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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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mit ist der erste Theil der Verhandlungen geschlossen, und eine mehrjährige
Pause tritt ein. Die Wiederaufnahme und den Schluß derselben berichten wir
Julian Schmidt. im nächsten Heft.




Bilder aus Altbayern.*)
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Wenn wir uns die Frage vorlegen, was es ist, daß uns norddeutsche
der Charakter des Altbayern kroß vielfacher achtungswerther Züge eher ab¬
stößt als anzieht, so finden wir bei genauerem Zusehn den Hauptgrund da¬
rin, daß hier der sociale Schwerpunkt mehr im Bauernthum als im Bürger-
thum liegt, während in den Gegenden, welche für Norddeutschland den Ton
angeben, und ebenso in vielen Strichen des übrigbleibenden Südens, nament¬
lich in dem fränkischen und alemannischen, das Umgekehrte der Fall ist.
Der Bayer im engeren Sinne ist vorwiegend ein Lauer in der guten wie in
der Übeln Bedeutung des Wortes, und er hat so. abgesehn von seinem Ka¬
tholicismus und dem, was seine Heimath als ein Hochland bedingt, weit
mehr Aehnlichkeit mit dem Schleswig-Holsteiner, dem Mecklenburger und dem
Pommern als mit andern süddeutschen Verwandten von uns.

Im Uebrigen gilt, was schon vor dreihundert Jahren Vater Aventin
von den Bayern sagte: "Das bayerische Volk -- gemeiniglich davon zu reden
-- ist schlecht' und gerecht, läuft gern Kirchfahrten, hat auch viel Kirchfahrt
legt sich mehr auf den Ackerbau und das Vieh denn auf die Kriege, bleibt
gern daheim, reist nicht viel aus in fremde Lande, trinkt sehr, hat viel Kin¬
der, ist etwas unfreundlich und einmüthig (geradezu), treibt wenig Hanthierung
Es achtet nicht der Kaufmannschaft und kommen auch die Kaufleute nicht viel
zu ihm. Große und überflüssige Hochzeiten, Todtenmahle und Kirchtage haben
ist ehrlich und unsträflich, gereicht keinem zum Nachtheil" u. s. w.



") Wir folgen in diesen Schilderungen auszugsweise zum Theil den Abhandlungen Dahns
in der von ihm und Riehl herausgegebnen "Bavaria", deren ersten Halbbaud wir im vorigen
Heft angezeigt haben, zum Theil Ludwig Steubs anmuthigen Reisebuch "Das bayerische
Hochland" (gleich dem erstgenannten zu München, in der literarisch-artistischen Anstalt der
I. G. Cottasche" Buchhandlung erschienen). Letzteres ist nicht blos als vortrefflicher Reise¬
führer, sondern auch seines gesunden und liebenswürdigen Humors wegen zu empfehlen.

mit ist der erste Theil der Verhandlungen geschlossen, und eine mehrjährige
Pause tritt ein. Die Wiederaufnahme und den Schluß derselben berichten wir
Julian Schmidt. im nächsten Heft.




Bilder aus Altbayern.*)
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Wenn wir uns die Frage vorlegen, was es ist, daß uns norddeutsche
der Charakter des Altbayern kroß vielfacher achtungswerther Züge eher ab¬
stößt als anzieht, so finden wir bei genauerem Zusehn den Hauptgrund da¬
rin, daß hier der sociale Schwerpunkt mehr im Bauernthum als im Bürger-
thum liegt, während in den Gegenden, welche für Norddeutschland den Ton
angeben, und ebenso in vielen Strichen des übrigbleibenden Südens, nament¬
lich in dem fränkischen und alemannischen, das Umgekehrte der Fall ist.
Der Bayer im engeren Sinne ist vorwiegend ein Lauer in der guten wie in
der Übeln Bedeutung des Wortes, und er hat so. abgesehn von seinem Ka¬
tholicismus und dem, was seine Heimath als ein Hochland bedingt, weit
mehr Aehnlichkeit mit dem Schleswig-Holsteiner, dem Mecklenburger und dem
Pommern als mit andern süddeutschen Verwandten von uns.

