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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Flotte übertragen. Nicht blos im Amur, sondern gleichermaßen im ligurischen
Meer überwacht sie ihre "Kohlendepots" mit bleibenden "Flottenstationen".
Großfürst Konstantin ist Großadmiral und Vertreter der Mannepolitik.




Die Revolution in Haiti.

Wenn es noch des Beweises bedürfte, daß der Neger unfähig ist, Staa¬
ten im europäischen Sinne zu gründen, so würde er in den Schicksalen des
Negerreiches Haiti zu finden sein, welches soeben wieder einmal seine Regierungs-
form gewechselt hat, ohne daß darauf hin zu hoffen wäre, es werde sich
dieselbe mit dem sittlichen Inhalt füllen, der das Lebensprincip der Staaten
bildet. Haiti hat von der Natur alles erhalten, was zum Gedeihen eines Lan¬
des nöthig ist, nur eines nicht, Bewohner, die arbeiten wollen und sich selbst
regieren können. Es hat ein Klima, welches gesünder ist als das der meisten
übrigen Inseln Westindiens. Die Vegetation ist die üppigste, in seinen Wäl¬
dern hat es einen Reichthum an edlen Hölzern, in seinen Thälern finden sich
weite Strecken des ergiebigsten Bodens, seine Savannen nähren zahllose Rinder
und Pferde, seine Berge enthalten edle Stcinnrten. Salz und Metalle aller Art.
Es besitzt endlich eine Lage, die für den Handel überaus günstig ist, und ans
allen Seiten gute Häfen für Ein- und Ausfuhr. Es hieß einst die Königin
der Antillen, und es wurde als die köstlichste der amerikanischen Perlen in
der Krone Frankreichs bezeichnet. Die Ausfuhr betrug damals mehr als 135,
die Einfuhr gegen 70 Millionen Franken. Die Insel versandte alljährlich im
Durchschnitt 140 Millionen Pfd. Zucker, 75 Millionen Pfd. Kaffee ' und
7 Millionen Pfd. Baumwolle nach Europa. Jetzt wird von Baumwolle nur
noch der vierte Theil von damals, von Kaffee kaum die Hälfte, von Zucker gar
nichts mehr erzeugt. Die Mehrzahl der von den Weißen angelegten Pflanzun¬
gen sind eingegangen, die Villen, mit denen das Land besäet war, zusammen¬
gestürzt, die Zucker- und Jndigofclder wieder zu Sümpfen und Wäldern ge¬
worden. Ein Amerikaner, der sich auf dem Markt von Jacmel, einer der
Haupthandelsstädte Hallis, ein Erzeugnis; baltischer Industrie als Andenken
mitnehmen wollte, aber nichts als importirte Artikel fand, fragte eine der Ver¬
käuferinnen in den Läden verdrießlich: "Aber was in aller Welt macht man
denn nur in diesen, Lande?" -- "lion quo äos erunt"" antwortete die
schwarze Dame, "ein vvulW-onus, Nonsivur?"


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Flotte übertragen. Nicht blos im Amur, sondern gleichermaßen im ligurischen
Meer überwacht sie ihre „Kohlendepots" mit bleibenden „Flottenstationen".
Großfürst Konstantin ist Großadmiral und Vertreter der Mannepolitik.




Die Revolution in Haiti.

