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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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treiben ohne sie zu ermüden. Noch ein paar Stunden, und der kegelförmige
Berg trat stolz und kühn aus der Ebne hervor. Indem die Kirgisen auf
gewisse dunkle Linien zeigten, die in der Ferne sich über die Steppe hinzogen,
sagten sie. das seien Wcidegründe, die wir vor Sonnenuntergang erreichen
würden, und um ihre Verheißung wahr zu machen, setzten sie ihre Pferde in
raschen Trab. Sie hatten Recht gehabt. Eine Stunde vor Sonnenuntergang
sahen wir nicht blos Weideplätze, sondern auch weidende Kameele und Pferde.
Dies war ein freudenvoller Anblick für Mensch und Thier, und bald daraus
erreichten wir auch die Herden."

Die Reisenden hatten das Ende ihrer Mühen und Gefahren erreicht.
Sie waren gerettet. Die Leute im Ani nahmen sie freundlich auf und führ¬
ten sie am nächsten Morgen zu ihrem Sultan, der acht Stunden weiter
lagerte und den Fremden ebenfalls wohlwollend begegnete. Sabeck war einer
der reichsten Herdenbesitzer dieser Gegend, er war reicher wie der wieder zu
Gnaden gekommene Hiob, denn er besaß nicht weniger als achttausend Pferde,
sechshundert Kameele und so viele Kühe, Ochsen, Schaft und Ziegen, daß er
sie nicht zählen konnte.

Aehnliche Abenteuer erlebte Atkinson noch eine gute Anzahl. Bald
drohten Räuber, bald Abgründe, bald Tiger. Einmal wäre bei einem Haar
die ganze Karavane in einen Morast versunken, den eine trügerische Decke von
Nasen verhüllte. Ein andermal retteten sie sich mit genauer Noth vor einem
Wirbelsturm. Keinen Abend waren sie sicher, ob sie den Morgen erleben
würden. Aber der gute Stern des Europäers führte sie glücklich aus allen
Gefahren, und nachdem Atkinson seine Mappe mit zahlreichen Skizzen gefüllt,
noch die Gebirge und Seen Ostsibiriens besucht und auch dort fleißig gezeich¬
net, kehrte er wohlbehalten in die Heimath zurück.




Die Militärmacht Oestreichs in Italien.

Der feindlichen, mindestens zweideutigen Haltung Frankreichs, so wie dem
entschieden feindseligen Benehmen Piemonts gegenüber hat Oestreich, um sei¬
nen Besitz und das Recht der Verträge in Italien für alle Eventualitäten
zu sichern, in seinen italienischen Provinzen militärische Maßregeln getroffen,
die wir in ih'rem Zusammenhang überblicken wollen. Seine Rüstungen und
Vorbereitungen Mit Oestreich nicht wie Frankreich in geheimnißvolles Dunkel,


treiben ohne sie zu ermüden. Noch ein paar Stunden, und der kegelförmige
Berg trat stolz und kühn aus der Ebne hervor. Indem die Kirgisen auf
gewisse dunkle Linien zeigten, die in der Ferne sich über die Steppe hinzogen,
sagten sie. das seien Wcidegründe, die wir vor Sonnenuntergang erreichen
würden, und um ihre Verheißung wahr zu machen, setzten sie ihre Pferde in
raschen Trab. Sie hatten Recht gehabt. Eine Stunde vor Sonnenuntergang
sahen wir nicht blos Weideplätze, sondern auch weidende Kameele und Pferde.
Dies war ein freudenvoller Anblick für Mensch und Thier, und bald daraus
erreichten wir auch die Herden."

Die Reisenden hatten das Ende ihrer Mühen und Gefahren erreicht.
Sie waren gerettet. Die Leute im Ani nahmen sie freundlich auf und führ¬
ten sie am nächsten Morgen zu ihrem Sultan, der acht Stunden weiter
lagerte und den Fremden ebenfalls wohlwollend begegnete. Sabeck war einer
der reichsten Herdenbesitzer dieser Gegend, er war reicher wie der wieder zu
Gnaden gekommene Hiob, denn er besaß nicht weniger als achttausend Pferde,
sechshundert Kameele und so viele Kühe, Ochsen, Schaft und Ziegen, daß er
sie nicht zählen konnte.