Im Uebrigen gilt, was schon vor dreihundert Jahren Vater Aventin
von den Bayern sagte: „Das bayerische Volk — gemeiniglich davon zu reden
— ist schlecht' und gerecht, läuft gern Kirchfahrten, hat auch viel Kirchfahrt
legt sich mehr auf den Ackerbau und das Vieh denn auf die Kriege, bleibt
gern daheim, reist nicht viel aus in fremde Lande, trinkt sehr, hat viel Kin¬
der, ist etwas unfreundlich und einmüthig (geradezu), treibt wenig Hanthierung
Es achtet nicht der Kaufmannschaft und kommen auch die Kaufleute nicht viel
zu ihm. Große und überflüssige Hochzeiten, Todtenmahle und Kirchtage haben
ist ehrlich und unsträflich, gereicht keinem zum Nachtheil" u. s. w.



") Wir folgen in diesen Schilderungen auszugsweise zum Theil den Abhandlungen Dahns
in der von ihm und Riehl herausgegebnen „Bavaria", deren ersten Halbbaud wir im vorigen
Heft angezeigt haben, zum Theil Ludwig Steubs anmuthigen Reisebuch „Das bayerische
Hochland" (gleich dem erstgenannten zu München, in der literarisch-artistischen Anstalt der
I. G. Cottasche» Buchhandlung erschienen). Letzteres ist nicht blos als vortrefflicher Reise¬
führer, sondern auch seines gesunden und liebenswürdigen Humors wegen zu empfehlen.
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[0195] mit ist der erste Theil der Verhandlungen geschlossen, und eine mehrjährige Pause tritt ein. Die Wiederaufnahme und den Schluß derselben berichten wir Julian Schmidt. im nächsten Heft. Bilder aus Altbayern.*) ^!-ni!^^^^ -!-,KM-, Wenn wir uns die Frage vorlegen, was es ist, daß uns norddeutsche der Charakter des Altbayern kroß vielfacher achtungswerther Züge eher ab¬ stößt als anzieht, so finden wir bei genauerem Zusehn den Hauptgrund da¬ rin, daß hier der sociale Schwerpunkt mehr im Bauernthum als im Bürger- thum liegt, während in den Gegenden, welche für Norddeutschland den Ton angeben, und ebenso in vielen Strichen des übrigbleibenden Südens, nament¬ lich in dem fränkischen und alemannischen, das Umgekehrte der Fall ist. Der Bayer im engeren Sinne ist vorwiegend ein Lauer in der guten wie in der Übeln Bedeutung des Wortes, und er hat so. abgesehn von seinem Ka¬ tholicismus und dem, was seine Heimath als ein Hochland bedingt, weit mehr Aehnlichkeit mit dem Schleswig-Holsteiner, dem Mecklenburger und dem Pommern als mit andern süddeutschen Verwandten von uns. Im Uebrigen gilt, was schon vor dreihundert Jahren Vater Aventin von den Bayern sagte: „Das bayerische Volk — gemeiniglich davon zu reden — ist schlecht' und gerecht, läuft gern Kirchfahrten, hat auch viel Kirchfahrt legt sich mehr auf den Ackerbau und das Vieh denn auf die Kriege, bleibt gern daheim, reist nicht viel aus in fremde Lande, trinkt sehr, hat viel Kin¬ der, ist etwas unfreundlich und einmüthig (geradezu), treibt wenig Hanthierung Es achtet nicht der Kaufmannschaft und kommen auch die Kaufleute nicht viel zu ihm. Große und überflüssige Hochzeiten, Todtenmahle und Kirchtage haben ist ehrlich und unsträflich, gereicht keinem zum Nachtheil" u. s. w. ") Wir folgen in diesen Schilderungen auszugsweise zum Theil den Abhandlungen Dahns in der von ihm und Riehl herausgegebnen „Bavaria", deren ersten Halbbaud wir im vorigen Heft angezeigt haben, zum Theil Ludwig Steubs anmuthigen Reisebuch „Das bayerische Hochland" (gleich dem erstgenannten zu München, in der literarisch-artistischen Anstalt der I. G. Cottasche» Buchhandlung erschienen). Letzteres ist nicht blos als vortrefflicher Reise¬ führer, sondern auch seines gesunden und liebenswürdigen Humors wegen zu empfehlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/195>, abgerufen am 15.01.2025.