Wenn es noch des Beweises bedürfte, daß der Neger unfähig ist, Staa¬
ten im europäischen Sinne zu gründen, so würde er in den Schicksalen des
Negerreiches Haiti zu finden sein, welches soeben wieder einmal seine Regierungs-
form gewechselt hat, ohne daß darauf hin zu hoffen wäre, es werde sich
dieselbe mit dem sittlichen Inhalt füllen, der das Lebensprincip der Staaten
bildet. Haiti hat von der Natur alles erhalten, was zum Gedeihen eines Lan¬
des nöthig ist, nur eines nicht, Bewohner, die arbeiten wollen und sich selbst
regieren können. Es hat ein Klima, welches gesünder ist als das der meisten
übrigen Inseln Westindiens. Die Vegetation ist die üppigste, in seinen Wäl¬
dern hat es einen Reichthum an edlen Hölzern, in seinen Thälern finden sich
weite Strecken des ergiebigsten Bodens, seine Savannen nähren zahllose Rinder
und Pferde, seine Berge enthalten edle Stcinnrten. Salz und Metalle aller Art.
Es besitzt endlich eine Lage, die für den Handel überaus günstig ist, und ans
allen Seiten gute Häfen für Ein- und Ausfuhr. Es hieß einst die Königin
der Antillen, und es wurde als die köstlichste der amerikanischen Perlen in
der Krone Frankreichs bezeichnet. Die Ausfuhr betrug damals mehr als 135,
die Einfuhr gegen 70 Millionen Franken. Die Insel versandte alljährlich im
Durchschnitt 140 Millionen Pfd. Zucker, 75 Millionen Pfd. Kaffee ' und
7 Millionen Pfd. Baumwolle nach Europa. Jetzt wird von Baumwolle nur
noch der vierte Theil von damals, von Kaffee kaum die Hälfte, von Zucker gar
nichts mehr erzeugt. Die Mehrzahl der von den Weißen angelegten Pflanzun¬
gen sind eingegangen, die Villen, mit denen das Land besäet war, zusammen¬
gestürzt, die Zucker- und Jndigofclder wieder zu Sümpfen und Wäldern ge¬
worden. Ein Amerikaner, der sich auf dem Markt von Jacmel, einer der
Haupthandelsstädte Hallis, ein Erzeugnis; baltischer Industrie als Andenken
mitnehmen wollte, aber nichts als importirte Artikel fand, fragte eine der Ver¬
käuferinnen in den Läden verdrießlich: „Aber was in aller Welt macht man
denn nur in diesen, Lande?" — „lion quo äos erunt»" antwortete die
schwarze Dame, „ein vvulW-onus, Nonsivur?"


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[0429] Flotte übertragen. Nicht blos im Amur, sondern gleichermaßen im ligurischen Meer überwacht sie ihre „Kohlendepots" mit bleibenden „Flottenstationen". Großfürst Konstantin ist Großadmiral und Vertreter der Mannepolitik. Die Revolution in Haiti. Wenn es noch des Beweises bedürfte, daß der Neger unfähig ist, Staa¬ ten im europäischen Sinne zu gründen, so würde er in den Schicksalen des Negerreiches Haiti zu finden sein, welches soeben wieder einmal seine Regierungs- form gewechselt hat, ohne daß darauf hin zu hoffen wäre, es werde sich dieselbe mit dem sittlichen Inhalt füllen, der das Lebensprincip der Staaten bildet. Haiti hat von der Natur alles erhalten, was zum Gedeihen eines Lan¬ des nöthig ist, nur eines nicht, Bewohner, die arbeiten wollen und sich selbst regieren können. Es hat ein Klima, welches gesünder ist als das der meisten übrigen Inseln Westindiens. Die Vegetation ist die üppigste, in seinen Wäl¬ dern hat es einen Reichthum an edlen Hölzern, in seinen Thälern finden sich weite Strecken des ergiebigsten Bodens, seine Savannen nähren zahllose Rinder und Pferde, seine Berge enthalten edle Stcinnrten. Salz und Metalle aller Art. Es besitzt endlich eine Lage, die für den Handel überaus günstig ist, und ans allen Seiten gute Häfen für Ein- und Ausfuhr. Es hieß einst die Königin der Antillen, und es wurde als die köstlichste der amerikanischen Perlen in der Krone Frankreichs bezeichnet. Die Ausfuhr betrug damals mehr als 135, die Einfuhr gegen 70 Millionen Franken. Die Insel versandte alljährlich im Durchschnitt 140 Millionen Pfd. Zucker, 75 Millionen Pfd. Kaffee ' und 7 Millionen Pfd. Baumwolle nach Europa. Jetzt wird von Baumwolle nur noch der vierte Theil von damals, von Kaffee kaum die Hälfte, von Zucker gar nichts mehr erzeugt. Die Mehrzahl der von den Weißen angelegten Pflanzun¬ gen sind eingegangen, die Villen, mit denen das Land besäet war, zusammen¬ gestürzt, die Zucker- und Jndigofclder wieder zu Sümpfen und Wäldern ge¬ worden. Ein Amerikaner, der sich auf dem Markt von Jacmel, einer der Haupthandelsstädte Hallis, ein Erzeugnis; baltischer Industrie als Andenken mitnehmen wollte, aber nichts als importirte Artikel fand, fragte eine der Ver¬ käuferinnen in den Läden verdrießlich: „Aber was in aller Welt macht man denn nur in diesen, Lande?" — „lion quo äos erunt»" antwortete die schwarze Dame, „ein vvulW-onus, Nonsivur?" 53*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/429>, abgerufen am 24.07.2024.