Aufschluß gaben. Wir schließen mit einem Rückblick auf die Geschichte des Papstthums und einer Frage.
Eines Tages verließen zwölf Wanderer, den Stab in der Hand ein ge¬ ring geachtetes Land. Es fehlte ihnen am täglichen Brod, dennoch zogen sie aus, die Welt zu erobern, und siehe da, die Welt ward ihnen Unterthan durch den Geist, der aus ihnen redete. Er zerbrach die Altäre der Götter, stürzte die Tempel um, erschütterte den Koloß Roms und begründete auf dessen Trümmern ein Reich, welches die Zwölf das Himmelreich nannten. Da kam dem einen der Zwölf, der schon früher kein ganz reiner Charakter gewesen, der Gedanke, an der Stelle, wo er sich niedergelassen, mit der Welt einen Pact zu schließen, den Einwohnern des Reichs, das die Zwölf gegründet, ein¬ zureden, daß ihm zu himmlischen Zwecken ein irdisches Rittergut gebühre. Eine Zeit, die zwischen weltlich und geistlich nicht recht zu unterscheiden wußte, fand das billig und gab es ihm. Er wußte zu wirthschaften und sein Gut wuchs durch weltlich Recht und noch mehr Unrecht immer mehr. In dem¬ selben Maße aber, in welchem das Gut gedieh, nahm das Himmelreich auf Erden ab, bis endlich Einer kam, der es wiederherstellte, und von dem Geist der Zwölfe, der in ihm war, auch dem Besitzer des Gutes einen Hauch mittheilte. Von diesem Hauch lebte er eine Zeit lang und auch dann noch fort, als ein andres Geschlecht aufgekommen, welches besser zwischen Himmel und Erde unterschied und nicht mehr glauben mochte, daß jener diese bedürfe, um stehn zu bleiben. Endlich aber erstarkte diese Erkenntniß der Welt zum Wol¬ len, und wie einst das Himmelreich so fordert jetzt die Welt von dem Manne das Ihrige zurück, und als er ihr (er redet immer lateinisch) mit dem Finger gen Himmel zeigend antwortet: non xos8unus! nimmt sie sichs.
Was werden wir dazu sagen? Wir werden sagen: Wenn der Himmel -- u -- das Rittergut braucht, wird er's dem Manne wieder geben.
Von der preußischen Grenze.
Die grenzenlose Verwirrung der italienischen Angelegenheit wird durch einen neuen ganz unerwarteten Zwischenfall gesteigert. Ein französisches Blatt, welches den regierenden Kreisen sehr nahe steht, spricht von einer schändlichen Partei, welche damit umgehe, den Papst zur Abreise aus Rom zu bestimmen. Es fleht ihn an,
Aufschluß gaben. Wir schließen mit einem Rückblick auf die Geschichte des Papstthums und einer Frage.
Eines Tages verließen zwölf Wanderer, den Stab in der Hand ein ge¬ ring geachtetes Land. Es fehlte ihnen am täglichen Brod, dennoch zogen sie aus, die Welt zu erobern, und siehe da, die Welt ward ihnen Unterthan durch den Geist, der aus ihnen redete. Er zerbrach die Altäre der Götter, stürzte die Tempel um, erschütterte den Koloß Roms und begründete auf dessen Trümmern ein Reich, welches die Zwölf das Himmelreich nannten. Da kam dem einen der Zwölf, der schon früher kein ganz reiner Charakter gewesen, der Gedanke, an der Stelle, wo er sich niedergelassen, mit der Welt einen Pact zu schließen, den Einwohnern des Reichs, das die Zwölf gegründet, ein¬ zureden, daß ihm zu himmlischen Zwecken ein irdisches Rittergut gebühre. Eine Zeit, die zwischen weltlich und geistlich nicht recht zu unterscheiden wußte, fand das billig und gab es ihm. Er wußte zu wirthschaften und sein Gut wuchs durch weltlich Recht und noch mehr Unrecht immer mehr. In dem¬ selben Maße aber, in welchem das Gut gedieh, nahm das Himmelreich auf Erden ab, bis endlich Einer kam, der es wiederherstellte, und von dem Geist der Zwölfe, der in ihm war, auch dem Besitzer des Gutes einen Hauch mittheilte. Von diesem Hauch lebte er eine Zeit lang und auch dann noch fort, als ein andres Geschlecht aufgekommen, welches besser zwischen Himmel und Erde unterschied und nicht mehr glauben mochte, daß jener diese bedürfe, um stehn zu bleiben. Endlich aber erstarkte diese Erkenntniß der Welt zum Wol¬ len, und wie einst das Himmelreich so fordert jetzt die Welt von dem Manne das Ihrige zurück, und als er ihr (er redet immer lateinisch) mit dem Finger gen Himmel zeigend antwortet: non xos8unus! nimmt sie sichs.
