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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Wenden sich die beiden vorsiehend charakterisirten radicalen Blätter an
die Aristokratie unter den Demokraten, so sind die übrigen vier radicalen Wo¬
chenschriften: Sunday Times mit 6200. Weekly Dispatch mit 40,000.
Weekly Times mit 76.000 und das eine Zeit lang von dein setzt verstor¬
benen Douglas Jerrold redigirte Lloyds Weekly Newspaper mit 96.000
Exemplaren an die große Masse des Volkes gewendet. -

Von den illustritten Wochenblättern hat die Illustrated London Ti¬
mes, die 1842 ihre erste Nummer ausgab, die enorme Auflage von 130,000
Exemplaren erreicht. Die mit ihr concurrirende, weniger gute Illustrated
Times hat es nur zu etwa 9000 gebracht. Der bekannte Punch, 1841 ent¬
standen, zählt zwischen 8- und 9000 Abonnenten.

Sehr verständig scheint uns, was Fontane über die radicalen Blätter
sagt. "Die persönliche Freiheit ist groß, und als Theil dieser Freiheit wird
das Recht betrachtet, klagen und schimpfen zu können. Das Klagen selbst ist
Zweck. Behaglich, wie das Volk sich fühlt, würde es unter allen Umständen
schwer sein, es aufzustacheln. Aber diese Absicht hat Niemand, am aller¬
wenigsten die radicale Presse. Im Volke fehlen die Pulverfässer, und in der
Presse die Blitze. Es liegt durchaus nichts Zündendes in diesen fulminan¬
ten Artikeln, es sind kalte Schläge, und es sollen kalte Schläge sein.




Die italienische Bewegung.

Mit einer unerbittlichen Logik und mit einer Schnelligkeit, die selbst eine
an Wunder gewöhnte Zeit in Erstaunen setzen kann, gehn die Ereignisse in
Italien ihren Gang: zu welchem lAusgang sie führen, steht in einer höheren
Hand, deren Rathschlüsse zu erforschen uns versagt ist. Eben so wenig kön¬
nen wir ihnen zu Hilfe kommen; uns bleibt nichts übrig als über das Ge¬
schehene unser Urtheil, über das zu Erwartende unsere Wünsche ins Klare
zu setzen.

König Victor Emanuel hat in seiner Proclamation vom 9. October sein
Ziel, seine Lage, die Geschichte seines Unternehmens mit einer antiken Klar¬
heit auseinander gesetzt, die nichts zu wünschen übrig läßt, wenn wir von


Wenden sich die beiden vorsiehend charakterisirten radicalen Blätter an
die Aristokratie unter den Demokraten, so sind die übrigen vier radicalen Wo¬
chenschriften: Sunday Times mit 6200. Weekly Dispatch mit 40,000.
Weekly Times mit 76.000 und das eine Zeit lang von dein setzt verstor¬
benen Douglas Jerrold redigirte Lloyds Weekly Newspaper mit 96.000
Exemplaren an die große Masse des Volkes gewendet. -

Von den illustritten Wochenblättern hat die Illustrated London Ti¬
mes, die 1842 ihre erste Nummer ausgab, die enorme Auflage von 130,000
Exemplaren erreicht. Die mit ihr concurrirende, weniger gute Illustrated
Times hat es nur zu etwa 9000 gebracht. Der bekannte Punch, 1841 ent¬
standen, zählt zwischen 8- und 9000 Abonnenten.

Sehr verständig scheint uns, was Fontane über die radicalen Blätter
sagt. „Die persönliche Freiheit ist groß, und als Theil dieser Freiheit wird
das Recht betrachtet, klagen und schimpfen zu können. Das Klagen selbst ist
Zweck. Behaglich, wie das Volk sich fühlt, würde es unter allen Umständen
schwer sein, es aufzustacheln. Aber diese Absicht hat Niemand, am aller¬
wenigsten die radicale Presse. Im Volke fehlen die Pulverfässer, und in der
Presse die Blitze. Es liegt durchaus nichts Zündendes in diesen fulminan¬
ten Artikeln, es sind kalte Schläge, und es sollen kalte Schläge sein.




Die italienische Bewegung.

Mit einer unerbittlichen Logik und mit einer Schnelligkeit, die selbst eine
an Wunder gewöhnte Zeit in Erstaunen setzen kann, gehn die Ereignisse in
Italien ihren Gang: zu welchem lAusgang sie führen, steht in einer höheren
Hand, deren Rathschlüsse zu erforschen uns versagt ist. Eben so wenig kön¬
nen wir ihnen zu Hilfe kommen; uns bleibt nichts übrig als über das Ge¬
schehene unser Urtheil, über das zu Erwartende unsere Wünsche ins Klare
zu setzen.

König Victor Emanuel hat in seiner Proclamation vom 9. October sein
Ziel, seine Lage, die Geschichte seines Unternehmens mit einer antiken Klar¬
heit auseinander gesetzt, die nichts zu wünschen übrig läßt, wenn wir von


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[0166] Wenden sich die beiden vorsiehend charakterisirten radicalen Blätter an die Aristokratie unter den Demokraten, so sind die übrigen vier radicalen Wo¬ chenschriften: Sunday Times mit 6200. Weekly Dispatch mit 40,000. Weekly Times mit 76.000 und das eine Zeit lang von dein setzt verstor¬ benen Douglas Jerrold redigirte Lloyds Weekly Newspaper mit 96.000 Exemplaren an die große Masse des Volkes gewendet. - Von den illustritten Wochenblättern hat die Illustrated London Ti¬ mes, die 1842 ihre erste Nummer ausgab, die enorme Auflage von 130,000 Exemplaren erreicht. Die mit ihr concurrirende, weniger gute Illustrated Times hat es nur zu etwa 9000 gebracht. Der bekannte Punch, 1841 ent¬ standen, zählt zwischen 8- und 9000 Abonnenten. Sehr verständig scheint uns, was Fontane über die radicalen Blätter sagt. „Die persönliche Freiheit ist groß, und als Theil dieser Freiheit wird das Recht betrachtet, klagen und schimpfen zu können. Das Klagen selbst ist Zweck. Behaglich, wie das Volk sich fühlt, würde es unter allen Umständen schwer sein, es aufzustacheln. Aber diese Absicht hat Niemand, am aller¬ wenigsten die radicale Presse. Im Volke fehlen die Pulverfässer, und in der Presse die Blitze. Es liegt durchaus nichts Zündendes in diesen fulminan¬ ten Artikeln, es sind kalte Schläge, und es sollen kalte Schläge sein. Die italienische Bewegung. Mit einer unerbittlichen Logik und mit einer Schnelligkeit, die selbst eine an Wunder gewöhnte Zeit in Erstaunen setzen kann, gehn die Ereignisse in Italien ihren Gang: zu welchem lAusgang sie führen, steht in einer höheren Hand, deren Rathschlüsse zu erforschen uns versagt ist. Eben so wenig kön¬ nen wir ihnen zu Hilfe kommen; uns bleibt nichts übrig als über das Ge¬ schehene unser Urtheil, über das zu Erwartende unsere Wünsche ins Klare zu setzen. König Victor Emanuel hat in seiner Proclamation vom 9. October sein Ziel, seine Lage, die Geschichte seines Unternehmens mit einer antiken Klar¬ heit auseinander gesetzt, die nichts zu wünschen übrig läßt, wenn wir von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/166>, abgerufen am 15.01.2025.