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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Das östreichische Colonisntionsgesetz lion confessionellen
Stnndpnnkt.

Das mit großer Spannung erwartete Colonisationsgesetz ist nunmehr
eure vollendete Thatsache. Durch die kaiserliche Verordnung vom 23. Decbr.
1858, wirksam für die Königreiche Ungarn, Kroatien und Slawonien, die
serbische Wojwodschast mit dem temeschcr Banat und das Großfürstenthuw
Siebenbürgen, sind die neu entstehenden landwirthschaftlichen Ansiedlungen
zu gewährenden Begünstigungen und die Bedingungen zu deren Erlangung
festgestellt worden. . Wir halten es nicht für unsere Aufgabe, uus in eine
nähere Ergründung der Tragweite einzulassen, welche diese Verordnung i"
nationalökonomischer Beziehung für die Cultur der östlichen Kronländer der öst¬
reichischen Monarchie haben wird. Dagegen wollen wir diejenigen Bestimmungen
derselben, die sich auf die confessionellen Verhältnisse der Ansiedler beziehn, kurz
ins Auge fassen. Hierbei bleibe ganz unerörtert, ob die in K. 2 Ut. a ent¬
haltene Imperative, daß die Ansiedler jeder neuen Gemeinde nicht nur de>"'
selben Volksstamm, sondern auch demselben Religionsbekenntniß c""
gehören müssen, dem Colonisationswerk grade förderlich sein wird oder nicht'
so daß wir uns lediglich darauf beschränken, den §. 13. in den Kreis unsers
Betrachtung zu ziehn. Dieser lautet wörtlich: "Alle einwandernden Ansiedler,
welche einer in Oestreich anerkannten christlichen Confession angehören, werde"
der diesen Confessionen gewährleisteten freien Religionsübung edel^
haftig." Diese Bestimmung enthält vor allem die praktische Lösung der s^'
der Neugestaltung der politischen Verhältnisse in Oestreich, also seit dem J"l)>'^
1848 sehr controverser Frage: ob den Evangelischen rechtlich gestattet sei,
den früher zur Krone Ungarn gehörigen Königreichen Kroatien und Siao"'
rien (auch Dalmatien) Güter zu erwerben und Aemter zu bekleiden?
nämlich der §. 14 des das Grundgesetz der Evangelischen in Ungarn dit'
deuten 26. Artikels des ungarischen Reichstages vom Jahre 1790.
"jenen etlichen Gemeinden in Unterslawvnien, die theils der angsburgcr, the'^
der helvetischen Confession zugethan sind." die "freie Religionsübung, wie ^
dieselbe jetzt genießen", auch für die Zukunft beläßt, sonst aber den Evang^'
dischen das Recht zum Gütererwerb und zur Bekleidung von Aemtern in d?"
genannten Königreichen (natürlich mit Ausnahme jener "etlichen Gemein^"
in Untcrslawonien") gradezu abspricht; die kaiserliche Verordnung "0"'
23. Dec. 1853 aber ausdrücklich auch für Kroatien und Slawonien wirkst"
ist, so folgt selbstverständlich, daß evangelische Kolonisten sich in den genan^


Das östreichische Colonisntionsgesetz lion confessionellen
Stnndpnnkt.