Was werden wir dazu sagen? Wir werden sagen: Wenn der Himmel — u — das Rittergut braucht, wird er's dem Manne wieder geben.
Von der preußischen Grenze.
Die grenzenlose Verwirrung der italienischen Angelegenheit wird durch einen neuen ganz unerwarteten Zwischenfall gesteigert. Ein französisches Blatt, welches den regierenden Kreisen sehr nahe steht, spricht von einer schändlichen Partei, welche damit umgehe, den Papst zur Abreise aus Rom zu bestimmen. Es fleht ihn an,
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Aufschluß gaben. Wir schließen mit einem Rückblick auf die Geschichte des
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Eines Tages verließen zwölf Wanderer, den Stab in der Hand ein ge¬
ring geachtetes Land. Es fehlte ihnen am täglichen Brod, dennoch zogen sie
aus, die Welt zu erobern, und siehe da, die Welt ward ihnen Unterthan durch
den Geist, der aus ihnen redete. Er zerbrach die Altäre der Götter, stürzte
die Tempel um, erschütterte den Koloß Roms und begründete auf dessen
Trümmern ein Reich, welches die Zwölf das Himmelreich nannten. Da kam
dem einen der Zwölf, der schon früher kein ganz reiner Charakter gewesen,
der Gedanke, an der Stelle, wo er sich niedergelassen, mit der Welt einen
Pact zu schließen, den Einwohnern des Reichs, das die Zwölf gegründet, ein¬
zureden, daß ihm zu himmlischen Zwecken ein irdisches Rittergut gebühre.
Eine Zeit, die zwischen weltlich und geistlich nicht recht zu unterscheiden wußte,
fand das billig und gab es ihm. Er wußte zu wirthschaften und sein Gut
wuchs durch weltlich Recht und noch mehr Unrecht immer mehr. In dem¬
selben Maße aber, in welchem das Gut gedieh, nahm das Himmelreich
auf Erden ab, bis endlich Einer kam, der es wiederherstellte, und von dem
Geist der Zwölfe, der in ihm war, auch dem Besitzer des Gutes einen Hauch
mittheilte. Von diesem Hauch lebte er eine Zeit lang und auch dann noch fort,
als ein andres Geschlecht aufgekommen, welches besser zwischen Himmel und
Erde unterschied und nicht mehr glauben mochte, daß jener diese bedürfe, um
stehn zu bleiben. Endlich aber erstarkte diese Erkenntniß der Welt zum Wol¬
len, und wie einst das Himmelreich so fordert jetzt die Welt von dem Manne
das Ihrige zurück, und als er ihr (er redet immer lateinisch) mit dem Finger
gen Himmel zeigend antwortet: non xos8unus! nimmt sie sichs.
Was werden wir dazu sagen? Wir werden sagen: Wenn der Himmel
— u — das Rittergut braucht, wird er's dem Manne wieder geben.
Von der preußischen Grenze.
Die grenzenlose Verwirrung der italienischen Angelegenheit wird durch einen
neuen ganz unerwarteten Zwischenfall gesteigert. Ein französisches Blatt, welches
den regierenden Kreisen sehr nahe steht, spricht von einer schändlichen Partei, welche
damit umgehe, den Papst zur Abreise aus Rom zu bestimmen. Es fleht ihn an,
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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/528>, abgerufen am 22.01.2025.
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