Aehnliche Abenteuer erlebte Atkinson noch eine gute Anzahl. Bald
drohten Räuber, bald Abgründe, bald Tiger. Einmal wäre bei einem Haar
die ganze Karavane in einen Morast versunken, den eine trügerische Decke von
Nasen verhüllte. Ein andermal retteten sie sich mit genauer Noth vor einem
Wirbelsturm. Keinen Abend waren sie sicher, ob sie den Morgen erleben
würden. Aber der gute Stern des Europäers führte sie glücklich aus allen
Gefahren, und nachdem Atkinson seine Mappe mit zahlreichen Skizzen gefüllt,
noch die Gebirge und Seen Ostsibiriens besucht und auch dort fleißig gezeich¬
net, kehrte er wohlbehalten in die Heimath zurück.




Die Militärmacht Oestreichs in Italien.

Der feindlichen, mindestens zweideutigen Haltung Frankreichs, so wie dem
entschieden feindseligen Benehmen Piemonts gegenüber hat Oestreich, um sei¬
nen Besitz und das Recht der Verträge in Italien für alle Eventualitäten
zu sichern, in seinen italienischen Provinzen militärische Maßregeln getroffen,
die wir in ih'rem Zusammenhang überblicken wollen. Seine Rüstungen und
Vorbereitungen Mit Oestreich nicht wie Frankreich in geheimnißvolles Dunkel,


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[0520] treiben ohne sie zu ermüden. Noch ein paar Stunden, und der kegelförmige Berg trat stolz und kühn aus der Ebne hervor. Indem die Kirgisen auf gewisse dunkle Linien zeigten, die in der Ferne sich über die Steppe hinzogen, sagten sie. das seien Wcidegründe, die wir vor Sonnenuntergang erreichen würden, und um ihre Verheißung wahr zu machen, setzten sie ihre Pferde in raschen Trab. Sie hatten Recht gehabt. Eine Stunde vor Sonnenuntergang sahen wir nicht blos Weideplätze, sondern auch weidende Kameele und Pferde. Dies war ein freudenvoller Anblick für Mensch und Thier, und bald daraus erreichten wir auch die Herden." Die Reisenden hatten das Ende ihrer Mühen und Gefahren erreicht. Sie waren gerettet. Die Leute im Ani nahmen sie freundlich auf und führ¬ ten sie am nächsten Morgen zu ihrem Sultan, der acht Stunden weiter lagerte und den Fremden ebenfalls wohlwollend begegnete. Sabeck war einer der reichsten Herdenbesitzer dieser Gegend, er war reicher wie der wieder zu Gnaden gekommene Hiob, denn er besaß nicht weniger als achttausend Pferde, sechshundert Kameele und so viele Kühe, Ochsen, Schaft und Ziegen, daß er sie nicht zählen konnte. Aehnliche Abenteuer erlebte Atkinson noch eine gute Anzahl. Bald drohten Räuber, bald Abgründe, bald Tiger. Einmal wäre bei einem Haar die ganze Karavane in einen Morast versunken, den eine trügerische Decke von Nasen verhüllte. Ein andermal retteten sie sich mit genauer Noth vor einem Wirbelsturm. Keinen Abend waren sie sicher, ob sie den Morgen erleben würden. Aber der gute Stern des Europäers führte sie glücklich aus allen Gefahren, und nachdem Atkinson seine Mappe mit zahlreichen Skizzen gefüllt, noch die Gebirge und Seen Ostsibiriens besucht und auch dort fleißig gezeich¬ net, kehrte er wohlbehalten in die Heimath zurück. Die Militärmacht Oestreichs in Italien. Der feindlichen, mindestens zweideutigen Haltung Frankreichs, so wie dem entschieden feindseligen Benehmen Piemonts gegenüber hat Oestreich, um sei¬ nen Besitz und das Recht der Verträge in Italien für alle Eventualitäten zu sichern, in seinen italienischen Provinzen militärische Maßregeln getroffen, die wir in ih'rem Zusammenhang überblicken wollen. Seine Rüstungen und Vorbereitungen Mit Oestreich nicht wie Frankreich in geheimnißvolles Dunkel,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/520>, abgerufen am 24.07.2024.