Das mit großer Spannung erwartete Colonisationsgesetz ist nunmehr
eure vollendete Thatsache. Durch die kaiserliche Verordnung vom 23. Decbr.
1858, wirksam für die Königreiche Ungarn, Kroatien und Slawonien, die
serbische Wojwodschast mit dem temeschcr Banat und das Großfürstenthuw
Siebenbürgen, sind die neu entstehenden landwirthschaftlichen Ansiedlungen
zu gewährenden Begünstigungen und die Bedingungen zu deren Erlangung
festgestellt worden. . Wir halten es nicht für unsere Aufgabe, uus in eine
nähere Ergründung der Tragweite einzulassen, welche diese Verordnung i»
nationalökonomischer Beziehung für die Cultur der östlichen Kronländer der öst¬
reichischen Monarchie haben wird. Dagegen wollen wir diejenigen Bestimmungen
derselben, die sich auf die confessionellen Verhältnisse der Ansiedler beziehn, kurz
ins Auge fassen. Hierbei bleibe ganz unerörtert, ob die in K. 2 Ut. a ent¬
haltene Imperative, daß die Ansiedler jeder neuen Gemeinde nicht nur de>»'
selben Volksstamm, sondern auch demselben Religionsbekenntniß c»"
gehören müssen, dem Colonisationswerk grade förderlich sein wird oder nicht'
so daß wir uns lediglich darauf beschränken, den §. 13. in den Kreis unsers
Betrachtung zu ziehn. Dieser lautet wörtlich: „Alle einwandernden Ansiedler,
welche einer in Oestreich anerkannten christlichen Confession angehören, werde»
der diesen Confessionen gewährleisteten freien Religionsübung edel^
haftig." Diese Bestimmung enthält vor allem die praktische Lösung der s^'
der Neugestaltung der politischen Verhältnisse in Oestreich, also seit dem J"l)>'^
1848 sehr controverser Frage: ob den Evangelischen rechtlich gestattet sei,
den früher zur Krone Ungarn gehörigen Königreichen Kroatien und Siao"'
rien (auch Dalmatien) Güter zu erwerben und Aemter zu bekleiden?
nämlich der §. 14 des das Grundgesetz der Evangelischen in Ungarn dit'
deuten 26. Artikels des ungarischen Reichstages vom Jahre 1790.
„jenen etlichen Gemeinden in Unterslawvnien, die theils der angsburgcr, the'^
der helvetischen Confession zugethan sind." die „freie Religionsübung, wie ^
dieselbe jetzt genießen", auch für die Zukunft beläßt, sonst aber den Evang^'
dischen das Recht zum Gütererwerb und zur Bekleidung von Aemtern in d?"
genannten Königreichen (natürlich mit Ausnahme jener „etlichen Gemein^"
in Untcrslawonien") gradezu abspricht; die kaiserliche Verordnung "0"'
23. Dec. 1853 aber ausdrücklich auch für Kroatien und Slawonien wirkst"
ist, so folgt selbstverständlich, daß evangelische Kolonisten sich in den genan^


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[0274] Das östreichische Colonisntionsgesetz lion confessionellen Stnndpnnkt. Das mit großer Spannung erwartete Colonisationsgesetz ist nunmehr eure vollendete Thatsache. Durch die kaiserliche Verordnung vom 23. Decbr. 1858, wirksam für die Königreiche Ungarn, Kroatien und Slawonien, die serbische Wojwodschast mit dem temeschcr Banat und das Großfürstenthuw Siebenbürgen, sind die neu entstehenden landwirthschaftlichen Ansiedlungen zu gewährenden Begünstigungen und die Bedingungen zu deren Erlangung festgestellt worden. . Wir halten es nicht für unsere Aufgabe, uus in eine nähere Ergründung der Tragweite einzulassen, welche diese Verordnung i» nationalökonomischer Beziehung für die Cultur der östlichen Kronländer der öst¬ reichischen Monarchie haben wird. Dagegen wollen wir diejenigen Bestimmungen derselben, die sich auf die confessionellen Verhältnisse der Ansiedler beziehn, kurz ins Auge fassen. Hierbei bleibe ganz unerörtert, ob die in K. 2 Ut. a ent¬ haltene Imperative, daß die Ansiedler jeder neuen Gemeinde nicht nur de>»' selben Volksstamm, sondern auch demselben Religionsbekenntniß c»" gehören müssen, dem Colonisationswerk grade förderlich sein wird oder nicht' so daß wir uns lediglich darauf beschränken, den §. 13. in den Kreis unsers Betrachtung zu ziehn. Dieser lautet wörtlich: „Alle einwandernden Ansiedler, welche einer in Oestreich anerkannten christlichen Confession angehören, werde» der diesen Confessionen gewährleisteten freien Religionsübung edel^ haftig." Diese Bestimmung enthält vor allem die praktische Lösung der s^' der Neugestaltung der politischen Verhältnisse in Oestreich, also seit dem J"l)>'^ 1848 sehr controverser Frage: ob den Evangelischen rechtlich gestattet sei, den früher zur Krone Ungarn gehörigen Königreichen Kroatien und Siao"' rien (auch Dalmatien) Güter zu erwerben und Aemter zu bekleiden? nämlich der §. 14 des das Grundgesetz der Evangelischen in Ungarn dit' deuten 26. Artikels des ungarischen Reichstages vom Jahre 1790. „jenen etlichen Gemeinden in Unterslawvnien, die theils der angsburgcr, the'^ der helvetischen Confession zugethan sind." die „freie Religionsübung, wie ^ dieselbe jetzt genießen", auch für die Zukunft beläßt, sonst aber den Evang^' dischen das Recht zum Gütererwerb und zur Bekleidung von Aemtern in d?" genannten Königreichen (natürlich mit Ausnahme jener „etlichen Gemein^" in Untcrslawonien") gradezu abspricht; die kaiserliche Verordnung "0"' 23. Dec. 1853 aber ausdrücklich auch für Kroatien und Slawonien wirkst" ist, so folgt selbstverständlich, daß evangelische Kolonisten sich in den genan^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/274>, abgerufen am 24.07.2024.