen Abgeordneten, er
hat im Reichsrath zu Kopenhagen energisch das Landesrecht Schleswigs vertreten und
noch voriges Jahr erklärt, daß er den Reichsrath seit dem Austritt der Vertreter Hol¬
steins und Laucnburgs nicht mehr für zu Recht bestehend betrachte. Die Dänen wollten
ihn damals hinaus maßregeln, indeß scheiterte die Absicht an den Resten von Rechts-
sinn, die sich die Versammlung bewahrt hatte. In Schleswig kennt man diesen An¬
stand nicht. Der Mann wird für unfähig zu wählen und gewühlt zu werden erklärt,
weil er — im Jahre 1849 eine Adresse an die Landesverfassung unterschrieben hat.
Daß inzwischen eine Amnestie ergangen ist, daß Thomsen bisher durch jenes Vergeh»
nicht verhindert wurde, seine staatsbürgerlichen Rechte auszuüben, daß er sechs Jahre
als Abgeordneter wirkte und zugleich Reichsrath war, kümmert die dänische Logik nicht.
Die Ordre des Mufti, das von Mihir als Rechtsgrund ist hier an der Tagesordnung.
Uebrigens wird den Dänen alles nichts helfen. Die nächste Ständeversammlung
wird so deutsch wie die vorige sein und sehr wahrscheinlich einen bessern Präsidenten haben.
Ihre Schilderung des Betragens unscrsPolizeimcisters beim Bcgrübniß Gcrkcs ist noch viel
zu glimpflich, indeß ist es besser, zu wenig als zu viel zu sagen. Reinste doch schon die
Hälfte dessen, was hier geschieht, anderwärts aus, das Volk zur Verzweiflung zutreiben.
Heiberg hat noch keine Resolution ans seine seit dem 23. Juni beim Ministerium
eingereichte Beschwerdeschrift über die Entscheidung des gvttorfer Amthauses. daß seine
Buchhandlung ungeachtet der entgegenstehenden Verfügung des Appellationsgerichts vom
6. März d. I. geschlossen bleibe, bis die endliche gerichtliche Entscheidung erfolgt sei, ob er
sein Geschäft fortsetzen dürfe. Diese Sache ruht nun schon vier volle Monate, und nie¬
mand wird jetzt noch in Abrede stellen wollen, daß es von vornherein aus den Ruin Hei¬
bergs abgesehn war. Es heißt, ein dünischer Buchhändler werde sich jetzt hier niederlassen
und zwar solle derselbe jährlich tausend Reichsthaler Subvention von der Regierung
erhalten, da er es ohne diese Beihilfe nicht wagen wolle. (Vielleicht thäte es auch ein dü-
nischgesinnter deutscher Bibliopole, z.B. einer von den Herrn der Firma Adler u. Dietze in
Dresden, die, nachdem sie sich durch die dünenfreundliche ungewittcrschc Geographie einen
wenig beneidenswerther Ruf erworben, im vorigen Sommer die Stirn hatte, nicht blos
Heiberg, dem schwerbedrüngten Patrioten den weitern Kredit zu verweigern, sondern da¬
ran auch ihr Bedauern zu knüpfen, „daß eine neue Handlung, statt sich mit ganzer Seele
D. Red.). dem Sortiment zu widmen Politik treibe"
^mntwortlicher Redacteur- Dr. Mori» Busch.
Verlag von F. L. Herbia — Druck von C. ki. videri in Leipzig,
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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